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Zankapfel Hochschulzulassung

Die Vergabe von Studienplätzen soll neu geregelt werden. Bislang konnten sich Studier-Willige direkt bei den Universitäten bewerben. Mehrfachbewerbungen und daraus resultierende Mehrfachzulassungen waren gang und gäbe. Damit soll jetzt Schluss sein. Ulf Bade, Geschäftsführer der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen ( ZVS), steht Rede und Antwort.

Moderation: Lothar Guckeisen | 27.11.2007
    Lothar Guckeisen: Wer entscheidet darüber, ob man in einem zulassungsbeschränkten Fach studieren darf? Früher war die Antwort nicht unbedingt gut, aber zumindest einfach, denn da wurde das zentral von der ZVS entschieden. Heute ist die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen bundesweit nur noch für fünf Fächer zuständig. Das heißt, ein Großteil der Studierwilligen bewirbt sich direkt bei den Unis – mit der fatalen Folge, dass sich viele mehrfach bewerben und dadurch zunächst Studienplätze frei bleiben, wenn der Bewerber mehrere Zusagen von verschiedenen Unis bekommt. Deshalb fordern alle Verantwortlichen ein neues Verfahren für die Hochschulzulassung, und in Berlin diskutiert gerade die Hochschulrektorenkonferenz darüber, mit welchem Modell man das Problem lösen will. Ulf Bade, Geschäftsführer bei der ZVS in Dortmund, unseren Informationen zufolge wird die Hochschulrektorenkonferenz Ihnen den Zuschlag geben. Die ZVS soll künftig in eine Servicestelle umgewandelt werden. Können Sie das so bestätigen?

    Ulf Bade: Nein, ganz so kann ich es nicht bestätigen. Die Hochschulrektorenkonferenz wird nicht darüber entscheiden, wer den Zuschlag bekommt. Sie kann allenfalls mit der Mehrheit ihrer Mitglieder Empfehlungen aussprechen, mit welchem Partner die Hochschulen zusammenarbeiten wollen.

    Guckeisen: Nun haben aber die Hochschulrektoren ja ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, das heißt, es ist so gewissermaßen eine Vorentscheidung. Kann man das so sagen?

    Bade: Das kann man so sagen, insbesondere weil die Länder, in Sonderheit die Finanzminister darüber zu entscheiden haben, ob die angedachte Serviceeinrichtung für Hochschulzulassung, die neu zu errichtende Stiftung, auch wirtschaftlich lebensfähig sein wird. Das hängt in ganz maßgeblichem Umfang davon ab, wie viele Hochschulen sich beteiligen werden.

    Guckeisen: Eigentlich war das ja bereits schon beschlossene Sache von den Kultusministern. Die haben gesagt, gut, die ZVS wollen wir umwandeln in eine Servicestelle. Jetzt kam zuletzt noch mal ein bisschen Hickhack oder Aufregung rein, weil einige Mitglieder der Hochschulrektorenkonferenz offenbar lieber einer anderen Einrichtung den Zuschlag geben wollten, nämlich "uni-assist", also die Einrichtung, die jetzt für ausländische Studienbewerber zuständig ist. Ist das Thema vom Tisch aus Ihrer Sicht?

    Bade: Nach den mir vorliegenden Informationen hat die HRK entschieden, dass mit der umzuwandelnden ZVS die Zukunft bewältigt werden soll.

    Guckeisen: Ist schön, dann gehen wir doch gleich mal in medias res. Wie soll das künftig funktionieren, wie soll diese Servicestelle aussehen, wie arbeitet die dann?

    Bade: Der Ablauf der Arbeiten ist ein relativ schlichter. Mir liegt daran, aus Sicht der betroffenen Bewerber das Verfahren zu schildern. Denn wir reden in letzter Zeit sehr häufig über die Belange der Hochschulen, aber dass es in erster Linie auch um die Zukunft junger Menschen geht, wird dabei leider hintangestellt. Der durchschnittliche Abiturient hat seinerseits Vorstellungen, was er studieren möchte, eventuell auch, wo er dieses Fach studieren möchte, aber er weiß in aller Regel nicht, welche Hürden vor die Zulassung oder die Einschreibung gesetzt sind. Das heißt, in einem ersten Schritt müssen Informationen geleistet werden über die Studienangebote.

    Guckeisen: Das heißt, Sie übernehmen die Beratung als eine Funktion?

    Bade: Nein, wir würden nicht die inhaltliche Beratung übernehmen, diese Geschäftsfelder sind besetzt von den Studienberatungen der Hochschulen, die das hoch professionell leisten können und auch weiter leisten werden, sowie bis zu einem gewissen Grade auch von den Arbeitsämtern. Darüber hinaus haben wir aber die Aufgabe, zunächst generell abstrakt die Bewerber zu informieren. Das heißt, es werden im Netz Informationen bereitgestellt über die Studienangebote. Hier ist insbesondere auch an eine Verlinkung mit dem Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz zu denken.

