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Zahl der Hurricanes nimmt zu

Meteorologie. - Katrina war nur der bislang letzte einer Reihe von besonders starken Stürmen, die die Karibik und den Golf von Mexiko heimsuchten. US-Forscher haben jetzt mit einer globalen Übersicht in "Science" versucht, die Frage nach der Ursache der Massierung von Stürmen zu lösen. Ihre Antwort: Offenbar ist doch die Klimaerwärmung an der Zunahme schuld.

Von Volker Mrasek | 16.09.2005
    "Fleissarbeit" nennt man wohl, was die Autorinnen und Autoren der neuen Hurrikan-Studie jetzt vorlegen ...

    "Wir haben uns die komplette Wirbelsturm-Statistik seit 1970 angeschaut. In allen großen Ozeanbecken: im Pazifik, im Atlantik und im Indischen Ozean. Und das lückenlos, über mehr als drei Jahrzehnte."

    Wie viele Hurricanes und Tropenstürme sie am Ende analysierte, kann Judy Curry auf Anhieb nicht einmal sagen. Fast 3000 seien es wohl gewesen, schätzt die Atmosphärenforscherin vom Georgia Institute of Technology in Atlanta in den USA. Doch eines zeigt die Studie von Judy Curry und ihren US-Kollegen ganz genau: Auf welches Weltmeer man auch immer blickt - Hurricanes sind in den letzten Jahrzehnten tendenziell stärker geworden und Megastürme der Kategorien 4 und 5 immer häufiger. Ein solches Kaliber hatte auch Katrina - der Hurricane, der New Orleans unter Wasser setzte. Der Physiker Peter Webster, auch er Professor für Geo- und Umweltwissenschaften am Georgia Institute of Technology:

    "Wir haben diese Studie durchgeführt, weil Forscher zuletzt unterschiedliche Auffassungen darüber hatten, warum die Zahl der Hurricanes im Nordatlantik zugenommen hat. Die einen sagen, das liege am Klimawandel. Er lasse die Meeresoberflächen-Temperatur steigen, und das begünstige stärkere Hurricanes. Die anderen sagen, dass die Erwärmung der Ozeane mit natürlichen Klima-Zyklen zu tun habe, etwa mit El Nino oder einer ähnlichen Oszillation im Nordatlantik. Und wir dachten: Dieses Problem können wir vielleicht lösen, wenn wir es global betrachten."

    Klimaschwankungen wie El Nino treten zwar - mehr oder weniger stark - in allen Meeren auf. Doch nicht unbedingt zur selben Zeit. Sie sind zeitverschoben, könnte man sagen. Wenn im Pazifik ein El Nino heraufzieht, das Wasser sich stark erwärmt und damit auch starke Hurricanes ermöglicht, die dort übrigens "Taifune" heißen - dann bedeutet das noch lange nicht, dass auch der Indische Ozean und der Atlantik solche Temperatursprünge zeigen. Ihre natürlichen Wärme- und Kältezyklen können in dem Moment in einem ganz anderen Zustand sein. Deshalb die Idee der Forscher, sich alle Ozeanbecken anzuschauen. Denn dann sieht man: Ist das Bild uneinheitlich, gibt es tatsächlich eine zeitverschobene Verstärkung der Hurricanes, dann sollten die natürlichen Klimazyklen dahinterstecken. Doch das Ergebnis der Analyse war ein anderes. Webster:

    "Was wir gesehen haben, ist, dass die Intensität von Wirbelstürmen in allen Meeresbecken gleichermaßen zugenommen hat."

    Dieses Muster, sagt Peter Webster, spreche eher für die Klimaerwärmung als Katalysator für besonders starke Hurricanes:

    "Nimmt man die Jahre 1970 bis heute und schaut sich die Meeresoberflächen-Temperaturen an, dann sind sie in dieser Zeit im Schnitt um ein halbes bis ein Grad Celsius gestiegen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme. Das ist der Ost-Pazifik. Er hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren abgekühlt, allerdings nur sehr, sehr schwach."

    Mit Blick auf Katrina und das Gefährdungspotential für die USA kann man feststellen, dass die Zahl starker Hurricanes auch im Nordatlantik eindeutig zunimmt. In den 15 Jahren zwischen 1975 und 1989 zählten die Forscher dort 16 Wirbelstürme der Kategorien 4 und 5. In den letzten 15 Jahren waren es schon 25. Die größte Gefahrenzone ist und bleibt allerdings der westliche Pazifik. Dort brauen sich mehr als fünfmal so viele Super-Wirbelstürme zusammen wie im Atlantik. Die pazifischen Taifune bedrohen regelmäßig Länder wie die Philippinen, Japan und - zuletzt noch - China. Die Tendenz auch hier: seit Jahren steigend ...