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Zweifelhafter Wohlstand

Hungerbäuche, verdorrte Felder, notleidende Menschen: So zeichnet sich das Bild Afrikas in den Augen vieler Europäer. Doch neben der weit verbreiteten Armut gibt es auf dem schwarzen Kontinent auch das Gegenteil: extremen Reichtum.

Von Marc Dugge | 08.03.2011
    So sieht also der Vater eines afrikanischen Millionärs aus. Der Herr trägt kurze Hosen, das weiße Unterhemd spannt sich über seinem Bäuchlein, die Goldkette blitzt in der Mittagssonne. David Eto'o sitzt an seinem Plastiktisch vor seiner neuen, monumentalen Luxusvilla mitten in Kamerun. Ein Geschenk von seinem Sohn, dem Weltfußballer Samuel Eto'o. Er spricht langsam, ohne groß die Miene zu verziehen. Er muss sich nicht um die Gunst eines Journalisten bemühen. Dieser Mann, der noch vor ein paar Jahren in den Slums von Douala gewohnt hat, dürfte einer der reichsten Männer des Kontinents sein.

    "Ich bin ein strenggläubiger Christ. Alles hängt von Gott ab. Man hat keinen Erfolg im Leben, wenn der Herr es nicht will. Er wollte, dass mein Sohn es schafft. Und seit er Erfolg hat, bringt er uns Freude. Man muss Gott Tag und Nacht danken. Mein Sohn hat viel Geld. Aber Geld allein macht noch keine Persönlichkeit."

    Großzügig ist Samuel Eto'o – keine Frage. Seinen Teamkollegen hat er eine Luxusuhr geschenkt - im Wert von jeweils gut rund 33.000 Euro. Reich sein in Afrika heißt eben auch: Abgeben. Zumindest an die Familie, an den Clan. Und an die, die einem geholfen haben, nach oben zu kommen. Das gilt besonders für die Politik. Denn immer ist da die Angst, dass einem der Reichtum wieder zwischen den Fingern zerrinnen könnte, sagt Mamadou Bamba Ndiaye, Präsidentenberater im Senegal:

    "Alles steht meistens, wenn nicht immer, auf tönernen Füßen. Jemand kann sehr reich sein – und wenn er stirbt, fällt alles in sich zusammen. Wir sind eine Konsumgesellschaft. Es fällt uns nicht leicht, etwas aufzubauen. Ihre Kinder konsumieren, alle, die Sie umgeben, konsumieren. Sie müssen viel produzieren, um das auszugleichen. Der Reichtum hält meist nicht lange an."

    Als Kind ist er auf eine Koranschule gegangen, die Schule der Ärmsten. Die ihn auf die "Schlacht des Lebens" vorbereitet hat, sagt er mir. Eine Schlacht, die kaum irgendwo so hart ist wie in Afrika. Mamadou Ndiaye hat diese Schlacht gewonnen. Vorerst. Er hat in islamischen Organisationen gearbeitet und als Journalist. Und dabei über Jahre wichtige Kontakte geknüpft, zu den Mächtigen des Landes. Das hat ihm geholfen, zu werden, was er ist: Ein geachteter Mann mir zwei Ehefrauen, sieben Kindern und einem sehr großes Haus in einem feinen Viertel von Dakar. Er streicht über sein blaues Gewand aus Baumwolle und Seide.

    "Wir Senegalesen neigen dazu, viel Wert auf das Erscheinungsbild zu legen. Wichtig ist der Schein, nicht das Sein. Das liegt in unserer Kultur. Selbst der Arme wird versuchen, sich gut zu kleiden – um den Eindruck zu erwecken, reich zu sein."

    Man zeigt, was man hat – redet aber nicht gern drüber. Da ist Mamadou Ndiaye eine Ausnahme. Es war schwer, hier im Senegal Gesprächspartner zu dem Thema zu finden. Mal wird nicht zurückgerufen, mal einfach aufgelegt. Einige möchten vielleicht nicht über die Quellen ihres Reichtums sprechen. Nicht ohne Grund. Denn ob im Senegal, in Kamerun oder in Nigeria: Einige in Westafrika sind in den vergangenen Jahren verdächtig schnell verdächtig reich geworden. Kaum irgendwo lässt sich das so gut beobachten wie hier in Dakar. Die Hauptstadt des Senegal ist zur Drehscheibe des westafrikanischen Jet Sets geworden. Der Soziologe Kaly Niang:

    "Wir haben erlebt, wie hier eine ganz neue soziale Klasse entstanden ist, die wir die "Neuen Reichen" nennen, die ausschweifend konsumiert und in dicken Geländewagen umherfährt. Die Leute fragen sich: Wie haben die das geschafft, in so kurzer Zeit so reich zu werden? Diese Menschen hatten bis vor kurzem doch weder Ausbildung noch Geld!"

