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Zahlen für eine bessere Bildung

Pisa hat das starre, deutsche Bildungssystem in Bewegung gebracht. Schlechte Pisa-Ergebnisse - lautet die Rechnung - plus Unterrichtsausfall, plus schlecht ausgestattete staatliche Schulen, gleich: Flucht aus den Regelschulen - hin zu den Privaten, von denen sich viele verunsicherte Eltern eine bessere Bildung für ihre Sprösslinge erhoffen.

Von Michael Frantzen | 25.03.2008
    "Es hieß in den 70er und vielleicht auch noch Anfang der 80er: "Kommste nicht mit, gehste zur Anna Schmidt". Und heute können wir damit kokettieren und antworten: Fürs Leben fit, heute zur Anna Schmidt."

    Von der Loser- zur Elite-Schule: So ändern sich die Zeiten! Michael Gehring kann das nur recht sein. Der Leiter der Anna-Schmidt-Privatschule in Frankfurt am Main kann sich seine Schüler längst aussuchen - versuchen doch immer mehr Eltern, ihre Kinder in die 1886 gegründete Traditionsschule im Frankfurter Westend zu schicken. 1400 Schüler drücken in der "Anna-Schmidt" die Schulbank. Montessori-Grundschul-Zweig; Gymnasialstufe bis zur 13. Klasse; dazu noch bis zur zehnten Ganztagsbetrieb in der Dependance in Frankfurt-Niedererlenbach: Seine "Kunden" - wie Michael Gehring halb-ironisch meint - wissen das zu schätzen. Und sind dafür bereit, tief in die Tasche zu greifen. Das Schulgeld beläuft sich auf 180 bis 320 Euro - im Monat. Gehrings "Kunden" - das sind vorwiegend Geschäftsleute, Architekten, Führungskräfte aus dem nahen Bankenviertel.

    "Wenn es darum geht, ob wir eine Elite sind, ob wir ein elitäres Verständnis haben oder ob wir Elite ausbilden: Wenn diese Frage gestellt wird, dann packen wir zu diesem Wort "Elite" Leistung. Und formulieren folgendes: Wenn viele unserer Schüler am Ende ihrer Schulzeit als erwachsene Menschen zur Leistungselite dieses Landes gehören, mit einem hohen Verständnis für soziale Verantwortung: Dann mach ich mit diesem Begriff mit."

    Der "Run" auf die Anna-Schmidt-Schule ist kein Einzelfall. "Deutschland erlebt einen Privatschulen-Boom", konstatierte unlängst die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Innerhalb von zwölf Jahren hat sich die Zahl der Privatschüler verdoppelt - auf 640.000, das sind 6,7 Prozent aller Schüler. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es 2006 mehr als 2800 allgemein- bildende Privatschulen, Tendenz: Weiter steigend. Wenn man so will, profitieren die Privatschulen vom Pisa-Test. Pisa hat das starre, deutsche Bildungssystem in Bewegung gebracht. Schlechte Pisa-Ergebnisse - lautet die Rechnung - plus Unterrichtsausfall, plus schlecht ausgestattete staatliche Schulen, gleich: Flucht aus den Regelschulen - hin zu den Privaten, von denen sich viele verunsicherte Eltern eine bessere Bildung für ihre Sprösslinge erhoffen. Claudia Eberling zum Beispiel. Als ihre zwei Söhne ins schulpflichtige Alter kamen, hat sich die Frankfurterin bewusst gegen die nahe gelegenen staatlichen Schulen entschieden - und für die "Anna-Schmidt".

    "Es ist eine kleine Schule, überschaubar. Jeder kennt fast jeden. Das ist auch eine schöne Atmosphäre. Was für uns noch ein wichtiger Punkt war: Das ist die kleine Klassenstärke. Die bei staatlichen Schulen doch leider heutzutage weit über die dreißig geht, wenn ich hier in die umliegenden Schulen gucke. Und auch natürlich, dass hier sehr, sehr geringer Stundenausfall ist. Also diese Unterrichtsgarantie Plus, die hier ringsherum in den staatlichen Schulen anfängt sich langsam durchzusetzen, ist hier schon seit vielen Jahren einfach eine hundertprozentige Garantie."

