Freitag, 19. April 2024

Archiv


Zwischen Strategie und roher Gewalt

Nach dem Amoklauf an einer Erfurter Schule 2002 entbrannte die Diskussion über so genannte Killerspiele. Doch wie gefährlich sind Computerspiele wirklich? Können sie der Auslöser sein, dass Kinder und Jugendliche den Bezug zur Wirklichkeit verlieren und so die Gewaltbereitschaft wächst? Experten bewegen sich auf einem schwierigen Terrain, denn die Maßstäbe für Inhalte von PC-Spielen verändern sich permanent.

Von Sabine Voss | 02.06.2006
    " Bei Counter ist halt auch det jute, man kann miteinander kommunizieren. Nicht ewig schreiben, sondern es gibt vorgefertigte Radio-Commands. Dann stellt man sich ein, mit welchen Tasten man was kauft und wie man so läuft - det ist alles sehr wichtig - weil jeder Spieler hat eine individuelle Steuerung - stellt man sich noch ein, wo man nachlädt, wo man die Geiseln retten kann, wo man wat wegschmeißt. So. Dann stellt man sich noch die Mouse-Geschwindigkeit ein, weil't immer Leute gibt, die spielen schnell. "

    Noch in den 70ern gaben Garagenhöfe oder die Wiese hinterm Haus die Gebiete für kindliche Schlachten her. Die Kriegsspieler kamen am Abend mit verdrecktem Gesicht und blutendem Knie aus "ihren Gebieten" zurück. Das Kriegsspiel von heute dagegen am Computer hat den Körper – ob blutend oder nicht – total eingebüßt. Die Teilnehmer lassen ihre elektronischen Stellvertreter, die Pixelfiguren durchs 3D-Gelände laufen, sich verstecken, dem Feind auflauern, ihn erschießen.

    "Also wir spielen nicht nur Ego-Shooter, wo man vorne die Waffe sieht und Leute umbringt, wir spielen auch Strategiespiele. Also unser Clan hat sich mit 'nem Strategiespiel gegründet. 'Star Craft'. Also jeder Zocker wird dieses Spiel kennen und lieben. Das wird auch heute immer noch gespielt."

    "Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Meinung, dass man dadurch eher abgekapselt wird - ist es so, dass wir zusammen spielen und auch zusammen Spaß haben. Das ist uns eigentlich ziemlich wichtig daran. Außerdem sind wir nicht die Leute, die draußen rumrennen und sagen, oh geil, ich hab heute fünf Leuten 'nen Kopfschuss verpasst. "

    Stefan Brenner und Florian Lindemann sind Schüler und gleichzeitig Mitglieder eines Computerspiele-Clans. Spätestens seit dem Amoklauf von Erfurt im Jahr 2002 stehen die beiden 16-Jährigen unter dem Verdacht gefährdet zu sein - weil sie 3D-Shooter spielen.

    Die Wortschöpfung "Killerspiel" alarmiert damals die Öffentlichkeit und fordert den Staat heraus. Schließlich sollen die Politiker Minderjährige davor bewahren, Verhaltensweisen zu entwickeln, die Grundrechte missachten - wie den Schutz des Lebens, die körperlichen Unversehrtheit, die Gleichheit aller Menschen.

    Im Jahr 2003 tritt unter der rotgrünen Bundesregierung ein neues Jugendschutzgesetz in Kraft. Die jetzige Bundesregierung will darüber hinaus "Killerspiele" endgültig verbieten. So ist es im Koalitionsvertrag vereinbart. Nur ist bis heute unklar: Was genau ist ein "Killerspiel"?

    Vielleicht ist der Ego-Shooter gemeint. Der Spieler agiert dabei aus der Ich-Perspektive. Er identifiziert sich mit einer Hand, die über den Bildschirmrand hinein ins 3D-Bild ragt. Mit dieser Hand kann er Waffen wählen, wechseln, laden, schießen. Er schaut über den Gewehrlauf hinweg, während er durch eine virtuelle Szenerie läuft, springt, sich dreht. Jede Drehung ist gleichzeitig die Drehung seiner Sicht. Und damit ist der Spieler, was alle leidenschaftlichen Spieler als "drin sein" bezeichnen: Drin im Film, kein Zuschauer mehr, sondern dabei, als Spielfigur. Immersion nennen die Hersteller den "Hineinsaugeffekt" - und bedienen ihn auf allen Ebenen.

    Die Befürchtung: die virtuell geschaffenen Rollen könnten über den Bildschirm hinaus in die Wirklichkeit springen und die Spieler "infizieren". Unter nichtspielenden Erwachsenen ist diese Sorge ganz besonders groß. Eltern, Lehrer, Politiker zeigen sich beeindruckt von der Bildoberfläche. Sie glauben, dass all das, was sie sehen Aufschluss darüber gibt, was ein Rollenspieler erlebt - nämlich töten zu können oder getötet zu werden. Etwa bei einer wilden Verfolgungsjagd bis aufs Blut.

