Donnerstag, 28. März 2024

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Workeer.de
Jobbörse für Flüchtlinge

Aktuell 656 Jobs listet die Internetplattform Workeer.de derzeit. Sie will Arbeitgeber mit Flüchtlingen zusammenbringen. Und das scheint erfolgreich zu sein - eine englischsprachige Version ist geplant.

Von Verena Kemna | 07.09.2015
    Eine blaue Bewerbungsmappe mit dem Schriftzug Bewerbung
    Über Workeer.de können sich Flüchtlinge bewerben. (imago)
    Vom Studien- in den Arbeitsalltag: Der Kommunikationsdesigner David Jacob hat fast mühelos geschafft, wovon viele seiner ehemaligen Kommilitonen nur träumen können. Kurz nach dem Studienabschluss an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft hat er bereits einen Vertrag als Webdesigner in der Tasche. Die sehr gute Abschlussnote hat sicher geholfen. Mit ihrer Bachelorarbeit haben David Jacob und sein ehemaliger Studienkollege Philipp Kühn eine gute Idee in die Praxis umgesetzt. Über die Internetplattform Workeer.de sollen arbeitssuchende Flüchtlinge und potenzielle Arbeitgeber zusammenfinden:
    "Also, am Anfang war der grobe Grundgedanke, wir machen eine Webplattform für Geflüchtete. Dann haben wir angefangen mit einer Recherchephase. Wir haben dann aber gesagt, Arbeitsvermittlung ist das Thema, wo wir das beste Gesamtpaket sehen. Wo können wir den größten Nutzen erzielen und solche Dinge? Und haben dann gesagt, wir gehen eben das Thema an."
    Die Internetplattform ist dabei, sich zu einem Erfolgsmodell zu entwickeln. Über einen Tweet haben sich schnell potenzielle Arbeitgeber aus ganz Deutschland gefunden, die bei Workeer gelistet sind. David Jacob fährt mit der Maus über die Internetseite und liest, dass aktuell 656 Jobs und 544 Arbeitgeber verfügbar sind. David Jacob tippt Zahnarzt in die Rubrik Bewerber:
    "Dann bekomme ich eine Ergebnisseite, wo ich sehe, dass es zwölf Bewerber aktuell gibt, die sagen, sie wollen als Zahnarzt arbeiten. Und sehe dann die Profile von den Leuten, auch mit welchen Sprachkenntnissen. Und könnte jetzt sagen, es wäre wichtig, dass der Zahnarzt aus meiner Umgebung kommt. Und ich kann dann einen Wohnort einstellen und kann auch in einem bestimmten Umkreis suchen. Und kann dann so meine Suche verfeinern und jemanden finden, der genau auf meine Anforderung passt."
    Der Webdesigner mit den kurzen dunklen Locken hat eine passende Kandidatin gefunden:
    "... die 27 Jahre alt ist, aus Libyen kommt und seit acht Monaten in Deutschland ist. Und schon ganz gute Deutschkenntnisse hat. Leider sind auf dem Profil noch kein Lebenslauf und noch keine Arbeitserfahrung angegeben, deswegen müsste man jetzt im persönlichen Kontakt nachhaken und könnte gucken, ob das passt."
    Offen für alle Flüchtlinge
    Egal, ob die Flüchtlinge eine Festanstellung suchen oder nur ein Praktikum: Die Seite ist für jeden zugänglich, unabhängig von Aufenthaltsstatus und anderen arbeitsrechtlichen Voraussetzungen. So müssen viele Asylsuchende lange warten, bis geklärt ist, ob sie in Deutschland arbeiten dürfen.
    Auch die Firmen können sich eigenverantwortlich registrieren. Heiko Scherer, Geschäftsführer der Berliner Medienagentur Clapp, ist immer auf der Suche nach jungen kreativen Nachwuchskräften. Im Regionalfernsehen zeigt er sich begeistert:
    "Da für uns junge Leute, neues Personal zu bekommen, mit das Wichtigste ist, war das eigentlich kein Thema, das sofort auszuprobieren. Und ich war begeistert, von der Art, wie es gemacht ist. Es ist sehr einfach."
    Vielleicht kommen er und Ezzedin al Houssary aus Damaskus zusammen. Der Informatiker hat sich bei Clapp beworben. Dass potenzielle Arbeitgeber sich bei Workeer ganz bewusst mit der besonderen Situation von Flüchtlingen auseinandersetzen, gibt ihm Hoffnung.
    Wie viele Arbeitsverhältnisse inzwischen entstanden sind, weiß selbst David Jacob nicht genau:
    "Da war ein Arbeitgeber, der hat zwei Bewerbungen bekommen, die waren Unsinn. Der war nicht so zufrieden mit dem, was da passiert ist. Genauso haben wir schon von Arbeitgebern gehört, die haben eine Stelle inseriert und nach einer Woche schon die ersten zwei Vorstellungsgespräche geführt. Ich glaube, das ist wie bei jeder Plattform nur bedingt für uns zu beeinflussen, wer sich wie und wo bewirbt. Aber wir haben auch schon ein sehr gutes Feedback bekommen."
    Noch betreuen er und sein ehemaliger Kommilitone die Webseite in ihrer Freizeit. Die Berliner Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales hat Unterstützung angeboten. Spätestens in einem Jahr soll die Jobbörse für Flüchtlinge auch ohne die beiden Gründer funktionieren. Eine englische Version ist geplant.