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Zum Training ins Museum

Noch wenige Tage, dann startet in China die Gedächtnisweltmeisterschaft. Und mit dabei sein, wird auch eine Delegation aus Deutschland. Wir wollen Ihnen in dieser Woche fünf dieser "Meister des Merkens" vorstellen und vor allem in Erfahrung bringen, wie man sein Gedächtnis in Höchstform bringt.

Von Norman Laryea | 26.11.2010
    Diesmal hat Norman Laryea für uns Johannes Mallow besucht.

    Eine Reise durch die Geschichte kann ziemlich schnell gehen – zumindest wenn man sich wie ich gerade im Museum befindet. Genauer: im Kulturhistorischen Museum in Magdeburg. Und mit schnellen Reisen oder Streifzügen durch die Geschichte kennt sich auch mein Interviewpartner sehr gut aus, Johannes Mallow. Er hält den Weltrekord im "Einprägen von historischen Daten".

    Norman Laryea: "Herr Mallow, wenn es dann soweit ist und Sie in der konkreten Wettkampfsituation bei den Weltmeisterschaften in China sind, wird sich wahrscheinlich kaum jemand von den Zuhörern vorstellen können, wie genau das dann abläuft."

    Johannes Mallow: "Ja, also man muss sich das wie eine große Prüfung vorstellen. Jeder hat seinen eigenen Tisch. Ein großer Raum. Wenn da 100 Leute sitzen, ist es nicht mehr mucksmäuschenstill - das geht ja gar nicht. Da ist Bewegung drin und so weiter. Viele haben Kopfhörer dabei, um sich eben vor den Geräuschkulissen zu schützen und dann geht es eben los wie in einer Prüfung. Man bekommt seine Aufgabe, seinen Zettel und muss sich dann eben so viel wie möglich einprägen."

    Laryea: "Nun sitzen wir ja nicht umsonst hier. Hier gibt es viele, viele, viele Vitrinen mit vielen Ausstellungsstücken und vielen schönen bunten Zettelchen dran, auf denen historische Daten stehen. Und jetzt würde ich Sie gerne auf die Probe stellen und einfach mit ihnen mal durch eine komplette Etage dieses Museum gehen. Sie prägen sich das bei einem ersten Durchgang ein und dann gucken wir, bei einem zweiten Durchgang, wie viel sie noch in Erinnerung behalten haben."

    Mallow: Gerne! Können wir gleich loslegen!

    Laryea: Gut, dann machen wir das.

    Er steht da recht lässig. Hände in den Hosentaschen. Augen geschlossen. Hat jetzt gerade mal kurz in die Luft geguckt. Und prägt sich jeden einzelnen dieser Gegenstände, samt der dazugehörigen Daten - historischen Daten - ein.

    So o.k. Herr Mallow ist fertig. Der würde natürlich niemals mogeln, unterstelle ich ihm auch nicht. Aber, um ganz auf Nummer sicher zu gehen, steht er jetzt immer mit dem Rücken zur Vitrine und verrät mir dann, was drin steht und vor allen Dingen, aus welchem Jahr das Ganze stammt, beziehungsweise wann es gefunden wurde. Jetzt sind wir hier am Beginn der Route. Erste Vitrine:

    Laryea: Herr Mallow, was ist drin?
    (..)
    Laryea: OK, wir sind durch! Das war viel, oder?

    Mallow: Es war sehr viel und auch schon anstrengend. Man merkt es.

    Laryea: Also ich verrate es Ihnen mal: Es waren jetzt insgesamt 87 Ausstellungsgegenstände, jeweils mit Datum versehen. Und Sie hatten circa zehn Fehler. Sagen wir mal eine Trefferquote von irgendwas zwischen 90 und 95 Prozent. Beeindruckend würde ich sagen. Jetzt denken sich manche Leute: hey, super Methode! Macht doch Sinn. Wie würden Sie dem jetzt vermitteln, diesem Zuhörer, wie er sich das jetzt am besten mit der Gedächtnistechnik einprägen kann?

    Mallow: Nehmen wir an, wir haben da einen "Raddampfer" drin. Ein Modell eines Raddampfers. Dann ist es relativ einfach: Ich stelle mir diesen Raddampfer bildlich vor. Und jetzt haben wir dazu eine Jahreszahl - nehmen wir 1862. Und jetzt muss ich diese Zahl eben umwandeln. Man könnte sich auch vorstellen: 18, da macht man den Führerschein und dann stellt man sich vor, jemand fährt mit diesem Raddampfer ganz wild durch die Gegend, immer hin und her und rammt alles, weil er gerade den Führerschein gemacht hat. 18, dann hat man schon mal die 18. Und dann müsste man sich für die 62 auch ein Bild überlegen.

    Laryea: Das war Johannes Mallow. Er ist Weltrekordhalter im "historische Daten merken". Und mit ihm war ich heute im Kulturhistorischen Museum in Magdeburg. Er hat uns erklärt, wie man sich historische Daten effektiv und dauerhaft einprägen kann. Vielen Dank.

    Zusammengefasst
    Wer sich in einer Ausstellung oder in einem Buch ein Datum einprägen möchte, muss zunächst im Kopf ein kleines Archiv anlegen. Fürs erste Üben reicht es, wenn man sich für jede Zahl von 1 bis 10 ein eigenes Bild vorstellt. Etwa ein "vierblättriges Kleeblatt" für die Zahl 4, oder eine "Brezel" für die Zahl 8. Dann formt man aus Bildern und Ereignis eine Geschichte. Wenn zum Beispiel eine Ausstellung am 4.8. eröffnet wird, könnte man sich eine Eintrittskarte vorstellen, auf der ein großes Kleeblatt abgedruckt ist und die man an einem Brezelstand abholen kann. Je kreativer die Geschichte, desto besser kann man sich das Datum merken.

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