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Zuwanderung
EU profitiert von Osteuropäern

Die Debatte um Zuwanderer aus Osteuropa nimmt nicht ab - nun werden auch unterschiedliche Auffassungen innerhalb der Europäischen Union deutlich: Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, kritisierte die Kommission in Brüssel.

12.01.2014
    Rumänische und polnische Erntehelfer ernten auf einem Gurkenflieger des Spreewaldbauern Riecken nahe Vetschau (Brandenburg) Einlegegurken.
    Rumänische und polnische Erntehelfer ernten Spreewaldgurken. (picture alliance /dpa / Patrick Pleul)
    Der SPD-Politiker sagte "Spiegel Online", dass "unkoordiniertes Vorgehen innerhalb der EU-Kommission schon mehrfach beträchtlichen Schaden angerichtet hat". Dies müsse sich ändern. "Eine Verpflichtung zur bedingungslosen Leistung im Rahmen von Hartz IV für Migranten innerhalb der EU kann und wird von der EU-Kommission für Deutschland nicht zur Auflage gemacht werden", sagte Schulz weiter.
    Die EU-Kommission hatte am Freitag im Rahmen eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof erklärt, EU-Ausländer dürften nicht pauschal von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden - später hatte sie jedoch klargestellt, dass dies keinesfalls bedeute, dass Ausländer in jedem Fall Sozialleistungen erhalten müssten. Vielmehr sei stets eine konkrete Einzelfallprüfung nötig.
    Vor allem aus Reihen der Unionsparteien hatte es dafür scharfe Kritik gegeben. "Völlig inakzeptabel", nannte Unionsfraktionschef Volker Kauder die Haltung der Kommission. "Die Kommission agiert oftmals, ohne wirklich die Lebensrealitäten zu kennen", ergänzte CSU-Chef Horst Seehofer.
    OECD-Studie: Arbeitsmigration nutzt Europa
    Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt nahm die Kommission dagegen in Schutz: "Kauder, Seehofer und Co tun so, als ginge es darum, automatisch, sofort und ungeprüft Sozialkassen zu öffnen und deren Inhalt auszuschütten. Das entbehrt jeder Grundlage", sagte sie der "Welt am Sonntag". Die Union schüre Ängste und säe Misstrauen, statt Zuwanderung und Integration konstruktiv zu gestalten. Dabei sei die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht nur eine Grundsäule der EU: "Sie ist ein Freiheitsversprechen und ein europäischer Wirtschaftsmotor, von dem gerade auch Deutschland sehr profitiert".
    Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine noch unveröffentlichte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), aus der "Spiegel Online" zitiert: Die Arbeitsmigration nutze Europa und trage zum Abbau der Ungleichgewichte auf dem Kontinent bei, schreiben die Autoren Julia Jauer, Thomas Liebig, John P. Martin und Patrick Puhani. In ihren Zielländern übernähmen Migranten oft Jobs, die sonst unbesetzt blieben. Gleichzeitig linderten sie durch ihren Wegzug die Arbeitslosigkeit in ihren Herkunftsländern.
    Überdurchschnittlich oft beschäftigt
    Und es seien vor allem Zuwanderer aus Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien und Bulgarien, von denen die übrigen EU-Länder profitierten. Sie fänden überdurchschnittlich oft eine Beschäftigung im Zielland: So seien in Großbritannien etwa 76 Prozent der nach 2007 eingewanderten Rumänen und Bulgaren im Erwerbsalter (zwischen 15 und 64 Jahren) beschäftigt, in Deutschland immerhin 62 Prozent.
    Einwanderer aus dem südlichen Europa blieben dagegen vergleichsweise oft ohne Beschäftigung, was die Autoren folgendermaßen erklären: Die Migranten aus Spanien, Italien oder Griechenland seien meist sehr gut gebildet und damit überqualifiziert für einfache Beschäftigungen - im Gegensatz zu den Zuwanderern aus Osteuropa.