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Zum Rauchen nach draußen

Seit dem 10. Januar 2005 ist Italien nicht mehr das, was es mal war. Vorbei die Zeiten, in denen Espresso und Glimmstängel am Tresen der Frühstücksbar zum Standard des italienischen Urlaubsvergnügens gehörte. Doch das Rauchverbot hat sich durchgesetzt. Nicht nur die Nichtraucher begrüßen es zu fast 100 Prozent, auch über 80 Prozent der Raucher sind eindeutig dafür. Karl Hoffmann berichtet.

30.07.2008
    Geburtstagsfest bei Freunden. Ab und zu verschwindet Antonella auf den Balkon, sie hat sich seit eineinhalb Jahren das Rauchen in geschlossenen Räumen abgewöhnt.

    "Ich bin mir schon klar darüber, dass das Rauchen schädlich ist. Und deshalb habe ich das neue Gesetz auch durchaus begrüßt, mit dem das Rauchen in öffentlichen Räumen verboten wurde. Aber dafür will dann wenigsten dort nicht gestört werden, wo das Rauchen erlaubt ist. Jüngst war ich in den Bergen und wollte Rauchen, da wurde ich als Nikotinsüchtige beleidigt. Aber ich bin froh, wenn ich in ein Lokal gehe und es stinkt nicht nach Zigaretten. Obwohl ich selbst rauche"

    Seit dem 10. Januar 2005 ist Italien nicht mehr das, was es mal war. Vorbei die Zeiten des Paparazzo, der stets die Zigarette locker im Mundwinkel kleben hatte und dabei die Via Veneto auf der Jagd nach hübschen Blondinen auf- und abschlenderte. Vorbei die Zeiten in denen Espresso und Glimmstängel am Tresen der Frühstücksbar zum Standard des italienischen Urlaubsvergnügens gehörte. Überall prangt nun das Schild "Vietato fumare!". Und mancher deutsche Tourist ist leicht konsterniert

    "Also ich find, man sollte doch schon so Raucherzonen einrichten, denn es gibt ja wirklich starke Raucher. Und da sollte man irgendwelche Zonen doch schaffen. Und nicht nur sagen: überhaupt nicht! Find ich nicht so gut."

    Doch das Rauchverbot hat sich durchgesetzt. Nicht nur die Nichtraucher begrüßen es zu fast 100 Prozent, auch über 80 Prozent der Raucher sind eindeutig dafür. Sogar der Zigarettenhändler Alessandro.
    "Nichtrauchen hat Vorteile, das sehe ich in meinem eigenen Laden, die Sachen verstauben viel weniger, und wenn man nach Hause kommst, dann stinkt man nicht nach Rauch, so wie früher wenn man aus einer Bars oder aus einem Restaurant kam. Man hat sich halt umgewöhnen müssen. Aber das war nicht so schwierig."

    Bei Inkrafttreten der strengen Bestimmungen verzeichnete Alessandro in seinem Tabakladen mit dem blauen T auf der Leuchtreklame zunächst einen herben Einbruch. Ein Viertel weniger Umsatz. Inzwischen hat sich das Blättchen wieder gewendet:

    "Wir verkaufen wieder mehr Zigaretten als früher. Am Anfang, als das Gesetz in Kraft trat, da gab es einen Einbruch. Aber inzwischen wird mehr geraucht als vorher, oder besser gesagt: es wird mehr verschwendet. Weil die Leute die Zigaretten anzünden und schnell rausgehen zum Rauchen. Dann wird die halbe Zigarette weggeworfen, weil plötzlich was anderes zu tun ist. Es wird wie früher geraucht, aber der Konsum hat zugenommen, weil eben viel mehr verschwendet wird."

    Die Zahl der Raucher ist um eine halbe Million zurückgegangen und liegt nun bei etwa 24 Prozent der Bevölkerung. 6 Prozent der Italiener erklärten, dass sie seit Einführung des Rauchverbots nicht mehr so häufig ausgehen. Weitere 12 Prozent tun genau das Gegenteil: sie gehen häufiger in Restaurants und Pubs, weil nicht mehr geraucht wird. Was der Staat an Tabaksteuern verliert, nimmt er über Essen und Trinken wieder ein. Unzufrieden sind nur noch die Pfeifenraucher, die ihr alljährliches Wettrauchen ins Ausland verlegen müssen. Meint Bruto Soldini, Hersteller weltberühmter Pfeifen:

    "Soll ich Ihnen mal was sagen: kreuzweise können sie mich mit diesem Gesetz...So was von oberflächlich. Kein Gedanke daran, was eine Pfeife bedeutet, mal ganz abgesehen vom Rauchen. Pfeiferauchen ist ein Gemeinschaftserlebnis. Das Gesetz hat Pfeifenraucherclubs praktisch gelähmt. Unsere Langsamrauchwettbewerbe müssen wir jetzt im Ausland austragen, weil in geschlossenen Räumen nicht mehr geraucht werden darf. Da bleiben die Mitglieder natürlich weg. Jüngst mussten wir nach Österreich um unseren nationalen Wettkampf durchzuführen."