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Zweifel am Tepco-Krisenmanagement

In Fukushima hat es nach Angaben des Betreibers nicht nur in einem, sondern in mehreren Reaktoren Kernschmelzen gegeben. Die Aussagen kommen zu einem Zeitpunkt, da die internationale Atomenergiebehörde mit eigenen Untersuchungen der Vorgänge begonnen und die japanische Regierung ein unabhängiges Gremium eingesetzt hat.

Von Peter Kujath | 24.05.2011
    In den Nachrichten in Japan spielte die jüngste Erklärung schon nur mehr eine untergeordnete Rolle. Der Betreiber des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 musste einräumen, dass auch in den Reaktorblöcken 2 und 3 zumindest eine partielle Kernschmelze stattgefunden habe. Mitte Mai hatte Tepco das bereits für den Reaktorblock 1 bekannt gegeben. Unmittelbar nach dem Erdbeben am 11. März hatten die Notkühlsysteme funktioniert, wie der Energiekonzern heute noch einmal betonte. Der Tsunami unterbrach dann den Kühlprozess zuerst bei der Einheit 1, so dass die Brennstäbe der Luft ausgesetzt waren und sich immer weiter aufheizten. Hier kam es bereits 16 Stunden später zu einer Kernschmelze und die extrem heiße Masse tropfte auf den Boden des Druckbehälters. Das wiederholte sich etwas später auch in den beiden anderen Anlagen

    "Was die Einheiten 2 und 3 betrifft, so hat der Umstand geholfen, dass die Kühlung nach der Katastrophe hier wohl noch etwas länger vorhielt."

    So ein Sprecher von Tepco. 60 beziehungsweise 101 Stunde später hätte aber der Prozess der Kernschmelze auch dort eingesetzt. Bestätigt werden konnten diese Vorgänge erst jetzt, da die Daten ausgewertet werden mussten, die Mitarbeiter vor kurzem in den Gebäuden der Reaktorblöcke 2 und 3 gesammelt hatten. Wegen der hohen radioaktiven Strahlung durften sie sich aber dort nur wenige Minuten aufhalten. Deshalb fehlt noch immer eine Reihe von Daten. Die Messgeräte sind zum Teil durch die Wasserstoffexplosionen vom 12., 14. und 15. März beschädigt worden und müssen ersetzt werden. Immerhin kann verlässlich die Temperatur am Boden der Reaktorbehälter gemessen werden. Nach jüngsten Angaben beträgt sie dort rund 100 Grad. Das deutet daraufhin, dass von dem Material der geschmolzenen Brennstäbe keine unmittelbare Gefahr mehr ausgeht, weil mittlerweile ausreichend gekühlt werden kann. Fakt ist aber, dass winzige Lecks im Boden der Druckkammer vorhanden sind, aus denen eben jenes hoch radioaktive Wasser austritt, das zur Kühlung verwendet wird. Tepco plant, Wärmeaustauscher zu installieren, die das bereits vorhandene Wasser nutzen. Denn die Entsorgung des hoch radioaktiven Wassers bereitet mehr und mehr Schwierigkeiten.

    "Am Morgen des 13. März stoppte die Hochdruck-Kühlpumpe für den Reaktor 3. Auch wenn man das in Betracht zieht, so bleibt es dabei, dass bezüglich der Kühlung und des Zustands insgesamt die Einheit 1 am meisten Sorgen bereitet gefolgt von Nummer 3 und 2."

    Tepco sieht es dennoch derzeit als nicht notwendig an, seinen Zeitplan zu überarbeiteten. Bis Januar nächsten Jahres will der Betreiber das havarierte AKW Fukushima 1 endgültig unter Kontrolle bringen. In Japan beschäftigt die Öffentlichkeit derzeit vor allem die Frage, ob der Energiekonzern dazu in der Lage ist, nachdem Tepco noch immer eine Reihe von Fragen nicht beantworten kann.