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Computerliebe - Wissenschaftler arbeiten an menschlichen Beziehungen zu Androiden

12.04.2008
Sie lächelt, sie zwinkert mit den Augenlidern und sie hört auf den hübschen Namen Repliee Q1Expo - aber der wäre zur Not austauschbar, wie alles andere an ihr übrigens auch.
Sie lächelt, sie zwinkert mit den Augenlidern und sie hört auf den hübschen Namen Repliee Q1Expo - aber der wäre zur Not austauschbar, wie alles andere an ihr übrigens auch. Die junge Dame mit dem kryptischen Namen ist nämlich ein Roboter. Ihr technischer Vater, Professor Hiroshi Ishiguro von der Universität in Osaka, geht davon aus, dass wir in naher Zukunft im Kontakt mit Androiden zumindest für eine gewisse Zeit gar nicht merken werden, dass es sich bei unserem Gegenüber um einen Roboter handelt - oder wie in diesem Fall um eine Roboterin - falls es so etwas gibt. Die Überlegungen gehen sogar noch weiter. Bis 2050 so eine Prognose könnte es sogar eheähnliche Beziehungen mit Robotern geben.
Noch ist Japan die Hochburg für Entwicklungen dieser Art. Kein Wunder, denn das Land leidet an einer hoffnungslos überalterten Gesellschaft. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung ist über 65 Jahre alt und bis 2050 werden es 40 Prozent sein. Besonders in den Großstädten leben alte Menschen allein in ihren Wohnungen. Sie leiden an Vereinsamung und mangelnder Kommunikation. In der Altenpflege ist ein Trend vorhersehbar, denn bei so vielen alten Menschen wird es zukünftig nicht mehr genügend Pflegepersonal geben. Japan will diesen Engpass mit Robotern ausgleichen. Es gibt kaum ein Forschungsinstitut, dass nicht an einem Androiden oder an Haustier-Robotern arbeitet, die den Senioren das Leben versüßen sollen.
Noch stellt die Vorstellung, mit einer Maschine zu reden viele Menschen vor eine unüberwindliche Hürde. Doch in Zukunft soll mit Robotern wie Repliee Q1Expo eine richtige, fast menschliche Beziehung möglich sein. Schon jetzt sind die Maschinen mit einer warmen Silikonhaut ausgestattet, die auf Berührungen des androiden Körpers unterschiedliche Reaktionen bei diesem hervorruft. Der Oberkörper ist so konstruiert, dass der Roboter zu atmen scheint, seine Gesichtszüge bilden menschliche Mimik nach und der ganze Bewegungsapparat immitiert menschliche Bewegungen. Das dient der Überwindung psychologischer Hemmschwellen beim Menschen im Umgang mit Androiden, aber es beantwortet noch nicht die Hauptfrage der Wissenschaftler. An der Universität Bremen gehen Wissenschaftler der Frage nach, welche Eigenschaften ein Robotter haben muss, damit Menschen sich auf eine emotionale Beziehung zu der Maschine einlassen und wie diese Maschine konstruiert sein muss, damit sie diese Eigenschaften erfüllt. Wissenschaftler sind davon überzeugt, eines Tages werden Menschen emotionale Beziehungen zu Robotern eingehen. Zuneigung oder gar Liebe zu einem Roboter setzt voraus, dass ihre Besitzer die maschinellen Attribute ausblenden können. Schon jetzt, sagt Professor Ishiguro von der Universität Osaka, ist es möglich, dass wir für etwa fünf bis zehn Sekunden nicht merken, dass wir es bei unserem Gegenüber mit einem Roboter zu tun haben. In Zukunft könnte sich diese Zeitspanne auf bis zu zehn Minuten ausdehnen. Und durch die Reaktionen des Androiden werden wir über kurz oder lang vergessen, dass es kein menschliches Wesen ist, dass sich mit uns unterhält. Die Vision in Japan geht dahin, dass Roboter schon bald Senioren in Altersheimen durch Streicheln, Handauflegen oder schlicht durch ein Gespräch "menschliche" Nähe zukommen lassen. Schöne neue Welt.
Im Gespräch: Hartmut Wandke vom Institut für Psychologie an der Humboldt Universität Berlin.