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Zeit kaufen für Reformen

Es gab viel politischen Streit und reihenweise Verfassungsklagen, doch nun haben die Euro-Finanzminister den Startschuss für den dauerhaften Rettungsschirm ESM gegeben. Die Kritik an mangelnder demokratischer Kontrolle des milliardenschweren Fonds bleibt.

Von Caspar Dohmen | 08.10.2012
    Ende September - mitten in Berlin sammeln sich auf dem Potsdamer Platz im Schatten der Verwaltung der Deutschen Bahn einige tausend Menschen. Sie warten darauf, dass die Demonstration beginnt, zu der einige Organisationen unter dem Motto "Umfairteilen" aufgerufen haben. Drei Frauen sind mit einer großen Figur beschäftigt, einem grauen Wolf mit fletschenden Zähnen, über dessen Schultern ein Schafspelz hängt:

    "Also wir bauen jetzt ein Bild auf, das soll symbolisieren, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Privatisierung einerseits und der Schuldenbremse und dem Mangel an Einkommen des Staates. Ja, hier ist eben der Wolf mit diesem Sack, den fünf Millionen, und das ist einfach eine ungerechte Art der Umverteilung, nämlich von den Steuerzahlern hin zu den Konzernen und zu den Unternehmen, die privat einfach Gewinn machen auf Kosten der Steuerzahler."

    Nicole Drehe ist mit einigen Aktivisten der Nichtregierungsorganisation Attac hier. Die 27-Jährige studiert Politik in Berlin. Sie kritisiert die Krisenpolitik der Regierungen und lehnt den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM ab.

    "Die ganze sogenannte Rettungspolitik ja eigentlich nicht den Staaten an sich zugute kommen, weil das Geld ja doch letztlich, hatten wir ja auch bei der Diskussion um den ESM gesehen, doch eigentlich den Banken zugute kommt, und insofern muss man da ganz stark betonen, dass es eben eine Bankenrettung ist, keine Staatenrettung oder keine Politik gegen die Überschuldung."

    Heute haben die 17 Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen in Luxemburg den Startschuss für den Rettungsschirm gegeben. Ursprünglich sollte er bereits im Juli die Arbeit aufnehmen. Doch in Deutschland gab es reihenweise Klagen gegen den ESM, darunter die der Linken-Fraktion des Bundestages oder des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler oder des Vereins "Mehr Demokratie", der rund 37.000 Bürger vertrat. Die Kläger kritisierten vor allem, dass der Bundestag originäre Zuständigkeiten in Haushaltsfragen an ein Gremium abgibt, das nicht direkt durch Wahlen legitimiert ist.

    Am 12. September wies das Bundesverfassungsgericht die Klagen ab und machte damit den Weg frei für die Ratifizierung des ESM. Am 27. September unterschrieb Bundespräsident Joachim Gauck das entsprechende Gesetz. Eine Stunde nachdem dies die Nachrichtenagenturen gemeldet haben, sitzt der FDP-Politiker Otto Fricke in seinem Abgeordnetenbüro im fünften Stock des Jakob-Kaiser Hauses. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages spricht von einer guten Nachricht:

    "Wir bekommen auf der europäischen Ebene, ich nenne es mal wirklich so, eine Feuerwehr, die auch als Feuerwehr funktionieren kann."

    Wichtig ist Fricke jedoch zu betonen, dass diese Feuerwehr nur ausrücken wird, wenn die Empfängerländer der Hilfe ihre Wirtschaft verändern.

    "Wir haben auch eine klare Gegenseite zu der Frage, wenn wir euch helfen, dann müsst ihr aber auch bestimmte Dinge tun."

    Drei Etagen tiefer, im zweiten Stock des Jakob-Kaiser Hauses, dämpft der Oppositionspolitiker Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, die Erwartungen an den dauerhaften Rettungsschirm.

