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Zu viele Masterbewerbungen

Nach dem Bachelor-Studium möchten die meisten Studierenden noch den Master erlangen. Doch das ist keineswegs immer möglich. Auf einen Masterstudienplatz bewerben sich oft zehn Bachelors - ein groteskes Missverhältnis.

Von Karl-Heinz Heinemann | 31.08.2010
    "Ich habe mich beworben in Bochum, Bremen, Hamburg, Köln, Bonn, Düsseldorf, Jena, Chemnitz und Berlin."

    Klaas Rodenacker gehört zum ersten Studienjahrgang, der in Köln nach sechs Semestern seinen Bachelor in Psychologie bekommt. Und wie alle seine Kommilitonen will er gleich mit dem Masterstudium weiter machen, denn nur damit kann er dann eine Therapieausbildung anfangen. Denn ob man mit einem Bachelor in Psychologie etwas anfangen kann, das weiß so recht noch niemand. Am liebsten wäre es Klaas Rodenacker, wenn er in Köln sein Studium fortsetzen könnte. Aber prinzipiell wäre er auch offen für einen anderen Studienort. Das Problem: Es gibt unterschiedliche Fristenregelungen. In Köln war am 15. Juli Bewerbungsschluss, andere Unis haben die Frist schon früher beendet:

    "Sodass wir in Köln zum Beispiel gar keine Chance hatten, uns da zu bewerben, weil man ein vorläufiges Zeugnis ausgestellt bekommen haben musste, eine bestimmte Anzahl von Creditpoints haben musste, und das war einfach nicht möglich an der Kölner Uni."

    Aufgrund der vielen Anfragen war das Kölner Prüfungsamt völlig überlastet und nicht in der Lage ein vorläufiges Zwischenzeugnis auszustellen. Stattdessen gab man ihm dort den Rat sich auch ohne Zusage gleich für das Wintersemester einzuschreiben und die 700 Euro Studiengebühren und Semesterbeiträge zu überweisen. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er trotz seiner Durchschnittsnote von 1,8 keineswegs seinen Studienplatz sicher hat.

    "Man hat jetzt drei Jahre hier studiert und eigentlich, ich finde, mit einem 1,8-Durchschnitt bin ich eigentlich sehr zufrieden, und man lässt einen so ein bisschen in der Luft hängen. Man weiß halt nicht, diese Ungewissheit, ob man überhaupt einen Platz kriegt oder wo, das belastet schon etwas."

    Inzwischen hat die Kölner Uni die ersten Zusagen für Master-Studienplätze verschickt. Bislang war Klaas nicht dabei. Dennoch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben. Denn bis Mitte September haben die Studienplatzgewinner der ersten Runde Zeit, sich zu entscheiden, ob sie wirklich nach Köln gehen oder nicht. Sollte es Absagen geben, könnte Klaas doch noch mit einer Zusage rechnen. Aber auch das ist keinesfalls sicher. Insgesamt vergibt die Uni Köln lediglich 80 Master-Studienplätze. Darauf haben sich aber 700 Studenten beworben. Der Sprecher der Kölner Universität, Patrick Honecker:

    "Alle Hochschulen stellen im Moment fest, dass die Nachfrage nach Masterstudienplätzen erheblich größer ist, als vormals präjudiziert worden ist. Das ist für die Universität Köln zum Beispiel im Moment ausgesprochen unbefriedigend. Wir möchten natürlich, dass unsere Studierenden, die hier den Bachelorabschluss gemacht haben, auch die Möglichkeit haben, einen Masterstudienplatz, wenn sie den dann haben wollen, auch zu bekommen. Derzeit ist es allerdings so, dass das, was an Wünschen, hier ein Studium aufzunehmen formuliert wird, erheblich das Angebot an Studienplätzen überschreitet."

    Offenbar gibt es nicht nur in Köln das Problem fehlender Masterstudienplätze. Bisher hat Klaas zwei Absagen bekommen, und einen Bescheid aus Münster:

    "In Münster wurde mir noch gesagt, ich bin auf Rang Reihe 299, also, den Platz kann ich sofort abschreiben. Von Köln habe ich noch nichts gehört."

    Fakt ist: Nicht jeder Bachelor-Student wird im direkten Anschluss einen Master-Studienplatz bekommen. Auch in Köln ist das so. 120 Psychologen haben dort in diesem Semester ihren Bachelor-Abschluss gemacht. Demgegenüber stehen aber eben nur 80 freie Master-Plätze. In Psychologie wie in den Naturwissenschaften kann man mit einem Bachelor allein nichts anfangen. Dieses groteske Missverhältnis von zehn Bewerbungen auf einen Master-Platz wird sich noch zurechtrücken. Doch wer sich wo für sein zugesagtes Master-Studium eingeschrieben hat, wird sich letztlich erst Anfang zeigen.

    Gestern stand Klaas Rodenacker wieder in der Schlange im Kölner Studentensekretariat, um sich zu exmatrikulieren. Er hat jetzt eine Zusage aus Hamburg bekommen. Und er muss sich noch in dieser Woche in Hamburg einschreiben, wenn er den Studienplatz dort annehmen will. Und das heißt, auch dort 700 Euro einzahlen, obwohl er die in Köln bezahlten frühestens im Oktober zurückbekommt.