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Zukunft des Ultraschalls
Neue Technik soll Tumore im Frühstadium aufspüren

Ultraschallgeräte werden immer schneller, erlauben immer mehr Aufnahmen pro Sekunde. Dadurch können Tumore in der Brust besser erkannt werden. Auch die gefährliche Plaquebildung im Inneren der Halsschlagader lässt sich mittlerweile bildlich erfassen.

Von Frank Grotelüschen | 18.01.2018
    Ultraschall-Untersuchung an einer weiblichen Patientin
    Ultraschall-Untersuchung an einer weiblichen Patientin (imago/Science Photo Library)
    Eine Ultraschalluntersuchung in einer Klinik. Der Arzt führt den Schallkopf über den Bauch des Patienten, auf dem Bildschirm zeichnen sich schemenhaft die Organe ab – und zwar in Echtzeit, sagt Prof. Chris de Korte von der Radboud Universität im niederländischen Nijmegen.
    "Mit der gewöhnlichen Technik dauert es eine Fünfzigstel-Sekunde, um ein Ultraschallbild aufzunehmen. Man kann also 50 Bilder pro Sekunde machen. Das ist zwar ziemlich schnell. Aber nun gibt es eine neue Technologie, die es ermöglicht, 10.000 Ultraschallbilder pro Sekunde aufzunehmen."
    Eine Art Hochgeschwindigkeitskamera für Ultraschall also. Gewöhnliche Geräte setzen das Bild Linie für Linie zusammen. Dabei müssen sie jedes Mal auf das Ultraschallecho warten, und das braucht seine Zeit. Anders bei der neuen, der schnellen Technik. Hier wird die Ultraschallwelle nicht zeilenweise ausgesandt, sondern großflächig, über das gesamte Areal, das man sich anschauen möchte. Die Folge: Statt relativ wenigen Echos erntet man eine Unzahl an Ultraschallsignalen – eine enorme Datenmenge. Um sie zu sortieren und richtig zuzuordnen, braucht es spezielle Algorithmen und jede Menge Rechenpower.
    Mehr Videokarten im Ultraschallgerät
    "Die Fortschritte bei der Hardware vor allem in der Computerspiel-Industrie haben uns sehr geholfen. Spielekonsolen haben heute äußerst leistungsfähige Videokarten, die viele Rechenoperationen gleichzeitig abarbeiten können. Indem wir einige Dutzend dieser Videokarten in unsere Ultraschallgeräte stecken, können wir extrem schnelle Bilder aufnehmen."
    Vor etwa zehn Jahren gab es die ersten Prototypen dieser ultrafixen Ultraschallgeräte. Jetzt findet die neue Technik allmählich ihren Weg in die Praxis. De Korte arbeitet zum Beispiel an einer neuen Generation von Ultraschallgeräten für die Brustkrebsdiagnose. Seit einigen Jahren gibt es dafür den sogenannten 3D-Ultraschall. Bei ihm muss der Schallkopf nicht mehr per Hand über die Brust geführt werden. Stattdessen nimmt das Gerät das Bild automatisch auf, während die Patientin bäuchlings auf einer Liege liegt. Diesen 3D-Ultraschall kombinieren die Niederländer nun mit der ultraschnellen Technik.
    "Zum einen wollen wir die Bildaufnahme schneller machen, sie soll nur noch fünf Sekunden dauern statt einer Minute. Außerdem können wir zusätzliche Informationen herauskitzeln, indem wir das Brustgewebe in leichte Schwingungen versetzen und dadurch etwas über seine mechanischen Eigenschaften herausbekommen."
    Plaque-Untersuchungen im Inneren der Halsschlagader
    Ein Tumor würde sich verraten, weil er fester und steifer ist als das gesunde Brutgewebe. Mit der neuen Technik sollten sich Tumore schon im Frühstadium aufspüren lassen, so die Hoffnung. In Nijmegen laufen die ersten Versuche mit Patientinnen, in ein paar Jahren soll das Verfahren einsatzreif sein, sagt de Korte. Hilfreich sein könnte der schnelle Ultraschall auch für eine andere Diagnose – die Untersuchung der Halsschlagader auf Gefäßablagerungen, die sogenannte Plaque.
    "Diese Plaque kann gefährlich werden. Ähnlich wie ein Pickel auf der Haut kann sie irgendwann platzen. Gelangt das Zeug dann ins Gehirn, kann das zu einem Schlaganfall führen. Und zwar völlig unvermittelt, ohne dass die Betroffenen vorher an irgendwelchen Symptomen gelitten hätten."
    Da er deutlich mehr Daten pro Sekunde erfassen kann, erlaubt es der schnelle Ultraschall nicht nur, die Schlagader in 3D abzubilden. Sondern er kann gleichzeitig auch ihre Beschaffenheit analysieren: Wie stark verformt sich die Plaque, wenn sie vom Ultraschall in Schwingungen versetzt wird?
    "Verformt sie sich stark, ist sie anfällig und könnte platzen. Ist sie dagegen fest und stabil, droht keine Gefahr. Wir müssen allerdings noch prüfen, wie zuverlässig unsere Methode funktioniert. Deshalb starten wir jetzt eine klinische Studie mit mehreren hundert Patienten."
    Haben die Forscher Erfolg, hoffen sie, durch eine bessere Früherkennung die Zahl von Schlaganfällen deutlich senken zu können.