Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Wo ist Behle?

An diesem Sonntag feiert ein Großer des deutschen Sportjournalismus seinen 90. Geburtstag: Bruno Moravetz, Reporterlegende vom ZDF, ist der Mann, der Behle suchte und die Zuschauer mit packenden Reportagen fesselte. Moravetz war jahrelang auch Mitarbeiter der Deutschlandfunk-Sportredaktion, wir verdanken ihm sachkundige Beiträge und engagierte Gespräche, mit denen er dem Hörer Schönheit und Faszination des nordischen Skisports nahebrachte.

Von Thomas Purschke | 10.09.2011
    Bruno Moravetz wurde in Kronstadt in Siebenbürgen geboren. Nach Ende des Krieges kam er nach Deutschland und begann, als Volontär für die "Allgäuer Zeitung" zu schreiben. Nach Stationen in Stuttgart, Kornwestheim und Heidenheim wechselte er zum neugegründeten "Zweiten Deutschen Fernsehen" und avancierte zu einem der kompetentesten und beliebtesten Sportjournalisten Deutschlands. Seine Fachgebiete waren vor allem nordischer Skisport und Alpinismus, - "Mora", wie er im Kollegenkreis genannt wird, hat als Fachautor mehrere Bücher über den Winter- und Bergsport herausgegeben. Zahlreiche Expeditionen führten ihn zu den höchsten Bergen der Welt im Himalaja und Karakorum, wo er die Gipfelerfolge von Reinhold Messner mit der Kamera dokumentierte.

    Seine ersten Olympischen Winterspiele als Reporter erlebte Moravetz 1952 in Oslo, seine letzten 1992 in Albertville, wo nach dem Fall der Mauer erstmals wieder eine gesamtdeutsche Mannschaft an den Start ging. Die Landsleute in der DDR waren ihm als kritischen Journalisten immer ein Anliegen. Bei der Flucht des DDR-Kombinierers Ralph Pöhland 1968, der sich im schweizerischen Les Brassus mit Unterstützung von Olympiasieger Georg Thoma, in den Westen absetzte, war Moravetz mit Filmteam dabei, verzichtete aber auf eine Ausstrahlung. Der ZDF-Mann war politisch engagiert und immer kommunikativ; jungen Pressekollegen aus Ostdeutschland, die erstmals bei Großereignissen im Ausland waren, half er, wie in Albertville, mit Rat und Tat.

    Moravetz konnte Geschichten erzählen. Von seinen vielen packenden Reportagen ist die Übertragung des 15-Kilometer-Langlaufs bei den Winterspielen 1980 in Lake Placid legendär, als der Finne Juha Mieto bei seiner letzten Chance, eine Einzel-Goldmedaille zu gewinnen, vom Schweden Thomas Wasberg um eine Hundertstelsekunde geschlagen wurde. "Mein Gott, wie wird das Mieto treffen", kommentierte spontan der Reporter.
    Im selben Rennen wurde der junge, damals weithin unbekannte deutsche Skilangläufer Jochen Behle trotz Zwischenbestzeit von der US-Fernsehregie nicht eingeblendet. Der Reporter ging daraufhin auf die Suche, der Spruch wurde zum geflügellten Wort:

    "Die ganze feine Gesellschaft des Langlaufens hinter Behle. Wer glaubt denn das? Da müsste man jetzt Behle sehen. Der Schimmelreiter, unsichtbar, geheimnisvoll. Ja, warum ... ? Ja, haben die was gegen Behle? Oder ist er nicht da? Oder was ist denn los? Ich weiß es nicht."

    Bruno Moravetz, der, obwohl ein bekanntes Fernsehgesicht, stets mit beiden Füßen auf dem Boden blieb, ist Mitbegründer des Forum Nordicum, einer Interessengemeinschaft nordischer Skisjournalisten in Europa.

    Seit 1972 lebt Moravetz in seinem Haus in Nesselwang im Allgäu, gemeinsam, mit der Familie einer Enkeltochter. Das Sportgeschehen verfolgt er noch immer mit großem Interesse, trotz seiner nach mehreren Herzinfarkten stark beeinträchtigten Gesundheit.