Freitag, 19. April 2024

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Zum Tod von Herbert Heckmann

Am kommenden Wochenende findet die Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt statt. Eine Jubiläumstagung, in dessen Rahmen heute in der Frankfurter Paulskirche unter anderem Adolf Muschg, Christa Wolf und Elfriede Jelinek auftreten. Fünfzig Jahre lang besteht diese geistige Institution nunmehr. Die wichtigsten Gelehrten der Nation werden dabei sein, wenn am Samstag in Darmstadt der Georg-Büchner-Preis an den Schriftsteller Arnold Stadler überreicht wird. Einen werden wir bei den Feierlichkeiten schmerzlich vermissen: Herbert Heckmann.

Hajo Steinert | 19.10.1999
    Vierzehn Jahre lang war er Präsident der Akademie, von 1982 bis 1996. So lange hatte vor ihm noch keiner amtiert. Aus gutem Grund. So umsichtig wie er nahm zuvor kaum einer dieses hohe geistige Amt wahr. Herbert Heckmann war alles andere als ein Machtmensch. Er hatte viele Freunde, kaum Feinde. Er war ein großer Vermittler. Manche empfanden ihn geradezu als harmoniesüchtig - eine eher seltene Tugend für einen, der in Deutschland eine Akademie leitet. Denn in deutschen Akademien - man denke nur an den PEN oder an den Schrifstellerverband (VS) - wird erfahrungsgemäß mit harten Bandagen gekämpft. Sein Sinn für Understatement hat ihm allerdings nicht nur Beifall eingebracht. Seine Kritiker hielten seine joviale Art bisweilen für die Würde einer Akademie eher abträglich. Seine Bewunderer schätzten ihn, weil er niemals überheblich ans Werk ging.

    Herbert Heckmann, der Schriftsteller: Sein literarisches Debüt ("Das Porträt") trug ihm 1958 ein Stipendium in der Villa Massimo ein. Für seinen humorigen Roman "Benjamin und seine Väter" erhielt der Frankfurter Lehrersohn 1962 den Bremer Literaturpreis. 1994 wurden seine Kindheitserinnerungen unter dem Titel "Die Trauer meines Großvaters" veröffentlicht und von der Kritik gelobt. Er schrieb Kinder- und Kochbücher, auch ein Wörterbuch der Hessischen Mundart. Von Amts wegen zu nationaler Identität und zu internationalen Kontakten gezwungen, suchte er im Regionalismus seine sozusagen intellektuelle Erholung. Als Lehrer wirkte er an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung.

    Heckmann ist zu verdanken, daß der Büchner-Preis auf 60 000 Mark aufgestockt wurde. Mit Tagungen in Prag und Strassburg verschuf er der Akademie internationales Ansehen. Was ihm nicht gelang - manche sagen, gottlob nicht - ist eine strenge Politisierung der Akademie. Heckmann träumte davon, aus der Darmstädter Institution so etwas wie die Royal Society in England zu machen. Vergeblich. Dennoch: Die Geschichte der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung bleibt mit seinem Namen aufs engste verbunden. Daß ausgerechnet die Jubiläumstagung die traurigste in der fünfzigjährigen Geschichte der Akademie wird, "verdanken" wir jenem Genossen, den zu erwarten das Organisationstalent Herbert Heckmann keine Vorbereitungen traf: der Tod. Herbert Heckmann starb, völlig unerwartet und urplötzlich, im Alter von nur 69 Jahren.