Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


"Zum Teufel mit der Troika!"

Die Kontrolleure der sogenannten Troika von EU, IWF und Europäischer Zentralbank sind nach Griechenland zurückgekehrt, um mit der Regierung über weitere Sparmaßnahme und Hilfen zu verhandeln. Doch viele Griechen haben fast keine Hoffnung, dass dies die Schuldenkrise bekämpfen kann.

Von Rodothea Seralidou | 18.01.2012
    Der zentrale Platz des Nationalen Widerstands im Vorort Elliniko, in der Nähe des alten Athener Flughafens. Im Sommer, wenn alles blüht, ist es ein lauschiges Plätzchen - in der momentanen Januarkälte aber huschen die meisten Passanten eilig vorbei. Nur ein paar wenige Rentner sitzen auf den Bänken. So auch Andonis Polyzos. Der 75-Jährige genießt die schwachen Sonnenstrahlen. Dass die Kontrolleure der Troika wieder im Land sind, macht ihm Sorgen:

    "Ich hoffe, dass sie uns diesmal nicht unter Druck setzen. Immer wenn sie da sind, gibt es neue Lohnkürzungen, Entlassungen und Rentenkürzungen. Mein Leben hat sich sehr verändert, wie auch das aller anderen Rentner. Denn wir sind es immer, die alles ausbaden müssen und nicht die, die Schuld an der Krise sind"."

    Das sieht auch Thanassis Serletis so. Der 65-Jährige, ein freundlicher Mann mit vollem grauem Haar, gießt die Pflanzen in seinem kleinen Vorgarten. Beim Thema Troika verlässt ihn seine gute Laune:

    ""Zum Teufel mit der Troika! Sie hat nur unseren Geldbeutel leer gemacht! Die Troika ist ein Geldgeber, der dir dein Hab und Gut nimmt, wenn du eine Rate nicht zahlen kannst! Die Europäer bestimmten jetzt alles. Unsere Regierung hat da gar nichts mehr zu sagen."

    Noch vor Kurzem hat Thanassis Serletis 1700 Euro Rente bekommen, konnte damit gut leben. Heute beträgt seine Rente nur noch 900 Euro. Er ist sauer:

    "Ich habe 32 Jahre lang dafür gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt. Jetzt, wo die Troika zurückkommt, wird es wieder harte Maßnahmen geben. Wir haben schon fast zwei Millionen Arbeitslose. Die Löhne sind am Boden. Kein Wunder, dass alle auswandern wollen wie in den 60ern!"

    Die hohe Arbeitslosigkeit macht auch Chryssoula Vassilou Angst. Die zweifache Mutter arbeitet als Büroangestellte. Doch ihre Kinder sind arbeitslos. Dass sich die heutige Situation bald ändern wird, glaubt sie nicht:

    "Es muss ein Wunder geschehen, damit sich was tut. Ich sehe keine Perspektive. Meine Tochter ist 25 und mein Sohn 18. Was für eine Zukunft werden diese jungen Menschen haben? Wir sind sehr pessimistisch, aber versuchen es vor unseren Kindern zu verbergen."

    Übergangspremier Papadimos zeigt sich zwar in Interviews zuversichtlich, dass Griechenland in der Eurozone bleiben und den Staatsbankrott abwenden wird, doch Chryssoula Vassiliou ist sich da weniger sicher. Die 48-Jährige bezweifelt, dass es tatsächlich zu einer Umschuldung kommt und Griechenland das Zweite große Hilfspaket erhält:

    "Die Banken sind doch keine Wohltätigkeitsvereine. Der Gedanke an eine Rückkehr zur Drachme weckt in uns süße Erinnerungen an damals, als es uns noch gut ging. Wir waren ja gar nicht bereit für den Euro!"

    Süße Erinnerungen an die Drachme hat auch das Ehepaar Anastassopoulou. Die beiden Rentner kommen gerade aus dem Supermarkt, halten zwei halb volle Plastiktüten in ihren Händen. Sie hätten nur das Nötigste eingekauft, sagen sie. Geld für mehr bleibe ihnen nicht, bedauert Maria Anastassopoulou:

    "Wir bekommen nur 650 Euro Rente, jetzt müssen wir die zweite Rate der Sonderimmobiliensteuer zahlen: 280 Euro. Wer soll das zahlen? Wir sind alt, müssen unsere Medikamente kaufen, alles wird teurer und unsere Rente kleiner. Wie sollen wir da über die Runden kommen?"

    Und ihr Mann Periklis fügt hinzu:

    "Wenn wir dadurch Griechenland retten könnten, wäre ich bereit, noch mehr zu geben. Doch Griechenland ist nicht mehr zu retten. Keiner verzichtet gerne auf sein Geld und die Banken natürlich auch nicht. Hier, wo wir angekommen sind, kommt es einem Bankrott gleich. Jeder Zweite hat nichts mehr zu essen. Wenn das kein Beweis für einen Staatsbankrott ist, was dann?"