    Laut einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen, VDP, würden zwanzig Prozent aller Eltern ihre Kinder gerne an einer Privatschule unterrichten lassen. Entsprechend lang sind die Wartelisten. Staatliche Regelschule oder Privatschule: Im Prinzip kann sich das jeder aussuchen. Das Recht auf Besuch einer Privatschule ist im Grundgesetz verbürgt. Ob Montessori, Waldorf oder konfessionelle Schulen - das ist egal. Hauptsache, sie sind staatlich anerkannt - betont der Pressesprecher des VDP, Martin Kunze.

    "Nun ist es auch so, dass Privatschulen deutlich mehr Freiheiten haben als staatliche Schulen. Sie können sehr viel stärker ein eigenes Profil ausbilden. Sie können auch Konzepte, neue pädagogische Entwicklungen sehr viel schneller umsetzen, als dass staatliche Schulen können. Die für so etwas ja oftmals noch die Genehmigung vom Schulamt, vom Ministerium oder einer anderen Behörde brauchen."

    Ein hohes Maß an Flexibilität - das ist auch ein Pfund, mit dem Cornelia Donner wuchert. Die gebürtige US-Amerikanerin leitet die "Berlin Metropolitan School" - Berlins erste bilinguale private Ganztagsschule mit Kindergarten und Vorschule. Mit achtzehn Kindern ging es los, damals vor drei Jahren, heute werden in einem frisch renovierten Plattenbau im Regierungsviertel Mitte dreihundert Kinder auf Deutsch und Englisch unterrichtet. Verkehrte Welt: Die meisten öffentlichen Schulen der Gegend mussten seit der Wende ihre Pforten schließen, weil es zu wenig Kinder gab. Dieses Problem kennt Cornelia Donner nicht, im Gegenteil: Die Wartelisten der "Metropolitan School" sind lang - trotz des hohen Schulgeldes von durchschnittlich vierhundert Euro im Monat und eines öffentlich ausgetragenen Streits im Gründerverein um die Finanzierung der Schule und Fragen der Mitbestimmung. Keine besonders gute Publicity, doch geschadet hat es der "Metropolitan School" nicht. Was zählt, meint die Schulleiterin, ist ihr "überzeugendes Konzept." Also: Bilingualität schon im Kindergarten, kleine Schulklassen - maximal zwanzig Schüler; regelmäßige Fortbildung der Lehrer in- und außerhalb der Schule.

    "Ich kann mir als Schulleiterin meine Lehrer aus der ganzen Welt zusammensuchen. Und das ist ein riesiger Vorteil. Wenn ich in der Zeitung lese, dass es in Berlin Lehrermangel gibt und dass Stellen nicht besetzt sind, dann frage ich mich, wie ist das möglich? Meine Stellen waren im Juni alle besetzt. Ich habe auch einen Lehrer, der nichts macht als Vertretung. Der kommt jeden Tag und ist dann bereit, in Englisch zu vertreten, wenn der Klassenlehrer ausfällt. Dann fällt also bei uns kein Unterricht aus."

    Ärzte, Diplomaten, Politiker: Die Eltern der meisten Kinder hier auf dem Schulhof der "Berlin Metropolitan School" kommen aus gehobenen Verhältnissen. Bettina Benz passt da gut ins Bild.
    Die Mittdreißigerin arbeitet als umweltpolitische Referentin für eine CDU-Bundestagsabgeordnete, ihr Sohn, Adrian, besucht die erste Klasse. Ein Teil der Familie lebt in Irland, damit sich Adrian mit seinen Cousinen und Cousins verständigen kann, soll er von Anfang an Englisch lernen. Deshalb die "Metropolitan School." Einerseits. Andererseits kann man die Entscheidung von Bettina Benz auch als Flucht interpretieren. Vor den sozialen Problemen einer Metropole wie Berlin, in denen es Viertel gibt, wo die Zahl der Schulen wächst, die nur noch Migrantenkinder mit Sprachnöten unterrichten. Und wo den staatlichen Behörden langsam schwant, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann. Die Berliner Schulbehörde hat jetzt reagiert - und sich auf die Fahnen geschrieben, in "Problemvierteln" wie dem Wedding für eine "gesunde Mischung der Schülerschaft" zu sorgen. Genau dorthin hätte Bettina Benz ihren Sohn zur Schule schicken sollen - obwohl sie und ihr Mann im Bezirk Mitte wohnen.