    Ein Grund sei der Drogenhandel, sagt mir ein Mann bei den Vereinten Nationen. Jedes Jahr werde Kokain im Wert von einer Milliarde US-Dollar durch Westafrika geschleust. Der Stoff kommt aus Südamerika mit dem Ziel Europa. Geschmuggelt werden auch Zigaretten, Medikamente und: Menschen. Das spüle Geld in die Region. Der neue Luxus ist sichtbar. Zum Beispiel im "Sea Plaza", dem neuen Edel-Einkaufszentrum von Dakar.

    Auf 11.000 Quadratmetern gibt es feine Boutiquen, einen Food Court, Bowlingbahn und Supermarkt. Das Sea Plaza erinnert an eine Shopping-Mall in den USA – und steht doch mitten in Afrika. Das Büro von Direktor Eric Iba Gueye ist noch unverputzt, Kabel hängen aus der Wand. Am Chef selbst stimmt jedes Detail: Das Designerhemd, die Manschettenknöpfe, die Haartolle:

    "Mit dem Sea Plaza wollten wir etwas Großes, Schönes schaffen, das die Erwartungen der Senegalesen völlig erfüllt. Es gibt eine echte Nachfrage. Schauen Sie sich die Familien an – sie kaufen alles Mögliche ein! Wir sind stolz aufs Sea Plaza!"

    Na ja, überfüllt ist das Sea Plaza nicht gerade. In den schicken Modegeschäften nesteln Verkäufer gelangweilt an den Auslagen herum, Kunden gibt es kaum. Die kommen vor allem am Wochenende. Dann ist der Parkplatz voll mit dicken Limousinen und Geländewagen. Autos, die man am Abend wiedersieht. An der Corniche, dem Ausgehviertel.

    Samstagabend, 23 Uhr. Ein dicker Mercedes hält, mit getönten Scheiben. Er kommt aus Gambia, dem Nachbarland, wo der Drogenschmuggel floriert. Es steigen ein paar Afrikaner aus. Sie tragen Sakko, fette Sonnenbrillen und ebenso fette Goldketten. An ihrer Seite: Schlanke, schwarze Schönheiten in engen Kleidern. Alles wie in einem amerikanischen Rapper-Videoclip – und doch mitten in Afrika. Der Danceclub "Diamond" füllt sich langsam. Die Disco ist noch ganz neu. Das Interieur ist in Silber gehalten, die Licht- und Tonanlage erstklassig. Wie der ganze Club, sagt Manager Nino:

    "Das ist der größte und schönste Club des Senegal. Diamond – der Name steht dafür! Der Club hat auch einen VIP-Bereich, da, neben der Tanzfläche. Er ist reserviert für Flaschen."

    Für "Flaschen" heißt: Dort darf sich nur hinsetzen, wer eine Flasche bestellt: Whisky, Champagner oder Gin. Rund 100 Euro kostet eine davon. Soviel verdient ein durchschnittlicher Senegalese im ganzen Monat.


    Es ist kühl im "Diamond". Und das liegt nicht nur an der Klimaanlage. Niemand tanzt - Partystimmung ist anders. Die Leute fläzen lieber auf der cremefarbenen Couch. Vor den Flaschen. Das ist mir unheimlich, sagt mir Karim. Er ist DJ in Dakar, kennt das Nachtleben wie kaum einer. Aber heute fühlt er sich auf der Corniche nicht mehr zu Hause. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Stadt sehr verändert, sagt er:

    "Heute ist Ausgehen vor allem Protzerei: Die neuen Reichen sind da, die Angeber mit ihren Ketten, Ohrringen, und Champagnerflaschen... Wenn Du in einen Club gehst, wollen alle nur in den VIP-Bereich. Keiner will mehr tanzen. Das hat doch nichts mehr mit Partymachen zu tun!"

