Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Zukunft des Friedensabkommens
Richtungswahl in Kolumbien

In Kolumbien findet die erste Runde der Präsidentschaftswahlen statt. Sieben Kandidaten stellen sich den 36 Millionen Wahlberechtigten. Es ist eine Richtungswahl - mit der auch über die Zukunft des Friedensabkommens mit der FARC-Guerilla entschieden wird.

Von Burkhard Birke | 27.05.2018
    Kolumbiens Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos bei einer Podiumsdiskussion auf dem Katholikentag in Münster
    Wer wird in Kolumbien zum Nachfolger von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos gewählt? (picture alliance/ dpa/ Guido Kirchner)
    Diese Wahl ist eine Richtungswahl. Sieben Kandidaten stellen sich den 36 Millionen Wahlberechtigten als Nachfolger von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Nur fünf von ihnen werden freilich überhaupt Chancen eingeräumt. Selten war Kolumbien bei einem Urnengang so gespalten. Es geht um die künftige Ausrichtung des Landes und den Erhalt des vor allem von Regierungsseite bislang eher zögerlich umgesetzten Friedensprozesses mit der FARC-Guerilla, die mittlerweile FARC-Partei geworden ist. Deren Kandidat hat aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. Dennoch hat die Linke mit Gustavo Petro einen populären Kandidaten im Rennen.
    Gustavo Petro: früherer Guerillakämpfer und Kandidat der Linken
    "Wir müssen diese jämmerliche Wirtschaft in eine hochproduktive verwandeln, die Gesellschaft des Wissens einführen, die Qualität der Bildung der staatlichen Universitäten verbessern, die gratis werden muss, ein Pflegesystem einführen und eine Epoche des Friedens einläuten."
    Dieser zum Teil populistisch anmutende Diskurs Petros mobilisierte die Massen. Der frühere Guerillakämpfer der M19 liegt in den Umfragen auf Platz zwei, hinter dem ultrakonservativen Ivan Duque.
    "Wir wollen für alle mit allen regieren - ohne in den Rückspiegel, sondern nur nach vorne zu schauen. Viele Bürger setzen auf die neue Generation, die Vetternwirtschaft und Politikintrigen hinter sich lassen will."
    Ivan Duque liegt in den Umfragen vorne
    Der 41-Jährige setzt auf neoliberale Wirtschaftskonzepte und seine Jugend, hinter ihm freilich steht ein Alter, umtriebiger: Ex Präsident Alvaro Uribe, ein scharfer Kritiker des historischen Friedensvertrages. Duque hat angekündigt das Abkommen zu modifizieren. Er will vor allem härtere Strafe für Ex-Guerilleros.
    Duque genießt vor allem den Rückhalt des konservativen und bürgerlichen Establishments und führt mit über 40 Prozent in Umfragen. Den Sprung über die 50 Prozent-Hürde dürfte er heute aber kaum schaffen: extrem rechts gegen extrem links: Dieses Szenario zeichnen die Auguren für die Stichwahl am 17. Juni. Sie könnten sich täuschen. Denn angesichts dieser Polarisierung überlegen viele Kolumbianer heute taktisch zu wählen.
    "Alles deutet daraufhin, dass wir zulegen und mitten im Nebel kommt Fajardo in die Stichwahl, um die Wahl zu gewinnen."
    Kandidat der Grünen: Sergio Fajardo
    Sergio Fajardo als Joker? Der von Grünen und unabhängigen unterstützte Kandidat war Gouverneur in Antioquia gilt als integer und Mann der Mitte.
    Der Mathematikprofessor müsste aber deutlich zulegen. Kein leichtes Unterfangen, denn auch Ex-Vizepräsident Vargas Llleras und der Chefunterhändler des Friedensvertrages de la Calle sind noch im Rennen. Die Beteiligung wird somit entscheidend. Bis 16 Uhr Orts- 23 Uhr Mitteleuropäischer Zeit sind die Wahllokale geöffnet. Es herrscht striktes Alkoholverbot im Land. Die Grenzen zum Krisenland Venezuela sind geschlossen worden. 155.000 Sicherheitskräfte sollen für einen reibungslosen Ablauf dieser für das neue OECD und demnächst assoziierte NATO-Mitgliedsland Kolumbien so entscheidenden Wahl sorgen.