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Zum Tod von John Taylor
Ein Star, der im Hintergrund blieb

Der britische Jazzpianist John Taylor ist im Alter von 72 Jahren verstorben. Der aus Manchester stammende Musiker spielte mit den Größen vor allem des europäischen Jazz und lehrte viele Jahre als Dozent an der Kölner Musikhochschule.

Von Bert Noglik | 20.07.2015
    Schwarz-weiße Tasten eines E-Pianos
    Schwarz-weiße Tasten eines E-Pianos (picture-alliance/ dpa / Felix Hörhager)
    Sein Spiel war lyrisch, ohne sich im Schwärmerischen zu verlieren, in seiner melodischen Gestalt durchaus prägnant aber mit unendlich viel Raum für Zwischentöne und Klangfarbenschattierungen. Allen, die John Taylor kennenlernen durften, wird er als ein nobler, ein zurückhaltender Charakter in Erinnerung bleiben. Ihn als Introvertiert zu bezeichnen, wäre nur die halbe Wahrheit.
    Seit Anfang der 90er-Jahre bis 2007 hat John Taylor als Professor für Piano an der Kölner Musikhochschule generös etwas von seinem Wissen und Können weiter gegeben und auf diese Weise ganze Musikergenerationen nachhaltig beeinflusst. Es passt zum Wesen von John Taylor, dass er kaum als Bandleader hervorgetreten ist, aber vorzügliche Soli zu Bands so großartiger Musiker wie Jan Garbarek, Lee Konitz, Enrico Rava oder Charlie Mariano beizusteuern wusste. Sie alle lobten ihn, sie liebten ihn, mehr noch vielleicht als das Publikum. Sie nahmen ihn in ihre Mitte auf, dort, wo er hingehörte, in die Königsklasse das Jazz. Die schönsten, die privatesten Geschichten hat er mit dem 1977 entstanden Trio "Azimuth" erzählt, gemeinsam mit dem Trompeter Kenny Wheeler und seiner damaligen Ehefrau der Sängerin Norma Winstone
    John Taylor, geboren in Manchester, als Musiker weitgehend Autodidakt, kam Anfang der 60er-Jahre, damals 20-jährig, nach London und fand schnell Zugang zur Jazzszene, zu Musikern , mit denen er auch später immer wieder zusammengearbeitet hat, Musiker wie John Surman und Alan Skidmore. Wie diese drängte es ihn zu neuem Ausdruck, zur Loslösung von den zur Konvention erstarrten Formen des traditionellen Jazz, und zugleich suchte er nach einer Musik, in der sich Rhythmus und Atmung ergänzen, die nicht vom Energiespiel des Free Jazz erstickt wurde, die sich frei und luftig im Raum entfalten konnte.
    Immer wieder waren es Trio-Formationen, in denen John Taylor seine Qualitäten unter Beweis stellte - Trios mit dem Schlagzeuger Peter Erskine und dem Bassisten Palle Danielsson, später mit Joey Barron und Marc Johnson, dann erneut mit Palle Danielsson und Martin France. Das Trio, diese unerschöpfliche Wunderkammer an Möglichkeiten, hat John Taylor ebenso inspiriert wie die Landschaft, in die er sich zurückziehen konnte, ja oft auch zurückziehen musste, um aus der Ruhe heraus Töne wie sanft vorbeiziehende Wolken an den Himmel zu zaubern.
    Programmhinweis
    Aus Anlass des Todes von John Taylor am 17. Juli wiederholt JazzFacts am 23.07.2015 um 21:05 Uhr ein Porträt des Pianisten aus dem Jahre 2003.