    Vor dem Club stehen Koranschüler, mit Staub bedeckt – und Lumpen am Leib. Sie betteln, strecken dem Partyvolk eine Blechdose entgegen. Als einer ein paar Münzen in die Dose wirft – entbrennt unter den Kindern ein Kampf. Jeder will was vom Almosen abhaben, etwas nach Hause bringen. Die Szenerie im Diamond und im Sea Plaza darf nicht täuschen: Der Senegal ist eines der ärmsten Länder der Welt, mehr als die Hälfte seiner Bürger lebt unter der Armutsgrenze. Kein Wunder also, dass der Staat nicht viel zu verteilen hat. Ousmane Kasse, Sprecher der Finanzverwaltung von Dakar:

    "Jedes Jahr nehmen wir jetzt mehr Steuern ein als im Vorjahr. Allerdings sind das immer noch nur rund 35 Prozent des geschätzten Potenzials! Unsere Wirtschaft ist eben noch nicht sehr strukturiert. Nicht immer lässt sich nachverfolgen, wer mit wem Geschäfte treibt. Das bedeutet, dass ganze Wirtschaftszweige derzeit keine Steuern zahlen."

    Das gilt zum Beispiel für den informellen Sektor, in dem 75 Prozent der Wirtschaftsleistung des Senegal erarbeitet werden! Also für die kleinen Händler an der Ecke, die Tagelöhner, die Bauern – und die Firmen, die nicht registrieren sind. Aber auch die reichen Getreideimporteure sind steuerbefreit - genauso wie internationale Unternehmen, zumindest für ein paar Jahre. Wer zahlt denn überhaupt Steuern, frage ich. Vor allem die großen Staatsbetriebe, antwortet Ousmane Kasse. So zahlt allein der staatliche Telefonanbieter rund zehn Prozent der staatlichen Steuereinnahmen! Ousmane Kasse senkt seine Stimme. Vielen Menschen im Senegal wissen gar nicht, was Steuern überhaupt sind, sagt er leise. Vor allem auf dem Land. Warum auch, fragt Mohammed Mbodj, Chef der Bürgerrechtsorganisation "Forum Civil". Der Bürger wurde ja keine Ergebnisse der Steuereinnahmen sehen.

    "Wenn der Mensch nicht den Eindruck hat, dass sein Steuergeld sinnvoll verwendet wird, sagt er sich doch: Meine Steuern wandern doch sowieso direkt in die Tasche eines hohen Beamten. So erscheint es ihm ganz legitim, keine Steuern zu zahlen."

    Trotz der jüngst gestiegenen Steuereinnahmen hat sich weder in der Bildung noch im Gesundheitswesen viel getan, sagt Mbodj. Für ihn liegt auf der Hand: Das Steuergeld ist in den Taschen einiger weniger versickert, in den oberen Etagen der Verwaltung – und der Politik. Tatsache ist: Viele haben überhaupt kein Interesse an einem effizienten und kontrollierten Steuersystem. Das bestätigt Henri Solignac Lecomte, Steuerexperte bei der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris. Und doch wirkt er optimistisch:

    "Man merkt, dass die afrikanischen Steuerbehörden plötzlich aktiv werden. Sie tauschen sich miteinander aus. Um Erfahrungen zu teilen, um international mit einer Stimme zu sprechen. Und auch die afrikanische Zivilgesellschaft setzt sich mittlerweile stark für Steuergerechtigkeit ein. Sie will keine Wohltätigkeit, nicht mehr Entwicklungshilfe, sondern ein funktionierendes Steuersystem. Eines, dass es dem Staat erlaubt, sich zu entwickeln - zum Wohle aller."

    Ein weiteres Entwicklungshemmnis ist die Kapitalflucht: Wenn also Vermögen illegal außer Landes geschafft wird. Kaum einer kennt sich beim Thema Kapitalflucht besser aus als Raymond Baker, Chef der Organisation "Global Financial Integrity" in Washington, DC. Baker schätzt, dass in den vergangenen 40 Jahren mehr als 640 Milliarden Euro illegal den afrikanischen Kontinent verlassen haben. Atemberaubend viel Geld.

    "Diese Geldströme dürften zwei bis vier Mal so hoch sein wie die Gesamtsumme der Entwicklungshilfe, die in dieser Zeit nach Afrika geflossen ist. Wenn wir wirklich etwas für Afrika tun wollen, müssen wir das illegale Geld, das zu uns kommt, einschränken! Wer gegen die Kapitalflucht vorgeht, sorgt dafür, dass es in Afrika mehr Geld gibt für Entwicklung und Armutsbekämpfung!"

