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Zieht Bin Hammam seine Kandidatur zurück?

Am 1. Juni wird in Zürich der FIFA-Präsident gewählt. Joseph Blatter, seit 1998 Chef des Fußball-Weltverbandes, strebt seine vierte Amtszeit an. Sein Herausforderer ist Mohamed Bin Hammam aus Katar, Präsident der asiatischen Konföderation. Schien es zunächst, Bin Hammam könne eine Überraschung schaffen, so wendete sich das Blatt in den vergangenen Wochen zugunsten von Blatter.

Von Jens Weinreich | 19.05.2011
    Es könnte nun sogar sein, dass Joseph Blatter auf dem FIFA-Kongress per Akklamation im Amt bestätigt wird, wie schon 2007, als es keinen Gegenkandidaten gab. Nach Informationen des Deutschlandfunks soll Mohamed Bin Hammam von verschiedenen Seiten aufgefordert worden sein, seine Kandidatur zurückzuziehen. In den vergangenen Tagen hatten sich nacheinander die Kontinentalverbände aus Südamerika, Ozeanien, Europa und Afrika für Blatter ausgesprochen – oder hatten die Exekutivkomitees wie das der UEFA ihren Nationalverbänden die Wahlempfehlung gegeben.

    Nach gut unterrichteten Quellen gibt es derzeit zwei Szenarien im Wettbewerb um die FIFA-Präsidentschaft.

    Szenario eins: Demnach soll Blatters Führungszirkel Informationen über Bin Hammam gesammelt haben, die man gegen ihn ausspielen will. Dazu sollen Unterlagen über Stimmenkauf etwa bei vergangenen Wahlschlachten im asiatischen Verband AFC gehören. Angeblich soll FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke, ein Blatter-Getreuer, dem Katari im persönlichen Gespräch den Rückzug der Kandidatur nahe legen oder schon nahe gelegt haben.

    Szenario zwei besagt, dass Blatter sich vor wenigen Tagen mit Prinz Tamim Bin-Hamad Al-Thani getroffen und über drängende FIFA-Fragen gesprochen hat. Tamim, der Sohn des Emirs, ist wie Blatter IOC-Mitglied. Er soll seine Besorgnis darüber geäußert haben, dass die jüngst in England erhobenen Korruptionsvorwürfe gegen FIFA-Funktionäre die WM 2022 in Katar gefährden könnten. Es soll zu einem Deal zwischen Blatter und dem Prinzen gekommen sein, der besagt, dass Bin Hammam seine Kandidatur zurückziehe und der FIFA-Boss im Gegenzug alles unternehme, dass die WM in Katar ausgetragen wird.

    Mohamed Bin Hammam ließ auf Anfrage verlauten, er befinde sich derzeit in Asien auf Wahlkampftour, sei Präsidentschaftskandidat und gedenke nicht, das Handtuch zu werfen. Auf weitere Fragen des Deutschlandfunks ging er nicht ein.

    Rasante Wendungen sind in diesem Krimi nicht ausgeschlossen. Blatter kündigte unterdessen an, die FIFA habe sich angeblich mit der Zeitung "Sunday Times" geeinigt und werde deren Quelle befragen, die über Korruptionsfälle während der WM-Vergabe geplaudert hatte. Es geht um vermeintliche Millionenzahlungen aus Katar – Beweise dafür gibt es nicht. Als Drohgebärde passen diese Aussagen Blatters ins Bild. Es wird erwartet, dass sich Bin Hammam in Kürze erklärt.

    Vor diesem Hintergrund verblasst die Meldung, wonach der englische Verband FA verkündete, sich auf dem FIFA-Kongress wegen der geballten Korruptionsgerüchte der Stimme zu enthalten.