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Zum Tod des Jazzsängers Al Jarreau
Stimmwunder und vokales Orchester

Der Sänger Al Jarreau ist bis heute der einzige Künstler, der den „Grammy“ gleich in allen drei Kategorien gewinnen konnte: Jazz, Rhythm & Blues und Pop. Vor seinem großen Durchbruch führte Al Jarreau ein anstrengendes Doppelleben.

Von Bert Noglik | 13.02.2017
    Der Musiker Al Jarreau gibt mit seiner Band im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festival ein Konzert am 07.07.2015 in der Musik- und Kongresshalle in Lübeck.
    Al Jarreau im Jahr 2015 bei einem Konzert in Schleswig-Holstein (picture alliance / dpa / Olaf Malzahn)
    Musik: "Take Five" aus dem Album "Al Jarreau: Best Of Al Jarreau"
    Al Jarreau - man hat ihn als "Stimmwunder", als "vokales Orchester", auch als "human synthesizer"" bezeichnet. Seine Vokaltechnik grenzte an Artistik. Doch Al Jarreau war weit mehr als ein Stimmakrobat. Seine Popularität verdankte er seinen Ausflügen in die Bereiche der Rock- und Popmusik. Dabei fand er seine ursprüngliche und nie versiegende Inspirationsquelle im Jazz.
    Was Modulationsfähigkeit und Improvisation anbelangt, so hat er von Billie Holiday und von Nat King Cole gelernt. Bereits in ganz jungen Jahren gründete er eine Vokalgruppe, die sich am Trio "Lambert, Hendricks and Ross" orientierte. Später hat er Stimmen imitiert und variiert, auch Instrumente – Saxophone, Posaunen, Gitarren, Bässe – und dabei eine besonderen Vorliebe für den perkussiven Umgang mit den Stimmbändern offenbart.
    Musik: "Scootcha-Booty" aus dem Album "Al Jarreau: Accentuate The Positive"
    Sozialarbeiter und Sänger
    Al Jarreau – zu seinem Aufstieg als Star hatte er einen langen Anlauf genommen. Geboren in Milwaukee/Wisconsin, aufgewachsen in armen Verhältnissen, studierte er zunächst Psychologie. Er arbeitete als Sozialarbeiter in San Francisco und trat nachts als Sänger in Klubs auf. Ende der sechziger Jahre konnte und wollte er dieses Doppelleben nicht länger durchhalten; er widmete sich ganz der Musik. Und obwohl es bis 1975 dauerte, ehe sein erstes Album erschien, hat Al Jarreau diesen späten Start nie bereut.
    "Wenn man genügend Zeit hat, um sich entwickeln zu können, dann findet man seine Besonderheit. Leider lässt die Musikindustrie vielen Leuten nicht genügend Zeit. Aber nimmt man sich diese Zeit, dann entdeckt man sich selbst und zwar in den Details."
    Der Durchbruch gelang Al Jarreau zunächst in Europa, insbesondere mit faszinierenden Vokalversionen von Jazzstandards wie Dave Brubecks "Take Five" und Chick Coreas "Spain".
    Musik: "Spain" aus dem Album "Al Jarreau: Look To The Rainbow"
    Grammy für "Take Five"
    Für "Take Five" wurde Al Jarreau 1977 mit einem ersten Grammy ausgezeichnet. Er war stolz darauf, als bisher einziger Künstler in allen drei Kategorien mit dieser Trophäe geehrt worden zu sein: Jazz, Rhythm & Blues und Pop. Mit seinem Album "Accentuate The Positive” von 2004 machte er sein Versprechen wahr: Er kehrte zum Jazz zurück. Al Jarreau ein Sänger, der ein Millionenpublikum begeisterte und der mit spontaner Lebensfreude und unnachahmlicher Lockerheit pures Wohlbefinden verbreitete.
    "Improvisation bedeutet spielerischen, kreativen Umgang mit den Worten, bedeutet Modulation innerhalb der Phrasen."
    Musik: "Cold Duck" aus dem Album "Al Jarreau: Accentuate The Positive"