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Zehn Jahre Bachelor

Absolventen sollten früher und jünger auf den Arbeitsmarkt kommen – das war jahrelang die Forderung von Wirtschaftsverbänden. Dann kam der Bachelor, doch er galt einigen Arbeitgebern bald als "Schmalspurstudium". Unternehmen gehen heute ganz unterschiedlich mit den Absolventen um.

Von Michael Braun | 08.08.2012
    Man kennt seine Grenzen, aber ausgegrenzt wird er nicht. Der Bachelor scheint bei großen Unternehmen akzeptiert, bei der Deutschen Börse etwa, die – weniger bekannt - mehr ein IT-Spezialist als ein Finanzdienstleister ist. Bis zu 150 Leute stellt die Börse jährlich ein, bis zu 90 Prozent davon benötigten einen akademischen Hintergrund, sagt Personalleiter Stephan Lutz. Der Bachelor gelte dabei als ein Abschluss unter anderen:

    "Das eine ist der akademische Hintergrund, die entsprechende Leistung, ob dort Bachelor- oder Masterstudiengang, ist für uns zweitrangig. Wichtig ist erst einmal auf jeden Fall der akademische Hintergrund, dass man dort die Denkfähigkeit, die Leistungsfähigkeit bewiesen hat. Genauso wichtig ist die Persönlichkeit. Und darüber hinaus kommen noch spezielle Qualifikationen in den einzelnen Funktionsbereichen, in denen wir einstellen. Namentlich hier zu nennen ist das Thema IT auf der einen Seite, wo man die Fähigkeiten sich nicht rein durch die akademische Bildung aneignen kann, sondern die auch anderweitig angeeignet werden können. Und auf der anderen Seite auch der Bereich Finanzmärkte, Kapitalmärkte, der oft in der akademischen Bildung nicht ganz so stark betont wird und wo die Bewerber durchaus die Chance haben, durch andere Aktivitäten, andere Tätigkeiten, sich zu qualifizieren beziehungsweise sich zu empfehlen für die Deutsche Börse."

    Ähnlich bei der Deutschen Bank. Sie ist Mitglied der Initiative "Bachelor welcome", stellt weltweit jährlich 700 Trainees ein, davon 200 in Deutschland. Hier liegt der Anteil derjenigen, die mit Bachelor-Examen eingestellt werden, bei einem Drittel – mit steigender Tendenz, wie eine Sprecherin berichtete. Die genossenschaftliche DZ Bank dagegen verlangt von den Akademikern, die mit Universitätsabschluss eingestellt werden, mindestens den Master. Für die Positionen, die anderswo Bachelor-Absolventen angeboten werden, greift sie auf Personal zurück, das sie in einem dualen Ausbildungsweg im eigenen Haus und an einer Berufsakademie ausgebildet hat.

    Der Lebensmittelkonzern Nestlé stellt jährlich 50 Hochschulabsolventen im Direkteinstieg ein, dazu etwa 15 Trainees. Nestlé-Sprecher Alexander Antonoff lässt nicht zu, den Bachelor als Abschluss von minderem Wert zu betrachten:

    "Überhaupt nicht. Bei Nestlé ist vor allen Dingen entscheidend, welche Persönlichkeit sich bei uns bewirbt. Und wir versuchen hier sehr stark aus den Lebensläufen zu gucken: Ist das jemand, der in unsere Kultur hineinpasst? Ist das jemand, der in diese potenziell zukünftige Abteilung als Person und mit seinen Eigenschaften rein passt? Was klar ist und was man immer sehen muss: Ein Bachelor ist in einem anderen biografischen Entwicklungsstadium als ein Master. Es muss ihm klar sein: Er kann einsteigen, aber später stellt sich die Frage der Spezialisierung in einer Position. Und da gibt es Bereiche, wie Marketing und Vertrieb, wo so etwas leichter geht. Aber nehmen Sie den ganzen technischen Bereich, den Ingenieurbereich. Hier sind gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Sie an der Uni oder der Hochschule lernen, unabdingbar."

    Da seien die fachliche Qualifikation und die Länge eines Studiums oft mitentscheidend.