    "Uns wurde nicht die nächstgelegene Schule zugeteilt, sondern natürlich eine Schule, wo man gerne durchmischen möchte. Und hat uns sozusagen dorthin - na, ich will mal fast sagen - zwangsvermittelt. So dass wir keine Wahl hatten, wir mussten in den Wedding gehen. Die hatten drei staatliche Schulen im Wedding, die überhaupt nicht gut zu erreichen waren. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir uns zeitig informiert haben und uns eben nicht auf den Staat verlassen haben, der uns nicht unbedingt die nächstgelegene Schule zugewiesen hat."
    Eltern wie Bettina Benz: Sind sie Zeichen einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft? Einer Gesellschaft, die sich zwar egalitär gibt, aber faktisch längst geteilt ist: In Arm und Reich, in "bildungsfern" und "bildungsnah", wie es in der Diskussion über das Schulwesen gerne euphemistisch heißt? Kurzum: Verschärft der Privatschulen-Boom die soziale Unausgewogenheit des deutschen Schulsystems? Diese Fragen stellen sich Kritiker wie Marianne Demmer. Der stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, bereitet der Ansturm auf die Privatschulen zunehmend Bauchschmerzen.

    "Die GEW ist eigentlich eine strikte Verfechterin eines staatlichen Schulwesens. Wir möchten nicht, dass es zu einer Entwicklung kommt, dass die bildungsinteressierten Leute ihre Kinder zur Privatschule schicken und diejenigen, die es sich entweder nicht leisten können oder die wenig Interesse an der Schulbildung ihrer Kinder haben, dann die Kinder im öffentlichen Schulwesen haben. Das öffentliche Schulwesen braucht eigentlich gerade diese Eltern - auch als eine Art Korrektiv, die sagen: Wir wollen eben einen bestimmten Standard. Und die sich auch dagegen wehren würden, wenn da ein Standard unterschritten würde."
    Über Standards ist in den letzten Jahren viel geredet worden - spätestens seit der Veröffentlichung der ersten Pisa-Studie im Dezember 2001. Und dem schlechten Abschneiden deutscher Schüler.
    Den Privatschulen kam die Pisa-Studie wie gerufen, schnitten sie doch im Vergleich zu den staatlichen Schulen besser ab. Viel besser sogar. So betrug der Vorsprung der Privatschulen in Mathematik 33 Punkte, bei der Lesekompetenz sogar 83. Was das Institut der Deutschen Wirtschaft dazu animierte, festzustellen:

    Privatschulen sind kaum zu toppen.
    Tatsächlich?! Eine Studie des renommierten Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung kommt zu einem ganz anderen Ergebnis.

    Festzuhalten bleibt, dass die - in der Öffentlichkeit verbreitete - These einer generellen und bedeutsamen Leistungsüberlegenheit privater Schulen keine Bestätigung findet.

    Zieht man nämlich so genannte "leistungsrelevante Merkmale" wie soziale Herkunft, Intelligenz und Migrationshintergrund in Betracht, schmilzt der Vorsprung der Privatschulen, in den Naturwissenschaften und Mathematik fielen die Pisa-Ergebnisse sogar eher zugunsten der staatlichen Schulen aus. Mit anderen Worten: Das Gros der Privatschulen ist auch nur ein Spiegelbild der Staatlichen; Privatschulen sind nur deshalb "kaum zu toppen", weil sie sozial selektiv sind. Das zeigt sich auch daran, dass fast keine Risikoschüler aus sozial schwachen Familien private Schulen besuchen.

    Privatschulen kosten Geld. Oft zu viel Geld. Viele Eltern können sich Schulgebühren von bis zu 5000 Euro im Jahr schlicht nicht leisten. Ein Dilemma, dessen sich auch Martin Kunze vom Bundesverband der Privatschulen bewusst ist.

