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ZDFneo-Serie "Nix Festes"
Det is Berlin, wa?!

Humor ist, wenn man trotzdem lacht: ZDFneo zeigt eine neue Serie über Berlin und die "Generation Beziehungsunfähig" - mit viel Selbstironie und Blödsinn. Das ist tatsächlich lustig.

Von Julian Ignatowitsch | 27.02.2018
    Basti Huelz (Tim Kalkhof) bekommt zwei Küsse auf die Wange von Jonas Renner (Sebastian Fraesdorf) und Wiebke Busch (Josefine Preuß).
    Wiebke Busch (Josefine Preuß), Basti Huelz (Tim Kalkhof), Jonas Renner (Sebastian Fraesdorf). (ZDF neo / Claudius Pflug)
    Gleich vorab, weil es bei dieser Rezension eine wichtige Rolle spielt: Ich wohne nicht in Berlin, ich habe eine ambivalente Meinung zu dieser Stadt, für ein paar Tage ganz nett, ganz abwechslungreich, auf Dauer aber nervig und uniform in seiner ganzen Matcha-Latte-Hippness.
    "Lennarts Cafe, originellstes Kiez-Cafe in ganz Berlin, bekannt für seinen traditionell miesen Kaffee und die legendär schlechte Laune des Besitzers - sag mal hast du noch alle Zacken am Keks?"
    Ach ja und darüber kann ich lachen. Und damit zur Serie "Nix Festes", die man ganz einfach so zusammenfassen könnte:
    "Also im Grunde geht unsere Serie über so Leute um die 30, die in Berlin wohnen und ihren Platz im Leben suchen. Also eigentlich so wie wir."
    Jonas, 32, und Wiebke, 31, sind Autoren ohne Aufträge, sie hoffen auf den großen Wurf, verkaufen wollen sie sich dafür aber nicht:
    Wiebke: "Das sind die mit Abstand beschissensten Anmerkungen, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Das einzige, was man damit machen könnte ist, sie alle aufzuschreiben und in ein Buch zu packen mit dem Titel: 'Was ich am deutschen Fernsehen so alles hasse.' Nur mal so out-of-the-box gedacht. "
    Selbstironie bis Selbsthass
    Ein Satz wie so viele in "Nix Festes". Denn natürlich ist die Serie deutsches Fernsehen, so wie sie eben in Berlin spielt.
    Jonas:"Ich hab so die Faxen dick von Berlin. Die ganze Stadt ist doch ein einziges leeres Versprechen, beruflich und privat."
    Selbstironie bis hin zum übertriebenen Selbsthass - damit kokettiert das Format durchgehend und dieses Humorrezept geht größtenteils auf. Nur nicht zu wichtig nehmen und kein Klischee ist zu blöd, als dass man es nicht ad absurdum führen könnte:
    Lennart: "Sojamilch, Mandelmilch … ach komm. Ich hab doch immer gesagt: Das Hippe an meinem Laden ist, dass er so unhipp ist. Jetzt verkaufe ich Cortado, hab die Discounter-Salami vom Brötchen gepittelt und rühr Macho-Tees an."
    Typ mit Hut: "Matcha. Sind das Quinoa-Kekse? Dann würde ich einen nehmen."
    Lennart: "Quinoa-Keks. Will jemand einen Quinoa-Keks? 10 Euro."
    Ur-Berliner und Kaffebesitzer Lennart, die blöd-naive Youtuberin Jenny und der homosexuelle Gigolo Basti komplettieren das völlig überzeichnete Berlin-Quintett.
    Wie Pastewka oder Der Tatortreiniger
    Und so guckt man den Fünfen zu, wie sie heute das, morgen das machen, von einem Job zum nächsten, und von einer Bekanntschaft zur anderen wechseln. Die Serie hat Tempo, Charme und Gags, die dann am besten sind, wenn sie gar keiner Logik mehr folgen.
    Die Handschrift von Gagschreiber Markus Barth ist eindeutig durch seine Mitarbeit bei "Ladykracher" geprägt - und eigentlich fehlt nur noch Anke Engelke in der Hauptrolle.
    Wiebke: "Wenn Du willst können Oli P. und alle Behinderten-Puppen-Senioren Wuppertals gerne noch etwas dazu rappen."
    Obwohl, die ewig schlechtgelaunte Josefine Preuß aka Wiebke ist dann wohl doch Zielgruppen- und Berlin-passender. Und Tim Kalkhof aka Basti allein fast so gut wie das Homo-Pärchen in der amerikanischen Sitcom Modern Family.
    "Nix Festes" ist eine erfrischend leichtfüßige und quere Berlin-Persiflage, kein Meisterwerk, aber eine starke deutsche Comedy-Serie wie Pastewka oder Der Tatortreiniger, die man schnell und gerne wegguckt.
    Ob das auch Berlinern und Möchtegern-Berlinern gefällt, keine Ahnung. Falls nicht, spricht das aber für die Serie, und falls doch natürlich auch.
    Basti: "Schon vergessen? Des is Berlin, Baby!"
    Lennart: "Ja, det is Berlin. Zahlen könnte man ja auch mal."
    Ab 27. Februar 2018 immer dienstags 22.45 Uhr ZDFneo bzw. vier Folgen abrufbar in der ZDF-Mediathek.