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Zwischen Mensch und Tier

Der Fußball-Weltverband setzt gemeinsam mit den acht Viertelfinalisten ein Zeichen gegen Diskriminierung und Rassismus. Bei allen vier Partien werden die Mannschaftskapitäne eine Botschaft verlesen, in der sie Diskriminierung im Fußball und in der Gesellschaft verurteilen. Jedoch in Medien und Werbung tauchen immer wieder rassistische und diskriminierende Klischees auf.

Von Heinz Peter Kreuzer | 03.07.2010
    "Im Namen der deutschen Nationalmannschaft erkläre ich, dass wir keine Form von Diskriminierung tolerieren. Daher rufen wir alle, die uns heute weltweit zuschauen, dazu auf, uns dabei zu helfen, Diskriminierung aus unserer Gesellschaft zu verbannen. Gemeinsam können wir dieses Ziel erreichen. Sag nein zu Rassismus."

    Wie alle Mannschaftskapitäne der WM-Viertelfinalisten verlas Philip Lahm die Botschaft gegen Rassismus. Schöne Worte auf südafrikanischem Boden, in einem Land, dessen Geschichte von Rassismus geprägt ist. Die Afrikaner hatten gehofft, dass diese Fußball-Weltmeisterschaft ihr Image in der Welt aufbessert, glaubt Kurt Wachter, Projektkoordinator des europäischen Netzwerks "Fußball gegen Rassismus":

    "Die Erwartung war sicher, der Welt zu zeigen, Afrika ist nicht der rückständige Armenkontinent, wie das oft in den Medien portraitiert wird, sondern die WM als Chance, ein modernes Bild von Afrika zu zeigen."

    Das ist nur in Teilen in Erfüllung gegangen. Wachter sagt, es habe viele differenzierte Beiträge über Afrika in den Medien gegeben. Aber es seien auch viele Stereotypen aus dem 19. Jahrhundert, der Zeit des Kolonialismus, wieder belebt worden. So habe ein ORF-Experte im österreichischen Fernsehen kritisiert, dass es traurig sei, dass die Fifa einen Schiedsrichter aus Mali eingesetzt habe, weil in Mali ja ganz anders Fußball gespielt wird. Für den Afrika-Experten Wachter ein Zeichen von Unbelehrbarkeit und mangelnder Bildung:

    "Mali gehört zu den Top 10-Nationen in Afrika, es ist wieder dieses alte Bild, die sind rückständig, die sind primitiv."

    In der Zeit vor der Weltmeisterschaft gab es viele negative Schlagzeilen, vor allem nach dem Anschlag auf das togoische Team in Cabinda:

    "Die bringen das nicht zusammen, die können nicht die Sicherheit garantieren, und es herrscht eben Chaos und Gewalt. Und es war völlig egal, dass das eben 5000 km weg war von Johannesburg. Es ist einfach als Synonym für Afrika genommen worden."

    Ein anderes Klischee ist die spezielle physische Zuschreibung von Eigenschaften wie Kraft, Schnelligkeit und Geschmeidigkeit. Geschürt wird das auch noch von deutschen Trainern in Afrika wie Otto Pfister. Eine Bewertung, die sich wissenschaftlich überhaupt nicht belegen lässt. Bei einem Medientraining für WM-Reporter in Wien seien die Journalisten offen für viele Ratschläge gewesen. Aber auf diese Vorurteile wollten sie nicht verzichten. Auch Sponsoren, die afrikanische Sportler vor allem animalisch darstellen, kritisiert Kurt Wachter vom Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation:

    "Da gibt es auch die Kampagne von Puma, in der Samuel Eto'o als brüllenden Löwe vorkommt, der nackt um seine Pumas kämpft, um seine Schuhe. Der Afrikaner, das missing link zwischen Tier und Mensch, also wie das im 19. Jahrhundert noch gesehen worden ist."