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Zehn Jahre DOSB
Geburtstagsfeier mit Misstönen

Der Deutsche Olympische Sportbund DOSB feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Zum Festakt am 20.05.2016 wird viel Prominenz erwartet - sogar die Bundeskanzlerin hat ihr Kommen angekündigt. Doch so viel zu feiern gibt es eigentlich gar nicht.

Von Andrea Schültke | 15.05.2016
    Brasilianische Rhythmen, junge Menschen in poppiger Kleidung – alles dynamisch in Bewegung. Ende April 2016 präsentierte der Deutsche Olympische Sportbund mit großer Show die Kleidung, die seine Athleten bei den Spielen von Rio tragen werden. Hinter den Kulissen aber brodelt es - zehn Jahre nach Gründung des DOSB
    "Dieser Tag wird ein dickes Kapitel in der Sportgeschichte der Bundesrepublik Deutschland einnehmen", war Manfred von Richthofen überzeugt. Der damalige Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) hatte die Fusion von deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee (NOK) mit vorangetrieben.
    Fusion von DSB und NOK
    Gründe dafür waren das schlechte Abschneiden der deutschen Olympiamannschaft bei den Spielen von Athen 2004. Und die Verschmelzung von Breiten- und Spitzensport unter einem Dach. Klaus Steinbach, letzter Präsident des NOK erklärte:
    "Der Sport spricht in Zukunft mit einer Stimme. Er tritt geschlossen als Ansprechpartner für den Sport in Deutschland gegenüber Politik den anderen Gesellschaftlichen Gruppierungen auf. Er erhält damit ein verstärktes Gewicht im gesellschaftlichen Wettbewerb."
    So eines der angepeilten Ziele. Und zehn Jahre später?
    "Es ist nicht so, dass der DOSB dadurch mehr Durchschlagskraft gewonnen hätte, die wirklichen gesellschaftspolitischen Diskussionen gehen am DOSB völlig vorbei. Ich sehe keine handfesten Vorteile, die durch die Fusion entstanden sind", urteilt Herbert Fischer-Solms. Der ehemalige Deutschlandfunk-Redakteur hatte die Fusion als sportpolitischer Berichterstatter intensiv begleitet.
    Vor allem am ersten Präsidenten des neuen DOSB gab es viel Kritik. Thomas Bach warb eindringlich für die neue Dachorganisation: "Es geht hier um eine Fusion von zwei Organisationen, die im Wesentlichen die gleichen Mitglieder haben. Deswegen geht es auch nicht um Untergang. Es geht um Neuorientierung."
    Hat die Gründung des DOSB am Ende nur Thomas Bach genützt?
    Nämlich seine eigene, sagten Kritiker. Der Fechtolympiasieger Thomas Bach aus Tauberbischofsheim habe die größte Personenvereinigung des Landes nur benutzt, um im internationalen Sport selbst Funktionärs-Karriere zu machen. Inzwischen ist Bach Präsident des Internationalen Olympischen Komitees.
    Aber was hat er dem deutschen Sport hinterlassen? Auf jeden Fall seinen zweiten Mann: Michael Vesper. Den Grünen NRW-Sportminister hatte Bach zum ersten Generaldirektor des DOSB gemacht: "Es gibt sehr viele Berührungspunkte für den DOSB mit der Politik und hier kann Herr Vesper in besonderer Weise helfen."
    Inzwischen ist Vesper Vorstandsvorsitzender des Sport-Dachverbandes - und umstritten. Unter anderem werden ihm die beiden gescheiterten Olympiabewerbungen von München und Hamburg angelastet. Aber auch der amtierende DOSB-Präsident Alfons Hörmann ist angeschlagen. Vor zehn Jahren war Hörmann noch oberster Funktionär des deutschen Skiverbandes und damals einer der schärfsten Kritiker der Fusion:
    "Als Mann aus der Wirtschaft sei mir gestattet, festzustellen, dass 75 Prozent aller Fusionen in Deutschland und weltweit in der Wirtschaft und in allen Lebensbereichen nachweislich misslingen. Unsere Beurteilung ist die, dass beim jetzt vorliegenden Konzept die Grenze von Mut zur Waghalsigkeit überschritten ist."
    Viele Baustellen
    (*) Nun sollen Hörmann und Vesper gemeinsam die diversen Projekte bearbeiten. Ganz oben steht die Leistungssportreform und die Frage: Wie wird man von der Politik nicht entmachtet, bekommt aber trotzdem die 170 Millionen Euro vom Bundesinnenministerium? Und wie werden daraus mehr Medaillen?
    An Letzerem beißt man sich schon seit langem die Zähne aus. Vergeblich, sagt Arne Güllich. Bis 2008 im DOSB zuständig für Nachwuchsleistungssport. Der Sportwissenschaftler macht den Misserfolg an drei Fehlern im System fest:
    "Einmal die Stellung des DOSBs, der auf der einen Seite neutraler Gutachter und gleichzeitig Interessensvertreter der Verbände sein soll. Das zweite Kompetenz und Haftung fallen auseinander durch die planwirtschaftlichen Strukturen im System Eliteschulen, Olympiastützpunkte usw. Und die zunehmende Konzentration und Zentralisierung die ebenfalls nicht im Sinne von Medaillen funktioniert."
    So ist die Leistungssportreform Dauerthema und nur eines von mehreren Projekten in dem der DOSB keine gute Figur gemacht hat, sagen Kritiker. Sie halten ihm u.a. vor, das kürzlich beschlossene Anti-Doping-Gesetz blockiert zu haben.
    Die Show wie bei der Olympiaeinkleidung für die Sommerspiele in Rio kann nur auf den ersten Blick hinwegtäuschen über die Probleme des DOSB im Hintergrund.
    (*) Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde ein Satz gestrichen, der sich im Nachhinein als nicht belegbar erwies.