    Der klassische Weg der Kapitalflucht: Geldbündel im Koffer zu verstecken - und an den laxen Kontrollen in afrikanischen Flughäfen vorbei ins Ausland zu schmuggeln. Besonders VIP's werden selten durchsucht. Aber es gibt auch elegantere Methoden, erzählt Raymond Baker. Zum Beispiel, wenn Geschäftspartner sich auf überhöhte Rechnungen einigen - und der Mehrbetrag dann auf ein Privatkonto in einem Steuerparadies wandert. Ndouga Fall Kane kennt solche Mauscheleien sehr gut. Er ist Leiter der Finanzbetrugsbehörde in Dakar:

    "Da ist zum Beispiel das Fischereiunternehmen, das Ausländern
    gehört. Es kauft angeblich Ware im Wert von fünf Millionen. Wo sind die Beweise dafür? Oder das Büro, das in einem Jahr angeblich 60 Milliarden westafrikanischer Francs in Euro und Dollar handelt. Das sind 20 Milliarden mehr als das Budget von Dakar!"

    Kane weiß, dass dieses Geld oft aus illegalen Quellen kommt. Doch seine Behörde hat kaum die Mittel dazu, den Tätern auf die Spur zu kommen. Geschweige denn, sie vor Gericht zu bringen. Denn diese Menschen tragen oft bekannte Namen - und haben viel Einfluss. Ermittlungen im Ausland gestalten sich noch schwieriger. Vor allem, wenn illegales Geld in einem Steuerparadies parkt. Wo Banken keine Auskünfte geben müssen.

    "Ich finde es ja in Ordnung, wenn man von uns Afrikanern Transparenz einfordert. Aber ich möchte, dass es auch in den Industrieländern transparent zugeht! Dass sie ihre Informationen mit uns teilen, uns sagen, wie viel Geld aus Afrika bei ihnen ankommt! Damit wir prüfen können, woher dieses Geld stammt!"

    Ndouga Fall Kane atmet jetzt heftig. Dieses Thema regt ihn auf. Denn er fühlt sich ziemlich allein, es ist ein Kampf von David gegen Goliath. Er kann nur ahnen, wie viel Geld das Land verlässt. Kapital, das hier so dringend gebraucht wird. Für den Kampf gegen die Armut, für Jobs, für neue Straßen. Und an diesem Aderlass sind in vielen afrikanischen Ländern die Staatschefs selbst beteiligt. Nach den Revolutionen in der arabischen Welt wurde bekannt, wie viel Vermögen die Staatschefs von Tunesien, Libyen oder Ägypten ins Ausland gebracht hatten, wie hemmungslos diese Männer sich bereichert haben – auf Kosten ihres Volkes. Und nicht nur die Männer: Die Frau des tunesischen Präsidenten Ben Ali soll bei ihrer Flucht eineinhalb Tonnen Gold aus der Zentralbank mitgenommen haben. Es könnte Jahre dauern, bis all das Vermögen aufgespürt wird, das von Strohmännern oder Scheinfirmen geparkt wurde. Auf Konten in der Schweiz, in Steuerparadiesen, auch in Deutschland oder Frankreich. Überhaupt, Frankreich: Bisher eine der Lieblingsadressen für afrikanische Diktatoren.


    "Privatbesitz, Eintritt verboten" – steht auf dem Messingschild eines herrschaftlichen Anwesens mitten im feinen 16. Arrondissement von Paris. 1500 Quadratmeter ist es groß, geschätzter Wert: 15 Millionen Euro. Erworben hat es der verstorbene Präsident von Gabun, Omar Bongo. Seiner Familie gehören in Frankreich noch 38 weitere Luxus-Immobilien. Es ist kein Einzelfall, dass ein afrikanischer Clan so luxuriös in Paris residiert, sagt Jacques Terray. Er ist Vizepräsident der Anti-Korruptions-Organisation "Transparency International" in Paris. Neben Omar Bongo hat er auch die Präsidenten der Republik Kongo und von Äquatorialguinea unter die Lupe genommen.

    "Wir haben eine Liste der Polizei über die Besitztümer dieser Leute. Es handelt sich um mehrere Hundert Millionen Euro – und wir sind sicher, dass die Polizei noch nicht alles entdeckt hat. Denn diese Herren arbeiten über Strohfirmen."