    "Schulgeld ist immer ein gewisses Problem. Schulgeld ist nichts, was zum Konzept von Privatschulen per se dazu gehört. Schulgeld ist eher ein notwendiges Übel. Es ist so, dass die allermeisten Privatschulen in Deutschland im allgemeinbildenden Bereich vom Staat finanziell unterstützt werden. Im Gegenzug dürfen sie auch nur ein sozialverträgliches Schulgeld erheben. Allerdings ist es so, dass der Staat nur einen Teil der Kosten übernimmt. Es ist halt so, dass der Staat nur zirka zwei Drittel der Kosten, die an einer vergleichbaren staatlichen Schule entstehen, der Privatschule erstattet."

    Hinzu kommt, dass Privatschulen eine "Karenzzeit" zu überstehen haben. Je nach Bundesland müssen sie zwei bis drei Jahre lang warten, ehe sie erstmals in den Genuss von Zuschüssen kommen.
    Viele freie Träger schaffen es so weit erst gar nicht, scheitern schon im Vorfeld am bürokratischen Hindernissparcours. Tatsächlich haben Privatschulen bei einigen unserer europäischen Nachbarn deutlich mehr Zulauf. In den Niederlanden etwa besuchen nach Angaben der Europäischen Union rund siebzig Prozent aller Schüler eine Privat-Schule; in Frankreich sind es zwanzig, in Großbritannien vierzig Prozent. Speziell im Vereinigten Königreich blicken Privatschulen auf eine lange Tradition zurück, allein das ehrwürdige Eton College hat 19 Premierminister hervorgebracht. Anders bei uns: In Deutschland gilt stillschweigend bislang immer noch der kanonische Satz des Allgemeinen Preußischen Landrechts von 1794:

    Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staates, welche den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen und Wissenschaften zur Absicht haben.

    Doch dieser mehr als zweihundert Jahre alte Konsens scheint zu bröckeln. Weil die Mittelschicht - geplagt von Abstiegsängsten und schlechten Pisa-Ergebnissen - zunehmend ihr Heil in privater Bildung sucht.

    Entsprechend versteht auch Marianne Demmer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft den Boom der Privatschulen als Backpfeife für die staatlichen Schulbehörden und zuständigen Kultusminister der Länder.

    "Wir erklären das uns ein Stück weit damit, dass unser Schulsystem eben sehr stark in seinen traditionellen Strukturen verharrt und weder Ganztagsschulen sonderlich intensiv aufgebaut worden sind, noch eben integrativ arbeitende Schulen. Und dass eben solche Eltern, die ihre Kinder in solchen Systemen unterbringen möchten, dann auch in der Tat zum großen Teil auf private Gründungen angewiesen sind. Wir haben als GEW auch immer gesagt, dass wir Privatschulen in dieser Funktion auch sehen; dass sie die Reformschritte leichter tun können, als das öffentliche Schulwesen. Und wir von daher auch eine gewisse Innovationsfunktion der Privatschule durchaus anerkennen."

    Das kann Martin Kunze vom Verband der Privatschulen nur unterstreichen.

    "Es sind bereits viele Neuerungen aus dem Privatschulwesen vom staatlichen Schulwesen übernommen worden. Zum Beispiel kann man da als aktuelles Beispiel die Ganztagsschulen nennen. Die Ganztagsschule ist eine Erfindung der Privatschule. Die jetzt von immer mehr staatlichen Schulen übernommen wird. Das ist also ein klassisches Beispiel, wo die staatlichen Schulen, beziehungsweise die Kultusministerien, gesehen haben: Da passiert etwas bei den Privatschulen, das wir übernehmen sollten. Das einfach Sinn macht. Hier zeigt sich, wie gut das staatliche Schulwesen vom Privatschulwesen profitieren kann."
    Cornelia Donner kennt das schon aus ihrer Heimat, den USA. 13 Jahre lang war sie Schulleiterin einer Privatschule in Maryland - bevor sie nach Deutschland ging und die "Berlin Metropolitan School" mitgründete. Gewinnorientierte Bildungseinrichtungen, Auswahlverfahren bei der Schülerschaft, die Erhebung von Schulgeld - in den Vereinigten Staaten ist das "not a big deal" - keine große Angelegenheit.

