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Zollerleichterungen
Indien lässt Welthandelspakt scheitern

Das Bali-Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO), im vergangenen Jahr noch als Durchbruch gefeiert, wird vorerst nicht in Kraft treten. Die indische Regierung ließ die Frist für die Unterzeichnung verstreichen. Die EU, die USA und Wirtschaftsverbände sind enttäuscht. Die WTO hofft, Indien doch noch umstimmen zu können.

01.08.2014
    Ländervertreter verlassen ein Treffen im Hauptquartier der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf in der Schweiz am Abend des 31.07.2014.
    Indien ließ sich im Ringen um einen globalen Handelspakt in Genf nicht umstimmen. (afp / Fabrice Coffrini)
    Das sogenannte Bali-Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) von Dezember 2013 sollte den grenzüberschreitenden Warenverkehr vereinheitlichen und beschleunigen. Doch die letzte Frist zur Unterzeichnung des Protokolls, mit dem die Vereinbarungen der Welthandelskonferenz auf Bali besiegelt werden sollten, lief in der Nacht zum Freitag aus, ohne dass Indien unterschrieb. WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo sagte nach der entscheidenden Sitzung am Sitz der WTO in Genf, man habe alles versucht, um Indiens Regierung von ihrem Nein abzuhalten. Die Entscheidung werde Konsequenzen haben.
    Zwar waren Indien und einige wenige Unterstützer wie Kuba und Venezuela im WTO-Generalrat isoliert. Allerdings kann die Organisation wichtige Beschlüsse nur fassen, wenn sie von sämtlichen WTO-Staaten abgesegnet werden.
    Indien will arme Bevölkerung schützen
    Indien macht eine dauerhafte Ausnahmeregelung zur Bedingung für seine Unterschrift, um Grundnahrungsmittel für Millionen arme Menschen subventionieren zu können. Während der Verhandlungen im vergangenen Jahr auf der indonesischen Insel Bali hatte sich die Vorgängerregierung noch mit einer Übergangsregelung einverstanden erklärt.
    Australiens Handelsminister Andrew Robb erklärte, "dieser Misserfolg ist ein schwerer Schlag für die in Bali wieder hergestellte Zuversicht, dass die WTO ausgehandelte Ergebnisse liefern kann". Indiens Wirtschaft zeigte allerdings Verständnis für ihre Regierung: "Wir befürworten Handelserleichterungen, aber hier geht es um die Sorgen und Nöte von 700 Millionen Menschen", sagte ein Sprecher des Industrieverband CII.
    Gefahr des Abrutschens in die Bedeutungslosigkeit
    Bali wäre das erste multilaterale Abkommen der WTO seit ihrer Gründung im Jahr 1995 gewesen. Diplomaten warnten, die Organisation könne international an Bedeutung verlieren. Der Generaldirektor der 160 Mitglieder umfassenden Organisation äußerte die Hoffnung, Indien in den kommenden Monaten noch umstimmen zu können.
    Das Bali-Abkommen sollte auch die Verhandlungen der WTO-Mitglieder in Doha über einen umfangreichen Abbau von Zöllen, Kontingenten und Subventionen voranbringen, die 2001 gestartet waren. Die Gespräche kommen seit Jahren nicht voran. Deutschland moniert, dass die Bilanz bei der Stärkung des freien Welthandels in jüngster Zeit ernüchternd ausfalle. Trotz gegenteiliger Bekundungen nähmen protektionistische Praktiken zu.
    (tj/nin)