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Zu gut um wahr zu sein

Drei Tage lang haben wir in Campus und Karriere über Chefs geredet - und wie man mit ihnen umgehen kann. Ihre Macken haben sie alle. Heute nehmen wir den idealen Chef unter die Lupe.

Von Rüdiger Maack | 20.01.2011
    Wissenschaftler zeichnen ein düsteres Bild - 60 Prozent aller Vorgesetzten, das wollen deutsche Forscher herausgefunden haben, haben leichte bis mittelschwere Neurosen, ein Prozent sogar schwere.

    "Es gibt tatsächlich bei Führungskräften mehr psychische Krankheiten als in der Normalbevölkerung. Das klingt jetzt nicht sehr schmeichelhaft für Führungskräfte, das heißt auch nicht, dass die alle psychisch gestört sind."

    Beruhigend, dass sie nicht alle gestört sind, sonst hätte Felicitas von Elverfeldt wohl ein Problem - Chefs sind nämlich die Klientel, die sie in ihrer Frankfurter Agentur berät.

    "Ich spreche manchmal über diese Zahl, dann schmunzeln die und denken natürlich sehr viel an andere Kollegen aus dem Umfeld, sich selbst ausgenommen, so frei nach dem Motto: Ich würde meine Schwächen ja zugeben, wenn ich welche hätte, es gibt aber auch Kunden, wo ich das durchaus ansprechen kann."

    Andererseits: Chef sein ist auch wirklich nicht einfach. Erstens müssen sie erfolgreich sein, verkaufen, produzieren oder was auch immer. Zweitens haben auch Chefs meistens Chefs, bei denen sie angestellt sind. Und drittens haben sie dann auch noch Mitarbeiter, von denen jeder sich was anderes wünscht:

    "Ein Chef, der es wirklich gelernt hat zu delegieren. Der bei Entscheidungen hinter Dir steht und ein Chef, der da ist und doch nicht da ist. Das heißt, er steuert im Hintergrund. Weil die Arbeit wird nach wie vor von der Masse gemacht und nicht von den einzelnen. Und die große Kunst ist es delegieren zu können. Und eine gute Informationspolitik zu betreiben. Es ist einfach gut zu wissen, was andere machen, inwieweit tangiert mich das, inwieweit kann ich das in meine Arbeit einfließen lassen? Was sind die Ziele? Und das Feedback auch - hab ich's gut gemacht, hab ich's schlecht gemacht, kann man das verbessern?"

    "Ein Chef, der einem sehr viele Freiheiten lässt, dass man eben auch seine Ideen selbst verwirklichen kann, das meines Erachtens mit das Wichtigste, und was für mich persönlich eine große Rolle spielt: dass, wenn es mal Probleme gibt, dass die dann auch sachlich geklärt werden, das sind für mich wesentliche Punkte."

    "Man muss respektvoll miteinander umgehen, eine gewisse Ehrlichkeit wünsche ich mir, auch wenn mal was schief läuft, dass das auch angesprochen werden kann, und meinen Arbeitsbereich mir zutrauen und mir auch gewisse Handlungsfreiheit lassen."

    Klingt wie die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau.
    Stimmt, sagt Felicitas von Elverfeldt.

    "Es gibt weder ideale Eltern noch gibt es ideale Führungskräfte."

    Das wissen auch die Angestellten. Thomas zum Beispiel, der die große Freiheit will von seinem Chef. Der PR-Berater hat immerhin im Moment Glück.

    "Den idealen Chef gibt's nicht. Aber zumindest was dem sehr nahe ist, mein jetziger Chef ist in der Hinsicht.... ja!"

    Auch wenn es ihn nicht gibt, darf man ja mal träumen. Elke Rosemond und Elke Wolf haben beide Agenturen, die Mitarbeiter schult und trainiert.

    "Der ideale Chef, die ideale Führungsperson ist auch in sich geruht, weiß, wer sie ist, weiß, welcher Mensch er ist, er weiß aber auch sehr wohl und er interessiert sich auch dafür, wen hab ich ihn meinem Team, was hab ich für Mitarbeiter, was hab ich für Menschen? Welche Stärken haben die Menschen, welche Schwächen haben die Menschen? Sitzt die Person X an der richtigen Stelle?"

    "Kooperativ, teamfähig, sollte Bereitschaft zeigen, auch Lob und Anerkennung auszudrücken, kommunikativ vor allen Dingen! Und für beide Seiten gilt, Angestellte wie Chef, authentisch bleiben."

    Wichtig ist: verstehen, warum mein Chef sich so verhält, wie er sich verhält. Das muss man nicht gut finden, aber man kann sich darauf einstellen!

    "Wenn ich mein eigenes Verhalten verändere, verändert sich meist auch das des Gegenübers."

    Den idealen Chef gibt's nicht, man kann seinen auch nicht zu einem anderen Menschen machen, deshalb bleibt nur eines übrig: Man lebt mit dem Chef, den man hat, akzeptiert seine Macken, und findet die richtige Einstellung. Eben so wie in jeder guten Beziehung.

    Serie "Die Chef-Typen":
    Alles wird gut: Laisser-faire als Führungsstil
    Die Ich-AG: der Narziss
    Der Kontroll-Freak