    "Es ist eher, dass Familien in den USA bereit sind, für Bildung zu zahlen. Und zwar schon sehr viel länger. Und das wird noch dauern, bis man sich in Deutschland bewusst ist: Bildung kostet was. Natürlich zahlt man Bildung auch durch die Steuern. Aber man muss auch bereit sein, etwas mehr zu zahlen, wenn man wirklich gute Lehrer und ein gutes Schulsystem haben will."
    In Deutschland ist diese Sicht der Dinge nicht mehrheitsfähig. Noch nicht. Noch gilt der Konsens, dass Schule eine staatliche - und kostenlose - Angelegenheit ist. Fragt sich nur wie lange noch? Pisa und die zum Teil schrille Diskussion über die tatsächliche und vermeintliche Bildungsmisere hat viele Eltern verunsichert. Und das Bildungssystem in Bewegung gebracht. Schon unken Skeptiker wie die Gewerkschaftsfrau Marianne Demmer, wenn man nicht aufpasse, drohe das ohnehin schon fragile bildungspolitische Fundament unserer Gesellschaft ganz wegzubrechen.

    "Also wenn gesagt wird, das Überleben der Gesellschaft hängt ganz stark davon ab, dass wirklich alle jungen Leute eine hohes Bildungsniveau erreichen, damit die berühmte internationale Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft gegeben ist. Das schafft man nicht mit einem vielfach zerklüfteten Schulsystem, wo die einen sich auch die guten Positionen eben kaufen können. Und die anderen irgendwie eine Funktion am Katzentisch zugewiesen wird. Warum sollte sich sonst jemand anstrengen, wenn ihm schon in die Wiege gelegt wird: Du wirst es nicht schaffen, weil deine Eltern arm sind."

    Mehr Geld für das Schulwesen anstatt noch mehr Privatschulen: So lautet Marianne Demmers Ausweg aus der Bildungsmisere. Die Gewerkschaftsfrau ist damit nicht allein. Schon seit Jahren klagen Experten über die geringen Bildungsausgaben in Deutschland.
    So betrug der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an der Wirtschaftsleistung in Deutschland 2005 4,4 Prozent. Im OECD-Durchschnitt waren es 5,2 Prozent.

    Um nur dieses Niveau zu erreichen, müssten in Deutschland die öffentlichen Bildungsausgaben um etwa 18 Milliarden Euro steigen. Jährlich. Wunschdenken. Und auch die zweite Kernforderung der GEW dürfte bundesweit wenig Aussicht auf Erfolg haben: Die Einführung eines eingliedrigen Schulsystems wie in Finnland. Zwar wollen Berlin und Schleswig-Holstein jetzt mit der "Gemeinschaftsschule" experimentieren, doch die beiden Bundesländer sind die Ausnahme.
    Skepsis bei der Bundesbildungsministerin und den meisten anderen Bundesländern. Und auch Bettina Benz hält wenig von der Diskussion über neue Schulformen.

    "Also mich frustriert diese Diskussion eher. Weil es wieder nur um die Schulform geht und nicht um die Inhalte. Ich als Eltern hab das satt. Ich hab es wirklich satt. Mir geht es darum, was an Inhalten vermittelt wird. Und in Finnland, egal wie man es macht: Die Klassen sind kleiner. Sind kleiner. Sind kleiner. Sind kleiner. Und da brauch ich mich nicht an der Schulform aufzuhalten. Wenn ich ein Schüler-Lehrer-Verhältnis habe, dass doppelt so schlecht ist, dann ist die Form einfach wurscht."
    An der "Berlin Metropolitan School" stimmt es noch: Das Schüler-Lehrer-Verhältnis. Kleine Klassen, motivierte Lehrer, moderne Ausstattung. Eine Schule wie aus dem Bilderbuch. Eine Privat-Schule wie aus dem Bilderbuch.

    "Wir gehen schwer davon aus, dass sowohl die Zahl der Privatschulen und Privatschüler als auch ihr Anteil weiter steigen wird. Wir haben seit Anfang des Jahrzehnts jedes Jahr 15.000 Privatschüler mehr. Und circa 80 bis 100 Schulen mehr. Und das wird sich so mit Sicherheit auch noch weiter vollziehen. Trotz sinkender Schülerzahlen. Denn mit 6,7 Prozent hinken wir in Deutschland halt der Nachfrage immer noch deutlich hinterher."

    Bis 2010, hofft Martin Kunze, wird sich der Anteil der Privatschüler auf zehn Prozent erhöhen. Ob das dem deutschen Schulsystem insgesamt zu Gute kommt, steht auf einem anderen Blatt.