Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Zeitungskrise in den USA
Neuanfang mit Schleudertrauma

Die "Los Angeles Times" ist die viertgrößte Tageszeitung der USA - und ihre Redaktion musste vielerlei Turbulenzen überstehen. Im Februar hat der Milliardär Patrick Soon-Shiong das Blatt gekauft und einen neuen Chefredakteur eingesetzt. Kommt das Blatt nun zur Ruhe?

Von Nicole Markwald | 14.08.2018
    Die Eingangstür zur "Los Angeles Times", Los Angeles, Kalifornien.
    Historischer Abschied: Die "LA Times" hat ihr altes Gebäude verlassen (imago/ Zuma Press)
    Schleudertrauma - dieses Wort bleibt hängen, wenn man Carolina Miranda fragt, wie die Stimmung bei der "Los Angeles Times" gerade ist.
    Schleudertrauma - so beschreibt sie die Wirkung dessen, was in den zurückliegenden Monate bei der viertgrößten Tageszeitung der USA geschehen ist.
    "Wir sahen Chefredakteure kommen und gehen, wir sind der Gewerkschaft beigetreten, wir bekamen einen neuen Eigentümer und dann sind wir auch noch umgezogen. Es fühlt sich wie ein Schleudertrauma an - wir freuen uns über einen neuen Besitzer, der Journalismus für wichtig hält, aber wir mussten uns auch nach fast einem Jahrhundert von unserem Zuhause verabschieden."
    Miranda hat den Gewerkschaftsbeitritt hautnah begleitet, sie ist zweite Vorsitzende der Gewerkschaftsgruppe bei der "LA Times". Im Januar entschied sich die Mehrheit der Angestellten für den Beitritt -auch um sich für die laufenden Auseinandersetzungen mit dem damaligen Eigentümer, der Mediengruppe Tronc, zu rüsten.
    Es ging um viel, nur nicht um Journalismus. So wurde zum selben Zeitpunkt Herausgeber Ross Levinsohn freigestellt. Er hatte Vorwürfe sexueller Belästigung aus seiner Zeit bei Yahoo und Altavista bei der Einstellung nicht erwähnt. Dann schlug sich Chefredakteur Lewis D'Vorkin nach Recherchen über unlautere Verbindungen zwischen Disney und der Stadt Anaheim nicht klar genug auf die Seite seiner Reporter.
    Rettung durch einen Arzt?
    Im Februar kam dann die überraschende Nachricht, dass die 137 Jahre alte Zeitung einen neuen Besitzer hat: Patrick Soon-Shiong.
    "The parent company of the Los Angeles Times has sold the paper to a billionaire doctor Patrick Soon-Shiong in a deal worth half a billion dollars."
    Der milliardenschwere Arzt Patrick Soon-Shiong hat die Los Angeles Time gekauft, berichtet der Radiosender NPR. Soon-Shiong ist in Los Angeles bekannt: als Mitbesitzer der Los Angeles Lakers, als Unternehmer und Krebsspezialist. Sein Vermögen wird auf zwölf Milliarden Dollar geschätzt. Er gab allein eine halbe Milliarde für die "LA-Times" aus - zuviel?
    "Vielleicht habe ich zuviel gezahlt. Es ist ok. So kann ich mich ganz auf Südkalifornien konzentrieren."
    Mäzene als neue Verlegerelite
    Soon-Shiong ist gebürtiger Südafrikaner mit chinesischen Wurzeln. Er reiht sich ein in die Liste anderer Tech-Millionäre, die sich im Journalismus versuchen: Amazon-Gründer Jeff Bezos hat die "Washington Post" gekauft, Ebay-Gründer Pierre Omidyar die Recherche-Plattform "The Intercept" gegründet. Er habe die "Times" nicht gekauft, um Geld zu verdienen, so der Geschäftsmann.
    "There is an opportunity to make a major impact on the nation. 'LA Times' is one of the three newspapers that could have a national/ international impact."
    Vielmehr glaube er daran, dass die "LA Times" zu einem der einflussreichsten Blätter werden kann. Das klingt wie Musik in den Ohren von Carolina Miranda und ihren Kollegen. Und schliesslich habe die "New York Times" gezeigt, dass es sich finanziell lohnen kann, in Journalismus zu investieren.
    "One of the things that the 'New York Times' has shown is that investment in journalism can lead to a profitable media business."
    Vor wenigen Wochen zog die "LA Times" von Downtown in den Vorort El Segundo. In einem unscheinbaren Bürogebäude zwischen Flughafen und achtspurigem Highway soll nun der Neuanfang gelingen.