    "Die Bedeutung für die eigentliche Krisenbewältigung wird meistens überschätzt. Mit einem ESM können sie vor allem Zeit kaufen, können sie vor allem eine kurzfristige Schwierigkeit überwinden, aber die eigentliche Aufgabe, einen zu hohen gesamtwirtschaftlichen Schuldenstand abzubauen, zurückzuführen, den nimmt uns der ESM nicht ab."

    Zeit brauchen die Griechen, Spanier oder Portugiesen in der Tat für die Reformen in ihren krisengeschüttelten Ländern. Es wird noch Jahre dauern, bis die Maßnahmen Erfolge bringen. In dieser Zeit brauchen die Länder weiter Geld. Doch zu wenige Anleger bringen die notwendige Geduld mit den Krisenländern der Eurozone auf. Und wenn sie die Staatspapiere kaufen, verlangen sie häufig sehr hohe Zinsen.

    Zunächst waren die Regierungen der Eurozone überzeugt gewesen, dass die Staatsschuldenkrise ein vorübergehendes Phänomen sein werde. Sie beschränkten sich deswegen im Juni 2010 auf die Schaffung eines zeitlich befristeten Rettungsschirms. Die Europäische Finanzierungsfazilität – kurz: EFSF. Darauf macht der Wirtschaftswissenschaftler Ognian Hishow aufmerksam, Europaexperte bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik:

    "Weil man einfach nicht geglaubt hat, dass die Krise sehr lange dauern wird. Im Gegenteil, man hat gehofft und so getan, als sei das eine Zufallserscheinung und ein vorübergehender Rettungsschirm würde es machen, und deswegen wurde er auch so eingerichtet, dass er irgendwann nach dem Jahr 2013 ausläuft und das es damit vorbei sein wird."

    Eine Fehleinschätzung. Neben Griechenland brauchten bald auch Irland und Portugal Hilfe. Mit dem dauerhaften Rettungsschirm ESM schreiben die Länder nun ihre gegenseitige Solidarität innerhalb der Eurozone fest. Die Länder der Eurozone verpflichten sich dauerhaft – eine Kündigungsklausel gibt es in dem Vertrag nicht.

    Gerade deshalb ist für Kritiker die Frage so essentiell, wer eigentlich den ESM kontrolliert: Als eine Art Aufsichtsrat agiert der Gouverneursrat, in dem die Finanzminister der 17 Euroländer und ihre Vertreter Mitglieder sind. Die Demonstrantin Nicole Drehe weist auf ein weiteres Problem hin:

    "Ich bin mit dem ESM auch nicht zufrieden, weil die Verwalter dieses Geldes eben auch Immunität genießen, das heißt sie sind eigentlich gefeit vor dem rechtsstaatlichen Zugriff der einzelnen Länder, also das finde ich eigentlich nicht in Ordnung, dass das dann über dem Recht steht."

    Auch der Deutsche Richterbund forderte am Wochenende, die Immunität des ESM und der Mitglieder des Entscheidungsgremiums abzuschaffen. Die schützt vor Gerichtsverfahren jeder Art. Der Richterbund warnte vor einem Ausstieg aus dem Rechtsstaat, wenn der ESM uneingeschränkt vor Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung oder anderen Zugriffen durch Behörden und Gerichte geschützt sei.

    Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil klargestellt, die Vorschriften über die Immunität und berufliche Schweigepflicht der ESM-Bediensteten dürfe nicht der umfassenden Unterrichtung des Bundestages und des Bundesrates entgegenstehen. Gleichzeitig stellten die Richter durch ihr Urteil sicher, dass nur mit Zustimmung des Bundestags eine Erhöhung der Haftungssumme Deutschlands von 190 Milliarden Euro möglich ist. Wie also funktioniert der ESM?

    Der Rettungsschirm kann vorbeugend oder im akuten Fall Kredite vergeben. Damit können Länder dann ihre Staatsschulden finanzieren oder angeschlagenen Banken frisches Kapital zur Verfügung stellen. Der ESM darf auch selbst Anleihen kaufen, wenn sie von Staaten ausgegeben werden. Man spricht dann von Anleihekäufen am Primärmarkt. Der Rettungsfonds darf zudem Anleihen kaufen, die im Umlauf sind. Dann spricht man von Anleihekäufen auf dem Sekundärmarkt. Außerdem müssen künftig alle Anleihen von Eurostaaten eine Umschuldungsklausel enthalten, wenn ihre Laufzeit länger als ein Jahr ist.

