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Zweite Runde der Parlamentswahl
"Frankreich ist gespalten"

Das Bündnis von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron könnte bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit bekommen. Die Politikwissenschaftlerin Claire Demesmay warnt vor zu viel Euphorie über den Erfolg Macrons. Frankreich habe viele Probleme, die sich nur langfristig lösen ließen, sagte sie im Dlf.

Claire Demesmay im Gespräch mit Michael Köhler | 18.06.2017
    In Frankreich haben die Wahllokale zur zweiten Runde der Parlamentswahl geöffnet.
    In Frankreich haben die Wahllokale zur zweiten Runde der Parlamentswahl geöffnet. (AP Photo/Thibault Camus)
    "So schnell ändert sich ein Land nicht", so Demesmay. Macron verkörpere zwar ein junges, selbstbewusstes Frankreich, aber: Es gebe viele Regionen, die ein anderes "Gesicht Frankreichs" verträten. "Dort haben die Menschen Angst vor der Modernität, Angst vor der Globalisierung und vor der Zukunft. Da herrscht große Perspektivlosigkeit". Die Menschen seien weniger gebildet und auch weniger erfolgreich, während die Anhängerschaft Macrons eher gut verdienend und gebildet sei.
    Diese beiden Teile der Gesellschaft zu vereinen, sei eine große Aufgabe für Macron - und eine langfristige. "Es wird dauern und es braucht viel Kommunikation", betonte Demesmay. "Wir müssen diesen Leuten zuhören."
    Die Politikwissenschaftlerin rechnet mit einer klaren Mehrheit für Macron bei der Wahl. "Das ist ein Phänomen, das hat es in den letzten Jahrzehnten noch nie gegeben." Ihrer Ansicht nach waren die entscheidenden Themen bei dieser und auch bei der Präsidentschaftswahl Kaufkraft, Arbeitslosigkeit und Sicherheit.
    Mit Blick auf das deutsch-französische Verhältnis sagte Demesmay, es gebe derzeit eine Asymmetrie. Deutschland sei der starke Partner, sowohl politische als auch wirtschaftlich. In politischer Hinsicht könne sich das mit Macron nun aber ändern.