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WMO-Klimareport 2018
Wetterextreme als Migrations-Auslöser

Die wärmsten Jahre seit Beginn der Klima-Aufzeichnungen, der Meeresspiegel mit neuem Rekordstand und immense Schäden aufgrund von wetterbedingten Extremereignissen: Der Bericht der Weltwetterorganisation WMO für das Jahr 2018 gibt Anlass zu großer Sorge, warnt UN-Generalsekretär António Guterres.

Von Volker Mrasek | 29.03.2019
Eine überschwemmte Landschaft mit zerstörten Häusern in Mosambik.
Extreme Wetterereignisse wie der Zyklon "Idai" in Südostafrika werden immer häufiger und zerstörerischer, warnt der WMO-Bericht (imago/ZUMA Press)
Die Erde hat weiterhin hohes Fieber. 2018 hielt es unverändert an. Laut der Welt-Meteorologie-Organisation waren die letzten vier Jahre die wärmsten der bisherigen Messreihen.
Extremwetter-Ereignisse kamen vor allem die USA im vergangenen Jahr teuer zu stehen. Im Land von Donald Trump habe es insgesamt 14 "Milliarden-Dollar-Desaster" gegeben, heißt es im neuen Klima-Statusreport der WMO - darunter die beiden Hurrikane Michael und Florence, aber auch die verheerenden Waldbrände in Kalifornien. Ohne den Klimawandel wäre das Ausmaß dieser Katastrophen nicht so groß gewesen, so der Meteorologe Omar Baddour, einer der Hauptautoren des Berichtes:
"Durch den Anstieg des Meeresspiegels dringen Sturmfluten bei Hurrikanen, aber auch bei Taifunen im Pazifik tiefer ins Land vor. Michael und Florence haben zudem enorme Niederschläge produziert, und das über sehr großen Küstenabschnitten. Hier besteht ein Zusammenhang mit der Erwärmung des Ozeans und erhöhter Luftfeuchtigkeit. Das ist wie zusätzlicher Treibstoff für Wirbelstürme. Im Detail muss das aber noch weiter untersucht werden."
Dürren lassen die Menschen hungern
Durch die globale Erwärmung nehmen auch Hitzewellen und Trockenperioden zu. Sie machen vor allem armen Ländern zu schaffen, wo Dürren immer öfter für Missernten sorgen. Inzwischen geht das offenbar so weit, dass die Zahl hungernder Menschen wieder wächst. Der indische Agrarmeteorologe Selveraju Ramasamy von der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen - auch er Ko-Autor des WMO-Reports:
"Nach unseren Daten hat die Zahl der Hungernden in den letzten Jahren nicht mehr ab-, sondern zugenommen und liegt jetzt wieder auf demselben Niveau wie vor einem Jahrzehnt. 2016 litten rund 800 Millionen Menschen weltweit an Unterernährung, ein Jahr später waren es dann 820 Millionen."
Die Daten für 2018 seien im Moment noch nicht vollständig ausgewertet, so der FAO-Experte. Die Lage dürfte sich aber keineswegs entspannt haben, da 2018 ein ausgesprochenes Dürre-Jahr war - nicht nur in Europa, sondern auch in großen Teilen Afrikas, wo lange Trockenphasen Kleinbauern und Viehhaltern besonders stark zusetzen.
Landwirtschaft leidet unter Wetterextremen
"Unsere Untersuchungen zeigen: 83 Prozent aller Schäden und Verluste durch Dürren betreffen die Landwirtschaft. Sie leidet eindeutig am stärksten unter solchen Wetterextremen", erläutert Selveraju Ramasamy.
Auch eine andere Zahl im neuen Klimabericht der WMO lässt aufhorchen. Die Internationale Organisation für Migration steuerte sie bei. Demnach veranlassten Wetter- und Klimaereignisse im vergangenen Jahr Millionen Menschen zur Flucht aus ihrem Land, wie Omar Baddour näher erläutert:
"Aus diesen Daten ergibt sich, dass 2018 schätzungsweise 17 Millionen Menschen weltweit aus ihrer Heimat vertrieben worden sind. Darunter waren 2,2 Millionen Flüchtlinge aufgrund von Dürren, Überschwemmungen oder Stürmen."
Klimaflüchtlinge im eigenen Land
Noch größer scheint der Einfluss von Wetterextremen und Klimawandel auf Fluchtbewegungen innerhalb von Ländern zu sein. Als ein Beispiel nennt der WMO-Bericht Somalia am Horn von Afrika - ein Land, in dem Terrorgruppen immer wieder Anschläge verüben. Dennoch geben fast zwei Drittel der Flüchtlinge in Somalia Überschwemmungen und Dürren als Auslöser an und nur 36 Prozent den Bürgerkrieg.
Viele scheuen sich nach wie vor, von "Klimaflüchtlingen" zu sprechen. Doch die neuesten Zahlen wie jetzt im WMO-Report zeigen: In Zeiten des Klimawandels treiben Wetterextreme immer mehr Menschen in ärmeren Ländern in die Migration.