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Wuppertal
Kauder will "Scharia-Polizei" verbieten

Die Bundesregierung zeigt sich beunruhigt angesichts des Auftretens einer selbsternannten "Scharia-Polizei" in Wuppertal. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigt ein entschiedenes Vorgehen an, Unionspolitiker fordern ein Verbot.

06.09.2014
    Ein Mann blickt auf einen Computer-Bildschirm, auf dem selbsternannte "Scharia-Polizisten" zu sehen sind.
    Die selbsternannte "Scharia-Polizei" in Wuppertal sorgt für Aufregung. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    "Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet", sagte de Maizière der "Bild"-Zeitung. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ergänzte: "Eine illegale Paralleljustiz werden wir nicht dulden." In Wuppertal war eine selbsternannte "Scharia-Polizei" mehrfach nachts durch die Straßen patrouilliert. Dabei handelte es sich nach Angaben der Wuppertaler Polizei um radikalislamische Salafisten, die orangefarbene Westen mit der Aufschrift "Shariah Police" trugen. Sie sollen Passanten vor Diskotheken und Spielcasinos angesprochen und gegängelt haben - stets unter dem Hinweis, dass Alkohol, Glücksspiel und Konzerte nach den Regeln der Scharia, also der islamischen Rechtsordnung, nicht erlaubt seien.
    Der Zentralrat der Muslime distanzierte sich in deutlichen Worten: "Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen", sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek dem "Tagesspiegel am Sonntag". Die Salafisten betrieben "eine Zweckentfremdung unserer Religion", erklärte Mazyek weiter. "Sie schaden mit dieser schrillen und völlig unsinnigen Aktion den Muslimen ungemein."
    Diskussion um ein Verbot
    Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, forderte in der "Welt am Sonntag" ein Verbot der "vermeintlichen islamischen Tugendwächter". "Für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen unsere Polizisten und nur sie", sagte er. "Wir können auf gar keinen Fall tolerieren, dass selbsternannte 'Scharia-Polizisten' in unseren Straßen patrouillieren und den Leuten vorschreiben wollen, was sie zu tun und zu lassen haben." Gebe es keine Rechtsgrundlage für ein Gebot, müsse diese geschaffen werden, sagte der CDU-Politiker. CSU-Innenexperte Stephan Meyer forderte, Werbung für das islamische Recht der Scharia unter Strafe zu stellen.
    Auch der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte ein hartes Vorgehen: "Das kann ein demokratischer Rechtsstaat nicht tatenlos hinnehmen", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Allerdings reiche das bestehende rechtliche Instrumentarium für eine Verfolgung der Täter aus.
    Strafverfahren eingeleitet
    Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft hatte gegen elf Männer ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet, allerdings seien die Männer im Alter von 19 bis 33 Jahren nicht festgenommen worden. Falls die Männer tatsächlich Menschen aufgefordert hätten, eine Disko nicht zu betreten, müsse man außerdem prüfen, ob Nötigung vorliege, erklärte die Behörde. Bundesjustizminister Maas und das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen lobten das konsequente Vorgehen der Polizei.
    Der Salafismus gilt derzeit als die in Deutschland am schnellsten wachsende islamistische Bewegung. Sie predigen einen Islam, der sich eng am Wortlaut des Korans und den Überlieferungen aus dem Leben des Propheten Mohammed orientieren. Die Scharia wird von ihnen besonders konservativ ausgelegt, sie zählen auch nicht-salafistische Muslime zu den Ungläubigen.
    (swe)