Maranke Rinck: "Tangramkatze"

Erst lesen, dann legen

"Tangramkatze" von Maranke Rinck
Eine wunderbar originelle Idee: In „Tangramkatze“ entwickeln Maranke Rinck und Martijn van der Linden ein Spiel zu einer Geschichte weiter. © imago/Panthermedia/Schaltzeit Verlag
Von Sylvia Schwab · 08.01.2019
Das Legespiel "Tangram" diente als Vorlage für das neue Kinderbilderbuch von Maranke Rinck und Martijn van der Linden. Mit Hilfe von einfachen geometrischen Formen erschafft ein Junge darin eine eigene Welt aus Tieren, Pflanzen und Gebäuden.
Tangram ist ein chinesisches Legespiel, das aus sieben einfachen geometrischen Formen besteht: ein kleines Quadrat, fünf Dreiecke, ein Parallelogramm. Die sieben Plättchen "entstehen" durch das Zerschneiden eines Quadrats und lassen sich zu unendlich vielen Formen zusammenlegen: Tiere, Pflanzen, Gebäude, Fahrzeuge, Figuren, Buchstaben. Alles was die Phantasie hergibt.
In ihrem Bilderbuch "Tangramkatze" entwickeln Maranke Rinck und Martihn van der Linden dieses Spiel zu einer lustigen Geschichte mit zauberhaften Bildern weiter. Es geht um einen kleinen Jungen, den Ich-Erzähler, der ein Tangram-Spiel geschenkt bekommt. Zunächst aus Langeweile legt er aus sieben einheitlich blauen Teilen schließlich eine aufrecht sitzende Katze zurecht. Doch sie wird schnell zur Protagonistin seiner Geschichte. Mehr noch: Alles, was er für ihre Geschichte braucht, legt er aus den Tangram-Teilen zusammen. Ein Haus zum Wohnen, einen Fisch zum Fressen, einen Hund als Spielgefährten, einen Baum zum Klettern und zum Schluss sogar sich selbst.

Minimalistische Tiere, die fast lebendig wirken

Eine wunderbar originelle Idee. Denn die kleinen Leser müssen die einheitlich blauen Tangram-Motive erst einmal erkennen, um anschließend den Ablauf der Geschichte verfolgen zu können. Wenn sie verstanden wurde, erscheint jede Tangramfigur auf der nächsten Bilderbuchseite noch einmal, jetzt aber gemalt in kräftigen Farben.
Es ist erstaunlich, wie naturgetreu und echt die stilisierten Gestalten dann wirken. Klar, dass sich ein Haus leicht aus geometrischen Teilen zusammenlegen lässt. Aber ein Fisch, ein Krokodil, ein Dino, ein Hund oder die zarten Vögel? In der jeweils eigenen, typischen Haltung? Klappt aber. Jedes dieser minimalistischen Tiere ist ausdrucksstark und wirkt fast schon lebendig.

Staunen und lachen

Dieses ungewöhnliche Bilderbuch ist in vielfacher Weise kreativ. Nicht nur die lustige Tiergeschichte, vom Erzähler selbst spielerisch peu à peu entwickelt, funktioniert gut. Eindrücklich ist auch die Idee, alle Tiere erst einmal – Tangram-typisch – in stilisierter Form und einheitlicher Farbe zu gestalten, um sie dann auf der folgenden Seite künstlerisch zu "beleben". Das ist überraschend und lädt zum Staunen und Lachen ein. Automatisch wird so auch deutlich, dass die meisten Dinge und Lebewesen sich aus ganz einfachen Formen zusammensetzen (lassen).

Es ist nur konsequent, dass diesem besonderen Bilderbuch ein Tangram-Spiel anhängt. Man kann sofort anfangen, eine eigene Geschichte zu erfinden und zu legen. Und wer erst noch ein wenig üben möchte, findet zahlreiche Beispiele vorne und hinten im Einband. Los geht’s: erst lesen, dann legen!

Maranke Rinck: "Tangramkatze"
Illustration: Martijn van der Linden
Schaltzeit Verlag, Berlin 2018
56 Seiten, 17,95 Euro, ab 3 Jahren

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