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Wohnungsmarkt in Deutschland
Vermietern ist Mietpreisbremse völlig egal

In rund 300 deutschen Städten gilt inzwischen die Mietpreisbremse. Sie soll Mieter vor zu hohen Zahlungen schützen. So richtig eingeschlagen hat sie aber bisher nicht. Begehrte Wohnlagen sind teuer - und daran wird sich auch 2016 wenig ändern, prophezeien Experten.

28.12.2015
    "Bezahlbare Mieten" steht auf einem Wandbild nahe dem Kottbusser Tor in Berlin im Bezirk Kreuzberg.
    Die Nachfrage von Mietwohnungen steigt vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    Seit Juni ist die Mietpreisbremse in Kraft. Sie soll sprunghafte Mieterhöhungen vor allem in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Köln oder München vermeiden helfen. Bislang mussten Neumieter oft deutlich mehr für eine Wohnung zahlen als ihre Vormieter. Um das zu verhindern, dürfen die Preise bei Wiedervermietungen in ausgewiesenen Gegenden, zum Beispiel auch auf Sylt und in Trier, nur noch maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
    Ob sie funktioniert ist allerdings fraglich, Experten sind skeptisch. Dort, wo die Mietpreisbremse schon einige Monate gelte, seien die Mieten nicht gesunken, sagt Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten.
    "Es spricht alles dafür, dass die Mieten 2016 steigen werden"
    In Berlin gingen die Preise auf der Vermietungsplattform Immobilienscout24 erst runter, dann wieder hoch. Konkurrent Immowelt meldete im Oktober steigende Mieten in sieben von zwölf Städten mit Mietpreisbremse. Die Mieten orientierten sich "im Wesentlichen an der aktuellen Marktsituation", folgert Immobilienscout24. Im Klartext: In beliebten Gegenden, wo Wohnungen knapp sind, verlangen Eigentümer weiter hohe Mieten.
    Blick auf ein Wohnhochhaus in Köln
    Die Mietpreisbremse soll sprunghafte Mieterhöhungen vor allem in Großstädten - hier Köln - vermeiden helfen. (Imago)
    Die Nachfrage nach Mietwohnungen wachse vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten, ergänzte Siebenkotten. Das Angebot dagegen nehme nicht in gleichem Maße zu. "Steigende Nachfrage und ein nicht ausreichend wachsendes Angebot führen in der Regel zu steigenden Mieten." Daran könne auch die Mietpreisbremse nichts ändern. "Vermieter halten sich von alleine offensichtlich nicht an die Mietpreisbremse", kritisierte Siebenkotten.
    Bei Verstößen haben sie nicht viel zu befürchten. Wenn sich ein Mieter beschwert und recht bekommt, muss der Vermieter lediglich die zu viel gezahlte Miete zurückzahlen.
    Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte Siebenkotten: "Es spricht alles dafür, dass die Mieten 2016 steigen werden." Auch die Wohnungsunternehmen erwarten zumindest moderate Anstiege. Deutschland fehlten einfach mehr als 800.000 Wohnungen. Wo man keine Wohnung finde, helfe auch keine Begrenzung der Mieten, meint der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko.
    Warnung vor der Blase
    Auch bei den Wohnimmobilien sagt Experte Jochen Möbert von der Deutschen Bank vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten weiter steigende Preise voraus. Der Auftrieb könne sich sogar massiv beschleunigen. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte: "In ein paar Jahren drohen an den Finanz- und Immobilienmärkten wieder Blasen, deren Platzen große wirtschaftliche Schäden verursachen."
    Ein wichtiger Grund für die Entwicklung sei die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank: Einerseits kann Wohneigentum derzeit extrem günstig finanziert werden, andererseits werden Investoren mangels attraktiver Alternativen in diese Anlageform getrieben.
    (pg/tzi)