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Zweckentfremdungsverbot
Schluss mit Ferienwohnungen in Berlin

Zum 1. Mai endet die Übergangsfrist für die Betreiber von rund 20.000 Ferienwohnungen in Berlin, so hat es der Berliner Senat vor zwei Jahren beschlossen. Denn dauerhafter und bezahlbarer Wohnraum fehlt in Berlin. Die Mitglieder der "Apartmentallianz", dem Zusammenschluss der Betreiber, wollen sich wehren. Sie haben Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Von Anja Nehls | 29.04.2016
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    Ab dem 1. Mai dürfen Airbnb oder Wimdu nur noch legale Wohnungen für Berlin-Besucher anbieten (dpa / picture alliance / dpa-Zentralbild / Britta Pedersen)
    "Oben ist jemand, der spielt jeden Tag Geige, was ganz toll ist. Das habe ich so noch nicht erlebt. Das ist so eine Familie und die laufen immer mit ihrer Geige rum. Das ist ganz lustig", sagt Stephan la Barre. Aber bald ist Schluss mit lustig. Für ihn und Tausende andere in Berlin, die Ferienwohnungen für Berlin Besucher vermieten. Die Familie mit der Geige stammt aus dem Herzen von Frankreich. Arnaud Goblet ist mit seiner Frau und seiner Tochter für eine Woche in Berlin. Reichstag und Brandenburger Tor haben die drei schon hinter sich, jetzt ist noch die Museumsinsel dran. Die Wohnung von Stephan la Barree in Berlin Moabit ist für sie ein idealer Rückzugsort, um sich zwischendurch zu erholen:
    "Sie sind in eine Wohnung gegangen, weil sie eben auch den gemeinsamen familiären Raum suchen und eben auch die Freiheiten des alltäglichen Lebens, sich eben mal einen Kaffee machen zu können, sich bewegen zu können innerhalb der Wohnung, wo er das eben in einem Hotel doch viel eingeschränkter und eingeengter sieht. Er hätte sich nicht vorstellen können, jetzt eben Berlin in einem Hotel zu besuchen."
    Dauerhafter Wohnraum für etwa 20.000 Menschen fehlt
    Genau das aber will das Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Touristen sollen in die Hotels oder in Apartmenthäuser. Alle anderen Berliner Ferienwohnungen sollen wieder dauerhaft vermietet werden, sagt Martin Pallgen, von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. "Wenn wir von einer Dunkelziffer von etwa 12.000 Ferienwohnungen ausgehen in der Stadt, dann ist das dauerhafter Wohnraum für etwa 20.000 Menschen, der nicht zur Verfügung steht. Und bei einer Wohnungsknappheit und Marktangespanntheit wie in Berlin ist das durchaus eine Zahl. Wohnungen sind zum Wohnen da und deshalb haben wir dieses Gesetz auf den Weg gebracht."
    Auf den Weg gebracht worden war das Gesetz schon 2014, die Übergangsfrist für die Betreiber endet jetzt. Ab sofort dürfen online Portale wie Airbnb nur noch nachweislich legale Ferienwohnungen anbieten. Extra angeworbene Kontrolleure der Bezirksämter sollen illegal betriebene Ferienwohnungen aufspüren, über eine Internetseite werden sogar Nachbarn aufgerufen, Verdachtsfälle zu melden. Mehr als die Hälfte von Stephan la Barres 15 Ferienwohnungen sind nicht in ausgewiesenen Gewerbeobjekten, dürfen also ab jetzt nicht mehr an Feriengäste vermietet werden.
    Dabei hat er sich vor zwölf Jahren sogar vom Bezirksamt bestätigen lassen, dass sein Geschäft legal ist. Im damals strukturschwachen Moabit, wo es leere Wohnungen im Überfluss gab, war er ein willkommener Investor. Das neue Gesetz bedeutet für ihn eine wirtschaftliche und persönliche Katastrophe: "Meine Frau und ich haben viel Geld aufgenommen und viel Leidenschaft investiert, um dieses Geschäft aufzubauen und mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz wird das gesamte Unternehmen ja entwertet, auf Null gesetzt und dann müssen wir uns was anderes ausdenken."
    Ärzte oder Steuerberater zweckentfremden Wohnungen doch auch
    Und sein halbes Dutzend Mitarbeiter genauso. Pro Wohnung gehe ein halber Arbeitsplatz flöten, haben die Mitglieder der Apartmentallianz ausgerechnet. 60 Betreiber von gut 700 Ferienwohnungen haben sich darin zusammengeschlossen. Viele haben bereits Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. Das Vermietungsportal Wimdu hat Verfassungsklage erhoben, unterstützt von der Apartmentallianz. Die Gegner der Berliner Regelung argumentieren mit einem massiven Eingriff in die Eigentumsfreiheit, in die Berufswahlfreiheit und damit, dass alle anderen Zweckentfremder von Wohnungen, wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater, unbegrenzten Bestandsschutz genießen.
    Dass die Kläger am Ende vielleicht doch recht bekommen könnten und dann auch noch Entschädigungen fällig werden, fürchten einige der Berliner Bezirke. Deshalb wollen sie bis zum Ausgang der ersten Verfahren erst mal nichts tun. Andere Bezirke, wie Mitte, wollen das Gesetz sofort durchsetzen. Weil Strafen bis zu 100.000 Euro pro Wohnung drohen, seien allein im Bezirk Mitte circa 500 ehemalige Ferienwohnungen von ihren Besitzern schon wieder regulär vermietet worden, freut sich Mittes Stadtrat Stephan von Dassel.
    Wie auch immer der Streit ausgeht, ab 1. Mai wird das Ferienwohnungsangebot für Berlin-Touristen erst mal spürbar kleiner werden.