Freitag, 29. März 2024

Archiv

Zoologie
Hummeln können in dünner Luft fliegen

Den Flugfähigkeiten von Hummeln wurde bisher nicht gerade besonders viel zugetraut. Die Insekten haben jedoch erstaunliche Kraftreserven. Forscher haben herausgefunden, dass die Tiere in Höhen bis zu 9.000 Meter noch fliegen können.

Von Joachim Budde | 12.02.2014
    Eine Hummel fliegt auf eine Blume zu
    Eine Hummel im Anflug: Die Hummeln halten sich in der dünnen Luft, indem sie weiter mit den Flügeln ausholen, nicht etwa, indem sie sie häufiger schlagen. (dpa/picture alliance/Ralf Hirschberger)
    "In der Populärwissenschaft hält sich die Geschichte, dass Hummeln eigentlich gar nicht fliegen können dürften, so wie sie ihre Flügel halten."
    Doch die Tiere sind gar nicht diese dilettantischen Flieger, für die sie auch in der Fachliteratur häufig gehalten werden - wenngleich sie an einen Tanker mit Flügeln erinnern, sagt Michael Dillon.
    Der Zoologie-Dozent von der University of Wyoming im US-amerikanischen Laramie weiß, dass hinter dem lauten Summen der Hummeln mehr Kraft steckt, als man auf Anhieb denkt. Dillon untersucht seit Längerem, wie Organismen mit den Verhältnissen in großer Höhe klarkommen. Hummeln besiedeln viele Hochgebirgsregionen auf der ganzen Welt. Dillon und ein Kollege fingen in einem Gebirge in Westchina auf 3.400 Meter Höhe Hummeln der Art Bombus impetuosus ein und sperrten sie in einen Plexiglaswürfel.
    "Durch ein kleines Loch haben wir die Luft herausgepumpt und so den Luftdruck in der Kammer gesenkt, als würden wir die Hummeln die Berge hinaufbefördern. Im Schnitt konnten sich die Hummeln auch in Regionen über 8.000 Meter über Normal Null in der Luft halten, ein paar flogen sogar noch in Bedingungen, wie sie in über 9.000 Meter Höhe herrschen."
    Hummeln und Bienen können große Gewichte heben
    Gefunden haben Wissenschaftler Hummeln dieser Art lediglich bis zu einer Höhe von rund 5.000 Meter. Um noch höher fliegen zu können, benötigen die Tiere einige Kraftreserven. Zwar hatten Biologen schon vorher zeigen können, dass Bienen und Hummeln in der Lage sind, große Gewichte zu heben.
    "Solche Reserven aber haben wir nicht erwartet. Unsere erste Plexiglaskammer ist unter dem Luftdruck von außen zusammengebrochen, bevor die Hummeln drinnen aufgaben."
    Michael Dillon hat die Hummeln während des Experiments gefilmt, um dahinter zu kommen, wie sie in dünner Luft fliegen können.
    "Die Hummeln halten sich in der dünnen Luft, indem sie weiter mit den Flügeln ausholen, nicht etwa, indem sie sie häufiger schlagen. Wir wissen allerdings nicht, wie sie mit der niedrigen Sauerstoffkonzentration klarkommen. Das wollen wir bald untersuchen."
    Bleibt also die Frage, warum die Tiere über so große Kraftreserven verfügen. Wären die überflüssig, hätten die Hummeln sie im Laufe der Evolution längst verloren.
    "Die Hummeln machen das nicht, um auf den Mount Everest zu fliegen. Aber wir wissen, Hummeln sammeln auf Blumen Nahrung, und sie können leicht ihr Körpergewicht verdoppeln, wenn sie sich mit Nektar volltanken, um ihn heim ins Nest zur Brut zu tragen."
    Bessere Fluchtmöglichkeiten vor Fressfeinden
    Aber auch ohne Ladung geraten die Hummeln in Situationen, wo sie schnell Gas geben müssen. Etwa bei der Paarung.
    "Die Männchen vollführen akrobatische Flugmanöver, wenn sie um Weibchen kämpfen. Und der dritte Grund: Stellen Sie sich vor, die Tiere müssten sich schon anstrengen, um sich überhaupt in der Luft zu halten. Käme dann ein Räuber vorbei, würden sie gefressen. Vermutlich brauchen die Tiere den extra Schub, um vor Fressfeinden zu fliehen."
    Hätten die Hummeln also an Kraft zum Fliegen gespart, wären sie wohl in einer evolutionären Sackgasse gelandet.