    Das ermöglicht einem Staat im Notfall mit seinen Gläubigern neue Bedingungen für die Anleihen auszuhandeln und beispielsweise deren Laufzeiten zu verlängern oder die Renditen zu senken. Auf diese Weise kann sich ein Staat, der in Zahlungsschwierigkeiten ist, Luft für Reformen verschaffen.

    Wie viel Geld kostet der Rettungsschirm den Steuerzahler? Ob Finnland, Slowakei oder Zypern – alle 17 Eurostaaten bürgen gemeinsam für ein Stammkapital des Rettungsfonds von 700 Milliarden Euro. Die Beteiligung richtet sich nach den Anteilen, die ein Staat an der Europäischen Zentralbank hat. Bei dem kleinsten Land Malta ist dies weniger als ein Prozent, bei Spanien sind es 11,9 und bei dem größten Anteilseigner Deutschland 27,15 Prozent. Deutschland haftet also für 190 Milliarden Euro. Aber hierbei handelt es sich um Garantien. Werden sie tatsächlich komplett in Anspruch genommen, kämen auf Deutschland Kosten von 190 Milliarden Euro zu. Allerdings hoffen die Politiker, dass ihre Maßnahmen verhindern, dass es soweit kommt.

    Doch es fließt auch direkt Geld in den Gemeinschaftstopf. Insgesamt 80 Milliarden Euro. Die Bundesregierung muss davon ein gutes Viertel, rund 21,7 Milliarden Euro, in fünf Raten bis 2016 an die Einrichtung in Luxemburg überweisen. Von einem Vorteil gegenüber dem bisherigen Rettungsschirm spricht deswegen Donata Riedel, finanzpolitische Korrespondentin für die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt":

    "Außerdem ist die Finanzierung stabiler, weil es eine Bareinlage gibt, von allen Staaten, also er enthält nicht nur Garantien für Kredite, sondern auch einen Teil richtiges, echtes Geld, was die Staaten jetzt in den nächsten zweieinhalb Jahren eben in diesen Fonds einzahlen werden. Das restliche Geld besorgt sich der Rettungsschirm dann, wenn er es braucht am Kapitalmarkt, und wenn er dann wiederum dieses Geld als Kredit vergibt, garantieren eben die ESM-Staaten, also die Eurostaaten dafür, dass diese Kredite nicht ausfallen."

    Sinn und Zweck eines solchen Rettungsschirms ist, dass er sich günstiger als ein Krisenland bei Anlegern mit Geld eindecken kann. Deutlich zu sehen ist dies bei dem vorübergehenden Rettungsschirm.

    "Der EFSF hat bisher ja die besten Bonitätsnoten und hat auch ohne Probleme es geschafft, Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen, also gerade jetzt in der letzten Zeit ist es, glaube ich, zwei Mal vorgekommen, dass der EFSF sogar beim Geld aufnehmen, beim Schulden machen, noch Geld verdient hat, weil die Leute unbedingt ihr Geld in den EFSF investieren wollten, weil das eben als ein sichereres Instrument gilt."

    Allerdings hängt die Bonität des Rettungsschirms indirekt von der Bonität der bürgenden Staaten ab. Verschlechtert sich die Kreditwürdigkeit der Staaten, sinkt auch die Bonität des Schirms. Dann verteuern sich die Kosten für die Refinanzierung der Hilfskredite. Entsprechend höhere Zinsen müsste dann ein Staat zahlen, der Kredite aus dem ESM erhält. Helfen kann der ESM ohnehin nur solange, wie nur einige wenige Staaten der Eurozone Hilfe brauchen. Die Rettungsmöglichkeiten des ESM sind begrenzt. Das betont auch der Politikberater Hishow.

