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Zwischen Fußball und Politik

Am Sonntag ist Parteitag der Grünen und da spielt Katharina Fegebank eine wichtige Rolle. Die 33-Jährige ist Parteivorsitzende der Grünen Alternativen Liste in Hamburg und will dafür sorgen, dass die Partei eine gute Entscheidung trifft.

Von Verena Herb | 19.08.2010
    Treffpunkt Fußballplatz. Ein etwas ungewöhnlicher Ort für eine Frau. Katharina Fegebank wollte bewusst hierher.

    "Bin jetzt mal ganz froh, dass hier zwei Frauenmannschaften spielen – 2011 haben wir WM im eigenen Land. Das wird dem Frauenfußball glaube ich noch mal einen kleinen Boost geben."

    Die 33-Jährige lehnt sich über die Metallumrandung am Spielfeldrand: Die Mädels vom SC Sternschanze haben das Team des SV Uhlenhorst Adler zu Gast. Die junge Landesvorsitzende der Hamburger Grünen gibt Überraschendes preis:

    "Was mir, glaube ich, großen Spaß machen würde, nen kleinen, heruntergeschrabbelten Fußballklub irgendwann mal zu übernehmen. Ohne, dass ich viel Geld hätte, aber vielleicht die ein oder andere gute Idee und dann so einen Dritt- oder Viertligaklub nach vorne zu bringen, daran hätte ich, glaube ich, viel Freude."

    Seit vier Jahren besitze sie eine Dauerkarte für Werder Bremen, erzählt Katharina Fegebank stolz. Sie trägt Freizeitlook: braune Caprihose, lila T-Shirt, darüber eine pinke Sweatshirtjacke. Die dunkelblonden Haare kurz geschnitten. Eher sportlich denn elegant ist ihr Kleidungsstil. Was nie fehlt: der schwarz-weiß karierte Rucksack. Der ist eben praktisch, wenn die gebürtige Schleswig-Holsteinerin auf dem Rennrad durch Hamburg braust.

    An diesem Sommernachmittag regnet es: Schutz bietet die überdachte Trainerbank. Während auf dem Platz die Tore fallen, spricht Katharina Fegebank darüber, was sie an Politik fasziniert.

    "Ich wusste, ich wollte immer was mitgestalten. Ich wollte verändern, und ich wollte einen Ort finden, wo ich meine Ideen einbringen und möglichst dann auch umsetzen kann. Und das schien mir im politischen Kontext machbar.""

    Sie studiert Politikwissenschaft, Jura und Englisch in Freiburg, dann Europawissenschaften in Berlin. Sie ist in Studentenverbänden aktiv – ohne jedoch einer Partei anzugehören. Sie ergattert interessante Praktika.

    "Ich war bei den Vereinten Nationen in New York, ich habe mir mal die deutsche Botschaft in Ankara angeguckt, ich war sogar bei Heide Simonis im Planungsstab – also damals, wo sie Ministerpräsidentin war in Schleswig-Holstein, und habe dann mein erstes Praktikum bei den Grünen gemacht im Deutschen Bundestag, das weiß ich noch sehr gut, das war im Jahr 2000."

    Dass sie zehn Jahre später die jüngste Landesvorsitzende der Grünen Alternativen Liste ist, die es je in Hamburg gegeben hat, daran denkt sie damals nicht. Als sie 2004 in die Hansestadt wechselt, um hier an ihrer Promotion zu arbeiten, nimmt sie einen Job als Referentin in der Hamburger Bürgerschaft an. Merkt da, dass sie grüne Werte und Ideen unterstützt – und tritt in die Partei ein. Kurz vor der Bundestagswahl 2005.

    "Das klingt wahrscheinlich recht unspektakulär, und ich hatte nicht das große Erweckungserlebnis, dass ich wusste, aufgrund einer bestimmten Rede eines Joschka Fischer beispielsweise. Nein, es war tatsächlich die intensive Auseinandersetzung, die Beschäftigung mit dem grünen Wahlprogramm, mit der grünen europäischen Idee und habe gedacht – jetzt machste das einfach mal."

