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Zu wenig Transparenz bei Vermögensanlagen

Finanzdienstleister müssen Verbrauchern einfache und kurze Informationsblätter zu allen Vermögensanlagen zur Verfügung stellen, so will es das Gesetz. Ein Test zeigt jetzt allerdings: Die rechtlichen Vorgaben werden nur selten erfüllt.

Von Philip Banse | 21.05.2013
    Wie so oft hakt es an Transparenz und konkreter, umfassender Information. Die Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Bundesverband haben sich 24 Vermögensanlagen-Informationsblätter angesehen. Diese Beipackzettel müssen Unternehmensbeteiligungen beiliegen. Wir reden hier also nicht von Riesterrenten oder Hausratversicherungen, sondern von Genussrechten, Namensschuldverschreibungen und vor allem von geschlossenen Fonds, Finanzprodukte also, mit denen Menschen in konkrete Objekte investieren, ein Hotelkomplex etwa oder ein Schiff, um am Ende mit dem Objekt Gewinn zu machen. Diese Geschäfte sind sehr riskant, sagt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Es ist ein Produktmarkt, der ausgeprägte Verluste für Verbraucher erzeugt hat. Es gibt zwar keine zuverlässigen unabhängigen Statistiken über die Verluste, aber Marktexperten schätzen, dass 50 bis 70 Prozent der Fonds, die in den letzten 20 Jahren aufgelegt wurden, echte Verluste für Kapitalverleger erzeugt haben. Legt man die im Emissionsprospekt in Aussicht gestellten Renditen als Benchmark an, so gehen die Schätzungen dahin, dass in 90 Prozent der Fälle die Anlageziele nicht erreicht wurden."

    Umso wichtiger sind also die Vermögensanlagen-Informationsblätter, die Verbraucher über die Anlage-Strategie, das Anlage-Objekt und die vor allem die Risiken aufklären sollen. Diese gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen erfülle keines der 24 untersuchten Informationsblätter, sagt Stephan Kühnlenz von der Stiftung Warentest – die lückenhafte Risikoaufklärung habe gar System:

    "Der Verband geschlossener Fonds, VgF, hat ein Musterblatt entwickelt. Da in diesem die Risiken vorformuliert sind und nur einige Freifelder ausgefüllt werden müssen, werden bei vielen Fonds keine individuellen Fondrisiken mehr genannt. Gerade bei Immobilien sind aber Faktoren wie der Standort, die Vermietungssituation, die Mieter, der spätere Verkaufspreis entscheidend für den Erfolg oder den Misserfolg eines Fonds."

    Außerdem seien viele Informationsblätter nicht wie vom Gesetz gefordert im Internet abrufbar gewesen. Viele Informationsblätter würden Investoren zahlreiche Kosten verschwiegen. Sehr hohe Risiken, mangelhafte Aufklärung – geschlossene Fonds kämen nur für rund ein Prozent der deutschen Verbraucher überhaupt infrage, sagt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Unabhängig von dem hier vorgestellten Ergebnis stellen wir noch mal die Frage zur Diskussion, ob es überhaupt angemessen ist, diese Produkte an Verbraucher vertreiben zu lassen."

    Die entsprechende EU-Richtlinie gehe nicht davon aus, dass geschlossene Fonds an Verbraucher verkauft werden, lasse aber nationale Ausnahmen zu - nur drei Länder machten davon Gebrauch, unter anderem Deutschland. Wenn geschlossene Fonds, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen weiter an Privatleute verkauft werden dürfen, müssten strengere Regeln her: Die Provisionen der Vertriebler müssten begrenzt werden. Außerdem müssten die Preise für Beteiligungen extern festgelegt und überprüft werden, weil es keine Preisbildung an der Börse gebe und Beteiligungen oft zu teuer verkauft würden. Zudem müsste Verbrauchern verboten werden, mehr als fünf Prozent ihres Vermögens in solche Produkte zu investieren. Die Kontrolle des Direktvertriebs geschlossener Fonds müsse den Gewerbeämtern und Handelskammern entzogen und der staatlichen Bankenaufsicht Bafin übertragen werden. Außerdem sollten geschlossene Fonds einen Warnhinweis bekommen:

    "Wir fordern, ähnlich wie in der Zigaretten-Werbung, dass auf der Verpackung steht: Die Anlage kann mit einem Totalverlust verbunden sein und ist nur für Anleger geeignet, die einen solchen Totalverlust finanziell tragen können und bereit sind, einen solchen hinzunehmen. Die Beteiligungen sind oft schwer zu veräußern und eignen sich nicht zur Altersvorsorge."