    "Der Schirm, der alte beziehungsweise der neue, der ist insofern gut, als er in der Lage ist, kleinen Volkswirtschaften, die in Not geraten sind, tatsächlich zu helfen, sofern die Reformen dort greifen und sofern die Krise auch in diesen kleinen Volkswirtschaften überwunden ist. Er ist aber nicht in der Lage, die Verschuldungsprobleme der Eurozone zu lösen, zumindest nicht allein ohne Mitwirkung anderer Akteure."

    Monatelang hatten Regierungen und Märkte auf das höchstrichterliche Urteil aus Karlsruhe gewartet. Als die Richter grünes Licht für den ESM gaben, knallten die Sektkorken an den Börsen. Ferdinand Fichtner leitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung die Abteilung Konjunkturpolitik.

    "Die Krise, wie wir sie im Moment im Euroraum gerade erleben, ist eine Vertrauenskrise in dem Sinne, dass die Finanzmärkte nicht mehr dran glauben, dass die Einzelländer in der Währungsunion bereit oder in der Lage sind, ihre Schulden komplett abzubezahlen. Und die Rettungspakete, die Rettungsschirme und auch der ESM sind im Grunde schon geeignet, dieses Vertrauen wiederherzustellen und insofern eine gewisse Beruhigung an den Finanzmärkten zu sorgen."

    Nachdem heute der Startschuss für den dauerhaften Rettungsschirm gefallen ist, könnte es kurzfristig noch einmal unruhig in der Eurozone werden. Darauf macht der Ökonom Fichtner aufmerksam:

    "So widersinnig das zunächst mal klingt, führt die Einrichtung des ESM und die damit verbundene Stabilisierung der Finanzmärkte dazu, dass man bestimmte Szenarien wie beispielsweise einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion noch mal überdenken kann. Wenn wir Rettungsschirme haben, die Spanien und Italien vor den Schockwellen eines Austritts Griechenlands isolieren können, wird man diese Frage noch einmal neu diskutieren, und es kann deswegen noch einmal ein spannendes viertes Quartal werden."

    Neben Fichtner glaubt eine ganze Reihe von Experten, dass sich die Lage jedoch grundsätzlich beruhigen wird und mehr Investoren in den Euroraum zurückkehren könnten. Dieser Optimismus speist sich nicht nur aus den politischen Maßnahmen wie ESM und Fiskalpakt, sondern auch aus der Schützenhilfe der Europäischen Zentralbank, der EZB. Die Währungshüter haben sich für einen unbegrenzten Ankauf von Bonds aus Krisenländern entschieden, wenn diese Hilfen aus dem Rettungsschirm ESM bekommen und entsprechende Auflagen erfüllen.

    Wie bereits die amerikanische Federal Reserve und die Bank of England würde die EZB in einem solchen Fall unbegrenzt Geld drucken. Für den Politikberater Hishow ist dies ein gutes Zeichen:

    "Ja, eine konzertierte Aktion ist natürlich viel besser als sagen wir, die Hoffnungen alleine auf einen Akteur zu setzen, in dem Falle auf den ESM oder sagen wir auf die Europäische Zentralbank, also es muss wirklich ein facettenreiches Herangehen geben."

    Während im Krisenfall die Gremien des ESM geordnet über einen Hilfsantrag entscheiden, was Zeit kostet, kann die EZB die Märkte überraschen, was bei der Geldpolitik häufig eine entscheidende Wirkung hat. Darauf verweist die Finanzjournalistin Donata Riedel:

    "Sie kann die Finanzmärkte dann auch einfach mal mit einer großen Summe schocken, was der ESM nie könnte, weil da von vorneherein klar ist, mehr wie 500 Milliarden Euro sind in dem ESM nicht drin, und alles darüber hinaus würde dann eben zu einem Problem werden. Wohingegen das für die EZB, für die Zentralbank, nie ein Problem werden würde."

