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Zu ähnliche Elche

Biologie. - Die biologische Vielfalt nimmt nicht nur durch das Aussterben von Tierarten ab, auch ein Verschwinden genetischer Unterschiede zwischen Individuen ein- und derselben Art ist eine Gefahr für die Artenvielfalt. Davon sind zahlreiche Tier- und Pflanzenarten betroffen - in Alaska etwa die Elche.

Von Monika Seynsche | 21.05.2008
    Hinter Kris Hundertmarks Bürofenster liegt der Parkplatz der Universität von Alaska in Fairbanks. Ein paar Geländewagen stehen auf der schmalen Asphaltfläche.

    Dahinter beginnt der Wald, und mit ihm der Lebensraum von Kris Hundertmarks Studienobjekten. Elche streifen dort durch Sträucher, Büsche und Laubbäume. Die Temperaturen in Alaska steigen schon seit einigen Jahrzehnten und der Lebensraum der Elche breitet sich immer weiter nach Norden aus. Weiden und Sträucher besiedeln ehemals karge Tundra-Böden. Das sei gut für die Elche, sagt der Biologe.

    Elche, so meint er, könnten zu den Gewinnern des Klimawandels gehören. Wenn da nicht ein Problem wäre.

    " Was uns Sorgen macht, ist die Tatsache, dass die Zahl der Elche in der Vergangenheit mehrmals stark abgenommen hat, und während dieser Zeiten hat die Art eine Menge ihrer genetischen Vielfalt verloren. Heutzutage sind sich alle Elche auf der Welt genetisch sehr ähnlich. "

    Seit Jahren vergleicht der Forscher das Erbgut von europäischen, asiatischen und nordamerikanischen Elchen. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hängt eine Urkunde, die Kris Hundertmark als Elchbiologen des Jahres 2007 ausweist. Verliehen auf der Nordamerikanischen Elchkonferenz.

    " Das Problem ist, die genetische Vielfalt ist die Voraussetzung dafür, sich an Veränderungen anpassen zu können. Wenn Elche kein genetisches Reservoir haben, aus dem sie schöpfen können, um auf den Klimawandel zu reagieren, dann werden sie sich irgendwann nicht mehr anpassen können und möglicherweise zu großen Verlierern werden. "

    Sorgen bereitet dem Biologen besonders ein Parasit, der in weiten Teilen Nordamerikas vorkommt. Normalerweise lebt er im Hirnstamm von Weißwedelhirschen. Für die Hirsche ist er ungefährlich, aber befällt er Elche, so tötet er sie. In Ost- und Zentralkanada ist der Parasit weit verbreitet - dort gibt es kaum noch Elche.

    " Dieser Parasit kommt noch nicht in Alaska vor, da er unter den klimatischen Bedingungen hier nicht überleben kann. Im Zuge des Klimawandels werden die sich aber ändern und der Parasit könnte dann hier hergelangen. Elche sterben durch diesen Parasiten und da sie sich alle genetisch so ähnlich sind, werden wir auch nicht plötzlich eine Gruppe finden, die mit dem Parasiten zurecht kommt. "

    Für die Elche hat der Klimawandel zwei Seiten: Noch profitieren sie davon, dass sich ihr Lebensraum mit den steigenden Temperaturen immer weiter nach Norden ausbreitet. Aber ihnen fehlt die genetische Vielfalt. Und das könnte ihnen in der Zukunft zum Verhängnis werden.