    Guckeisen: Also gewissermaßen, wenn ich das mal abkürzen darf, gewissermaßen eine Informationsstelle, das wäre so eine Aufgabe.

    Bade: Ein Informationsportal.

    Guckeisen: Ein Informationsportal. So, jetzt habe ich mich informiert, was bedeutet das jetzt für mich als Studienbewerber? Wie läuft das mit der Bewerbung dann künftig ab?

    Bade: Ich muss mich nicht nur über die Angebote informieren, ich muss mir auch Klarheit darüber verschaffen, ob ich überhaupt eine Chance habe, an dem begehrten Ort eine Zulassung zu bekommen, also letztlich über die Zulassungskriterien. Wenn diese Informationen erfolgt sind, dann bewirbt sich der Bewerber zukünftig um die von ihm gewünschten Plätze, aber nicht direkt an den Hochschulen, sondern bei der Servicestelle. Die Bewerbung wird online erfolgen, das heißt, der Bewerber wird auch durch das gesamte Bewerbungsformular geführt. Inzidente Prüfungen verhindern, dass Fehler bei der Bewerbung gemacht werden. Also beispielsweise eine Bewerbung für Tiermedizin in Bielefeld ist nicht möglich, weil dort Tiermedizin nicht angeboten wird. Dann bekommt der Bewerber die Aufforderung, das Formular auszudrucken, zu unterschreiben und zusammen mit allen weiteren erforderlichen Unterlagen, insbesondere der beglaubigten Zeugniskopie ...

    Guckeisen: Aber das geht mir jetzt zu sehr ins Detail, Herr Bade. Die entscheidende Frage ist doch einfach, bisher konnte ich mich an jeder Uni bewerben, wo ich wollte. Hat natürlich, wie wir gesehen haben, nicht so wünschenswerte Folgen. Künftig soll es dann wieder so sein, dass die Bewerbungen eingeschränkt werden und zentral über die Servicestelle laufen, verstehe ich das richtig?

    Bade: In letzter Konsequenz werden Sie insoweit eingeschränkt, als der Bewerber zunächst einmal gezwungen wird, sich über seine Wünsche selber Klarheit zu verschaffen. Das heißt, es wird eine beschränkte Zahl von Wünschen nur geben. Und nach Prüfung der eingereichten Unterlagen werden sodann die Hochschulen in eigener Verantwortung über die Anträge entscheiden, alle Bewerber für dieses bestimmte Studienangebot an einem bestimmten Ort in eine Reihenfolge bringen. Diese verbindliche Rangliste wird wiederum der Servicestelle zurückgeschickt, und hier kann dann ermittelt werden, ob jemand auf mehreren Ranglisten in dem Bereich geführt wird, der eine Zulassungswahrscheinlichkeit nahe legt.

    Guckeisen: Das heißt, die Mehrfachbewerbungen würden ausgeschlossen, und das wäre dann sicherlich eine …

    Bade: Nicht nur die Mehrfachbewerbungen, sondern infolge der Mehrfachbewerbungen würden die Mehrfachzulassungen ausgeschlossen, so dass letztlich auf einen Bewerber nur eine Zulassung erfolgen wird.

    Guckeisen: Noch ganz kurz: Bis wann würde diese neue Servicestelle arbeiten können, wenn das jetzt alles glatt über die Bühne geht, politisch gesehen?

    Bade: Da muss man zwischen mehreren Schritten unterscheiden. Letztlich muss zum Vollausbau ein Staatsvertrag geschlossen werden zwischen den 16 Ländern zur Umwandlung der ZVS in eine Serviceeinrichtung in der Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts. Bis dieser Staatsvertrag von allen 16 Ländern ratifiziert worden ist, wird mit Sicherheit noch eine Zeit von anderthalb bis zwei Jahren vergehen. Gleichwohl wird die jetzige ZVS in Ansehung der Probleme der Hochschulen mit den großen Bewerbermengen bereits zum kommenden Wintersemester ihre Arbeit aufnehmen, und zwar in den Studiengängen Rechtswissenschaft sowie allen Wirtschaftswissenschaften an Universitäten.

    Guckeisen: Das heißt, Sie sind auf die Zukunft vorbereitet. Die Hochschulrektorenkonferenz berät in Berlin über die geplante Servicestelle für die Hochschulzulassung, und mein Gesprächspartner war Ulf Bade, der Geschäftsführer der ZVS in Dortmund. Danke.