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Wo steht das "CO2-Barometer"?

Mithilfe des Emissionshandels sollen europaweit Anreize für die Unternehmen geschaffen werden, den eigenen CO2-Ausstoß zu senken. Wie kommt dieses marktwirtschaftliche Instrument zum Umweltschutz bei den Unternehmen an? Die KfW-Bankengruppe untersucht die Akzeptanz jährlich in ihrem "CO2-Barometer".

Von Michael Braun | 30.06.2010
    Seit 2005 gibt es den Emissionshandel in Deutschland. Aber viel bewirkt hat er nicht, zumindest nicht in den Köpfen der Unternehmenslenker. Der Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, Norbert Irsch:

    "Die Anreizwirkung des Emissionshandelssystems bisher ist noch schwach."

    Die Unternehmen in Deutschland haben sich auf die von 2013 an neue Lage schlichtweg noch nicht vorbereitet. Von 2013 an werden Emissionsrechte überwiegend nicht mehr kostenlos zugeteilt. Dann werden sie versteigert. Es kommen also Kosten auf die CO2-emittierenden Unternehmen zu. Mit 25 Euro statt gestern 15 Euro die Tonne in die Luft geblasenes CO2 ist zu rechnen. Dabei haben die Unternehmen durchaus in die CO2-Vermeidung investiert, wie die KfW und das Mannheimer Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung in einer Befragung ermittelt haben. Norbert Irsch:

    "Seit Beginn des Emissionshandels, also in den Jahren 2005 bis 2009, haben 63 Prozent der Unternehmen, die in Deutschland dem Emissionshandel unterliegen, CO2-Vermeidungsmaßnahmen durchgeführt. Bei großen Unternehmen waren es sogar 76 Prozent. Allerdings haben nur sieben Prozent der Befragten gesagt, dass CO2-Minderung der Hauptgrund ist. Das heißt, die Vermeidungsmaßnahmen wurden im Wesentlichen nur durchgeführt, wenn sozusagen Nicht-Klimaschutzziele motivierend waren."

    Die meisten haben also neue Maschinen gekauft oder neue Verfahren eingeführt. Ihnen ging es um Kostenersparnis, um Produktionssteigerung, um Effizienz. Die CO2-Vermeidung bekamen sie sozusagen ungewollt gratis dazu. Deshalb wissen die Unternehmen auch wenig darüber, welche Vermeidungspotenziale sie im Produktionsprozess haben. Entsprechend gibt es auch keine Ziele, keine Strategien, wie mithilfe des Emissionshandels von 2013 an Kosten vermieden und Umweltbelastungen vermindert werden können. ZEW-Forscher Andreas Löschel:

    "Wir haben herausgefunden, dass fast zwei Drittel der Unternehmen keine Informationen wirklich haben über interne CO2-Reduktionsmaßnahmen und hier noch keine Bewertung durchgeführt haben. Entsprechend ist es auch so, dass fast die Hälfte sich im Emissionshandel allein auf die Pflichterfüllung konzentriert. Das heißt: Kostenminimierung spielt für fast die Hälfte der Befragten keine Rolle. Es geht um Pflichterfüllung."

    Die Folge ist: Auf Sparmaßnahmen sind die Unternehmen also noch nicht eingestellt. Die werden aber notwendig, wenn die Kosten steigen. Und das passiert von 2013 an, wenn die Emissionsrechte eben versteigert und nicht mehr verschenkt werden. Die Kosten dürften vor allem bei Kleinunternehmen steigen, also bei solchen, die weniger als 25.000 Tonnen CO2 jährlich ausstoßen. Denn auch sie müssen die eigenen Emissionen überwachen, dokumentieren, die Daten verifizieren, ein Berichtswesen aufbauen.

    KfW und ZEW haben alle gut 860 emissionshandelspflichtigen Unternehmen in Deutschland befragt. Teilgenommen haben 14 Prozent davon. Sie stehen für 41 Prozent der CO2-Emissionen.