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Zu Gast bei Freunden?

Viel wurde im Vorfeld der Europameisterschaft über mögliche Sicherheitsprobleme, Unterkünfte und Reiseverbindungen diskutiert. Zum Ende des Turniers zeigt ein Umfrage, dass 84 Prozent der ausländischen Gäste mit der Organisation zufrieden waren.

Von Florian Kellermann | 30.06.2012
    Die Europameisterschaft ist mit dem Spiel vom Donnerstag nicht nur für Deutschland vorbei, sondern auch für das Gastgeberland Polen. 15 der insgesamt 31 Spiele fanden hier statt, das Finale wird morgen in Kiew in der Ukraine steigen. Obwohl die polnische Mannschaft schon in der Gruppenphase ausschied, sprechen polnische Beobachter von einem Erfolg für das Land. Eine Umfrage zeigte, dass 84 Prozent der ausländischen Gäste mit der Organisation zufrieden waren.

    So auch Hardy Ahrens aus Braunschweig.

    "War alles super, hat super geklappt. Es war in der Stadt keine Aggression, oder was weiß ich, Schlägereien, es war alles super organisiert gewesen, sehr freundlich empfangen worden, war alles sehr schön."


    In der Fanzone am Warschauer Kulturpalast finden seit dem Halbfinale nur noch wenige Besucher ein. Knapp eine Million Menschen kamen in den vergangenen Wochen hierher, ohne nennenswerte Sicherheitsprobleme.

    Auf den Straßen der polnischen Hauptstadt war das nicht immer so. Beim Spiel zwischen Russland und Polen kam es zu Schlägereien zwischen Hooligans aus den beiden Ländern. Die Polizei nahm fast 200 Menschen fest. Bei späteren Begegnungen blieb es ruhig, auch weil die Uniformierten ihre Taktik geändert hatten: Statt die Fans durch Polizeiketten voneinander zu trennen, bildeten sie viele kleine Gruppen.

    Die meisten Fans fühlten sich sicher. Auch die Orientierung habe einigermaßen geklappt, sagt Lutz Spendig aus Düsseldorf.

    "Die Polen sind schon bemüht, zum Beispiel, wenn man nach dem Weg fragt, sind sie sehr bemüht, einem zu helfen, auch die Volunteers. Das einzige Problem war, zum Beispiel im Stadion in Danzig, viele Leute haben kein Englisch gesprochen."

    Viele hatten damit gerechnet, dass Polen sich gut präsentieren würde. Anders war das beim Co-Gastgeber Ukraine. Der stellte manche Investitionen erst in letzter Minute fertig - und viele Hotels waren entweder überteuert oder kaum zumutbar. Wer zum Beispiel über die Uefa in Lemberg eine Unterkunft der unteren Preiskategorie buchte, landete in einem völlig heruntergekommenen Dreibettzimmer im Studentenwohnheim - für immerhin noch 72 Euro.

    Aber die euphorische, herzliche Stimmung machte vieles wett. Das Land habe die einmalige Chance gehabt, sich Europa zu präsentieren, erklärt Tanja Schenschytsch, die gemeinsam mit ihrem Mann in Lemberg kostenlos deutsche Fans bei sich wohnen ließ.

    "Ich hoffe sehr, dass die Besucher unser Land jetzt mit anderen Augen sehen. Sie haben erlebt, dass wir ganze normale Menschen sind, offen und herzlich, dass wir den Gästen nicht das Geld aus der Tasche ziehen wollen."

    Bei Thorben Korfhage, Student der Volkswirtschaftslehre aus Berlin, kam diese Botschaft an.

    "Ich hab das Gefühl, dass die Leute total gastfreundlich sind, die sind sehr froh, dass wir hier sind. Beim Trampen hatten wir das gemerkt. Die Leute haben angehalten, waren total hilfsbereit. Die haben uns zum Essen eingeladen, haben uns Kaffee gekauft. Da spielt wahrscheinlich auch die Sprachbarriere eine Rolle. Es dauert eine Weile, bis sie warm werden. Aber wenn man auf sie zugeht, sind sie super gastfreundlich."

    Die meisten Fans haben inzwischen die Heimreise angetreten. Trotz der schmerzlichen Niederlage im Halbfinale überwiegen die positiven Erinnerungen an das erste große Fußballturnier in Osteuropa.