    Den staatlichen ESM finanzieren die Länder aus Steuereinnahmen. Die EZB kann dagegen für ihre Hilfsmaßnahmen das Geld selbst drucken. Für viele Kritiker ist damit der Weg zu hoher Inflation vorgezeichnet. Seitdem die Zentralbanken 2008 begannen die Märkte mit Geld zu fluten, sind die Inflationsraten jedoch nicht gestiegen. Mehr Geld bedeutet derzeit also nicht gleichzeitig mehr Inflation.

    Das könnte daran liegen, dass in der jetzigen Rezession viele Produktivkräfte brach liegen, also das Geld nicht in neue Fabriken gesteckt wird. Zudem parken die Banken das Geld lieber bei der EZB, als Kredite auszugeben. Das kann sich aber auch wieder ändern. Darauf macht der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick aufmerksam:

    "Der Vorwurf, dass jetzt das konkrete Tun der EZB heute oder die Gründung eines ESM die Inflation befördert, das ist falsch, das ist ökonomischer Kokolores. Richtig ist aber, wenn man dabei stehenbleibt und den Schuldenabbau nicht organisiert und keine wirtschaftspolitischen Impulse gibt, um die Realwirtschaft zu stärken, dann wird irgendwann der Druck da sein, der sich nur in einer Inflation entladen kann."

    Für die Länder, die Geld aus dem ESM bekommen und finanzielle Schützenhilfe von der EZB, ist die Hilfe mit einem Verlust an Souveränität verbunden. Denn die Kredite darf der ESM nur freigeben, wenn die jeweilige Regierung Strukturanpassungen in die Wege leitet. So kennt man das vom Internationalen Währungsfonds. Für die betreffenden Regierungen bedeutet dies eine Einschränkung ihres politischen Spielraums, für die Bewohner regelmäßig harte Einschnitte. Für die Überwachung der wirtschaftspolitischen Aufgaben zuständig ist die Europäische Kommission, möglichst gemeinsam mit dem IWF und der EZB.

    Anfang vergangener Woche hatte die Nachrichtenagentur Reuters gemeldet, Spanien wolle einen Hilfsantrag bei dem ESM für weitere Rettungsgelder stellen. Spaniens Regierungschef Rajoy hatte das sogleich dementiert.

    Die Staaten erhalten vom ESM Kredite, die sie verzinst zurückzahlen müssen. Durch die Inanspruchnahme der Rettungsschirme entstehen also weitere Schulden für den einzelnen Staat. Und deswegen könnte für angeschlagene Eurostaaten ein anderer Ausweg attraktiver sein, sagt Wirtschaftsforscher Ferdinand Fichtner:

    "Weil es unter Umständen für ein Mitgliedsland ja auch ganz attraktiv sein kann, eine teilweise Pleite, eine teilweise Zahlungsverweigerung könnte man es ja auch bezeichnen, hinzunehmen, schlicht und ergreifend, weil dadurch der Schuldenberg wesentlich schneller zurückgeht, als wenn die Schulden zwar über öffentliche Rettungsschirme finanziert werden, aber trotzdem ja noch da sind."

    Zwingend notwendig für eine langfristige Lösung der Krise ist ein Abbau der wirtschaftlichen Leistungsungleichgewichte in der Eurozone. Die Überschüsse in Deutschland sind genauso wenig gesund wie die Defizite in Griechenland oder Italien. Es ist ein langer Weg. Ognian Hishow:

    "Meine leider Gottes relativ pessimistische Erwartung ist, dass wir hier von Jahren sprechen und zwar von Jahren, entweder ohne Wachstum oder einem ganz geringen Wachstum, mit steigender Arbeitslosigkeit, mit steigendem Druck auf die nationalen Haushalte, steigenden Problemen im sozialen Bereich. Sie sehen, was in den einzelnen Ländern jetzt passiert, die Leute gehen auf die Straße und protestieren, aber es gibt keine eindeutige und schnelle Antwort auf die Fragen bzw. diese Probleme. Wir sprechen von einer Krisensituation, die sich noch etliche Jahre hinziehen wird."