Architekt Alfred Breslauer

Ein moderner Klassiker

Das Bild zeigt eine historische Aufnahme des Warenhauses Wertheim am Leipziger Platz in Berlin von 1935.
Das Warenhaus Wertheim am Leipziger Platz in Berlin. © imago
Robert Habel im Gespräch mit Sigrid Brinkmann  · 07.03.2018
Etwa 200 Gebäude sind nach Plänen von Alfred Breslauer in Berlin und Brandenburg errichtet worden. Heute ist er fast vergessen. Ein Colloquium Technischen Universität Berlin will den Architekten wieder zurück ins Gedächtnis rufen. Wir haben mit dem Mitorganisator und Kunsthistoriker Robert Habel gesprochen.
Von entscheidender Bedeutung für seine architektonische Laufbahn war zweifellos seine Zeit im Architekturbüro Alfred Messels, sagt Robert Habel. Beim Neubau des Warenhauses Wertheim an der Leipziger Straße habe er sich als Bauleiter verdient gemacht und habe den baulichen Umgang mit Eisen und Glas gelernt.
Das Kaufhaus Wertheim (Bauzeit 1896 bis 1906) sei damals ein "völlig neuartiges Gebäude" gewesen, das groß Furore gemacht habe und "als Erweckungserlebnis der modernen deutschen Architektur" interpretiert worden sei. "Mit einem seiner ersten Häuser, der heute noch bestehenden Polnischen Apotheke an der Friedrichstraße, hat er geschickterweise den ersten Nachbau dieses vertikal gegliederten Wertheim-Hauses ausgeführt und damit seinen Namen als Erneuerer in der Berliner Architektenschaft eigentlich manifestiert", so Habel.

Breslauer galt als Erneuerer

Am Anfang seiner Karriere sei Breslauer innovativ auf die neuen Tendenzen in der Architektur ausgerichtet und habe fortschrittliche Häuser gebaut. "Zum Beispiel die Häuser für die sozialdemokratischen Abgeordneten im Wedding an der Prinzenallee oder diverse Krankenhäuser.
Bis 1914 sei er in der Architekturszene präsent gewesen. Alle seine Bauten seien in den Architekturzeitschriften groß besprochen worden. Trotzdem sei er heute fast vergessen, so der Kunsthistoriker. "Breslauer hat nicht die Chance genutzt, seine Architektursprache nach 1919 zu überdenken oder etwas Neues daraus zu machen, sondern er hat einfach in dem alten Stil weitergebaut."

Er versäumte es, seinen Stil zu erneuern

Seine Villen- und Landhäuser baute er ab 1906 im Stil des preußischen Spätbarock und Frühklassizismus. Diese höchst innovative Stilphase des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurde damals zum Ausdrucksmittel deutscher Reformarchitektur erklärt, nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Stil als eher traditionell empfundenen.
Ungefähr 53 Prozent seiner etwa 200 Gebäude stehen nach Angaben Habels noch. "Die anderen sind nicht unbedingt im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen, sondern in den Abrisswellen der 60er- und 70er-Jahre, vor allem in Berlin."