    Jacques Terray sitzt am Schreibtisch seiner dunklen Altbauwohnung am Jardin du Luxembourg. Er deutet auf ein Foto, das eine Straße in Afrika zeigt. Autos fahren auf wackligen Holzplanken über ein großes Erdloch. "Wissen Sie was das ist?", fragt er. "Diese Schlaglochpiste ist die wichtigste Autobahn im Kongo!" Und lächelt bitter. Terray sieht man seinen Ärger an. Ärger darüber, dass die Familien afrikanischer Präsidenten hier in Paris durch die Edelboutiquen ziehen – während es in ihrer Heimat am Nötigsten fehlt. Er möchte gern wissen, sagt er, wie man mit dem Gehalt eines Staatschefs solche Besitztümer anhäufen kann. Und ist überzeugt: Es muss sich um unterschlagenes Staatsgeld handeln. Der kongolesische Präsident Dennis Sassou Nguesso weist solche Anschuldigungen von sich:

    "Ich sage Ihnen gleich: Ich habe weder in Frankreich, Belgien, Deutschland oder Monaco ein Konto!"

    "Das gilt nicht für ihre Familie, Herr Präsident", sagt der Reporter des französischen Fernsehen.

    "Aber das ist doch deren gutes Recht", antwortet Nguesso.

    Jacques Terray bezweifelt das – und zeigt auf eine ausgedruckte Liste der französischen Polizei. Aus dieser Liste geht hervor, dass Nguesso 24 Wohnungen und 112 Bankkonten allein in Frankreich besitzt. Männer wie Nguesso können Druck auf die französische Regierung ausüben. Denn sie sind wichtige Alliierte, in Politik und Wirtschaft. Frankreich bezieht sein Öl etwa vor allem aus Gabun, dem Land von Ali Bongo. Ganz klar: Diese Ermittlungen rühren an den Kern der sogenannten "Francafrique", der engen Allianz zwischen Frankreich und den Eliten in den ehemaligen Kolonien. Jacques Terray:

    "Diese Leute verfügen über Netzwerke in Frankreich. Sie haben Geld und ein Netz aus Anwälten, Kommunikationsprofis und französischen Politikern, die sie unterstützen – und uns vorwerfen, gegen die Interessen Frankreichs zu handeln."

    Terray macht einen entschlossenen Eindruck. Er will nicht aufgeben, auch wenn ihm und seinen Kollegen einige Steine in den Weg gelegt wurden. So ließ zum Beispiel ein Gericht die Klage gegen die Präsidenten zunächst nicht zu. Erst eine höhere Instanz hat dieses Urteil jetzt widerrufen. Transparency-Anwalt William Bourdon:

    "Das lässt Millionen Afrikaner hoffen. Menschen, die immer ärmer werden, weil ihre Staatschefs und deren Clan die nationalen Ressourcen verschwenden. Sie können nun hoffen, dass eines Tages die Verantwortlichen für diese Ausplünderung sanktioniert werden."

    Die Ankläger müssen sich allerdings in Geduld üben. Denn die Präsidenten genießen bisher diplomatische Immunität – und großen Einfluss. Immerhin ein Teilerfolg für Terray und seine Mitstreiter. Doch über aller Freude lastet ein Schatten - der Schatten des kongolesischen Journalisten Bruno Essebi. Gemeinsam mit seinem Kollegen Benjamin Toungamani, der in Frankreich lebt, wollte er Transparency helfen, Kongos Präsidenten vor Gericht zu stellen. Am gleichen Tag gingen die Häuser der beiden in Flammen auf – im Kongo wie in Frankreich. Aus ungeklärten Ursachen. Essebi überlebte seine Verbrennungen nicht – auch seine Frau und seine beiden Kinder starben im Feuer. Spätestens die Fälle Ben Ali und Mubarak haben eine Debatte über die Reichen Afrikas angestoßen – über die Verwendung von Staatsfinanzen, über Kapitalflucht, Korruption und Raffgier. Eine Debatte, die in Afrika geführt wird wie in Europa: Denn ohne Hilfe aus Europa hätten diese Menschen nie so unermesslich viel Geld anhäufen können. Die Fälle Ben Ali und Mubarak zeigen aber auch: Macht und Reichtum können sich von einem zum anderen Tag in Luft auflösen. Vor allem in Afrika.