    Seit Juni 2008 führt sie die Landespartei. Die Grünen in Hamburg koalieren mit der CDU. Als Vorsitzende muss sie ihre Basis einige Male überzeugen, beziehungsweise "auf Linie" bringen: Etwa bei der Entscheidung für den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg, vor einigen Wochen dann geht der Volksentscheid zur Schulreform verloren. Das grüne Lieblingsprojekt Primarschule scheitert. Sie fühlt sich der Aufgabe gewachsen:

    "Ich muss das schaffen. Wenn ich ständig in Panik verfalle, weil ne große Herausforderung, ne Aufgabe vor mir steht, ich ein Problem sehe, das ich am Tag vorher noch gar nicht so abgeschätzt habe, dann würde ich ja ständig ein Sauerstoffzelt aufstellen müssen und mich darunter legen. Also ich muss damit umgehen."

    Auch damit, dass es am Sonntag vorbei sein kann mit Schwarz-Grün: Die GAL-Mitglieder entscheiden auf einem Parteitag, ob sie nach dem Rücktritt Ole von Beusts die Koalition mit der CDU fortführen wollen. Wieder einmal muss Katharina Fegebank die Ihren einen. Sie weiß auch, dass
    "gerade in Führungspositionen alles auf dünnem Eis gebaut ist. Und wer heute oben auf ist, der kann morgen schon im Keller liegen, und wer kurz davor ist, den Olymp zu besteigen an einem Tag, der fällt vielleicht auf der anderen Seite am nächsten Tag runter."

    Was nicht heißen soll, die 33-Jährige rede anderen nach dem Mund. Sie wirkt selbstbewusst, dabei sehr offen. Ist direkt, bleibt freundlich. Dass sie, vergleichsweise jung, Führungsverantwortung trägt, schüchtert sie nicht ein. Im Gegenteil. Ihre Bodenständigkeit hat wohl auch etwas mit ihrer Herkunft zu tun: In Bargteheide, nahe Hamburg, wächst sie mit zwei jüngeren Brüdern auf. Mutter und Vater sind Lehrer – ein behütetes Elternhaus.

    "Wir sind ein sehr politischer Haushalt gewesen. Bei uns wurde immer viel diskutiert. Ich hab mich mit meinem Vater schon ne ganze Menge gekabbelt, weil wir unterschiedliche Ansichten zu den unterschiedlichen Themen hatten. Und das hat mich sehr geprägt und auch nach vorn gebracht".

    Ihre Stimme wird leise, als sie nachdenklich einräumt: Ja, das Amt als Landesparteichefin habe sie verändert. Sie nehme nicht mehr alles so persönlich, sei gelassener geworden, nicht mehr so dünnhäutig. Ihre Eltern finden gut, dass sie sich so engagiert, aber:

    "Sie haben mir von Anfang an gesagt, ich soll aufpassen, nicht unter die Räder zu kommen. Weil ich – auch wenn ich nach außen hin etwas tougher wirke - eigentlich ein ganz empfindsamer, auch sehr sensibler Mensch bin, der viel nachdenkt, dem vieles schnell an die Nieren geht. Und das Selbstbewusstsein was ich nach außen trage, ist nach innen nicht immer so ausgeprägt, wie ich mir das wünschen würde."

    Was später noch kommt? Vielleicht ein Bürgerschaftsmandat, gar ein Senatorenamt oder der Sprung nach Berlin? Sie antwortet leicht genervt:

    "Worauf ich jetzt keine so große Lust habe, über Dinge zu spekulieren, die wahrscheinlich noch in mittlerer oder ferner Zukunft liegen. Mir ist wichtig, dass ich meine Arbeit heute gut mache, dass ich im Blick habe, was die nächsten Wochen und Monate ansteht."