    Sie befürchten, ihre Kinder seien Akteure in einem grausamen Film. Meistens ein Fehlschluss, meint Marek Klingelstein. Er ist Spieletester in der USK, der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, die Computerspiele einer gutachterlichen Prüfung unterzieht.

    "Computerspiele sind erweiterte Brettspiele und nicht erweiterte Filme. Gerade beim Spiel, dem einzigen Medium, wo wir die Möglichkeit haben, interaktiv tätig zu werden, geht, wenn wir es über's Fernsehen betrachten, immer was verloren. Es bleibt immer nur die plakative Gewalt, es bleibt übrig, der rennt durch die Gänge und metzelt alles nieder. Deshalb halten wir auch unsere Gutachter immer wieder an mitzuspielen. Die merken bei Prügelspielen z.B. sehr schnell, wie viel mehr als ein reines Prügelspiel oder Ballerspiel das ist. Dass es um Taktik geht, dass es um Teamwork geht, dass es um den Thrill, erschreckt zu werden geht, die Gegner-Intelligenz beschäftigt Sie, das sind alles Punkte, die auf dem Bildschirm für Zuschauer nie sichtbar werden. Ich kann das aber verstehen, wenn man solche Bilder großformatig sieht und die noch gut unterlegt sind, dann bleibt von einem Ego-Shooter eben wirklich nur noch das Gemetzel übrig. Wir haben auch Ego-Shooter, die sind ganz genauso. Da geht's nur darum: gehen Sie ins Level rein, hauen Sie alles weg und finden Sie den Level-Ausgang."

    Die Frage, wie und ob der Stereotyp des martialischen Kämpfers, der alle Probleme mit Gewalt löst, auf den Heranwachsenden nun abfärbt, hat immer wieder neu den Stellenwert einer Gretchenfrage. Von der Antwort hängt ab, welchen Rang Experten dem Computerspiel als Gewaltursache zuschreiben.

    Der Medienpädagoge Bernd Schorb formuliert den kleinsten gemeinsamen Nenner.

    "Ich bin mir sicher, dass in der ernsthaften Wissenschaft es darüber 'ne Einigkeit gibt, die sagt, es gibt keine direkte Wirkung, die ist nicht messbar, es gibt keine Möglichkeiten, Situationen herzustellen oder Beobachtungen zu machen, die direkte Auswirkungen von Medien auf direktes Handeln von Menschen messbar machen. Auf der anderen Seite gibt es, denke ich, inzwischen ganz klare Einsichten, nämlich: Medien haben eine negativ verstärkende Wirkung dort, wo sie nicht durch etwas anderes moderiert werden. Der Mensch ist ein soziales Wesen, er kann sich nur in einem sozialen Raum und mit anderen Menschen entwickeln, und zu seiner Entwicklung und zu dem, was er lernt gehören inzwischen ganz massiv die Medien. Und er fragt sich, ob das richtig ist, was er in diesen Angeboten bekommt, wie das Recht des Stärkeren oder ähnliches. Wenn er auf diese Fragen keine Antworten von anderen Menschen bekommt, wenn er sich kein eigenes Moralgebäude in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen bilden kann, bekommen die Medien einen Stellenwert, den sie bei anderen sonst nicht haben. "

    Dieses Moralgebäude ist bei den allermeisten Spielern intakt. Erfahrene Computerspieler zeigen sich daher auch irritiert, wenn man ihre Spiele nach Kriterien der Menschlichkeit und Moralität kritisiert. Sie wollen gewinnen und keine Belege für ihre moralische Integrität abgeben. Solche Spieler streifen also ihre moralischen Haltungen ab und hängen sie zur Aufbewahrung wie eine Jacke an den Haken, bevor sie ihre virtuelle Welt betreten. Hier handeln sie in einem Regelwerk, funktionell und ohne Mitleid.

    "Es ist immer knallhart zu sagen, das ist unsere Konfliktlösung, zumal es in vielen Spielen auch die einzige Konfliktlösung ist. Wir können nie mit dem reden, wir können den nicht fragen, ob er Kinder hat oder so weiter. Das ist einfach ein virtuelles Ding, und das schmeißen wir 'runter, genauso wie wir das mit Zinnfiguren machen, wenn wir unsere großen taktischen Pläne ausarbeiten, genauso wie wir das bei 'Mensch ärger dich nicht' machen. Es ist eine Figur, die uns im Wege steht und innerhalb der Welt ist es legitim durch die Regeln, dass wir die Figur abschießen. "

    Die Maßstäbe für Inhalte von PC-Spielen verändern sich. Was früher noch als gefährdend galt, wird heute mit harmlos beurteilt. Derzeitiger Konsens ist, Computerspiele als "nicht jugendfrei" einzustufen, wenn Gewalt gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen als einzig mögliche Spielhandlung angeboten wird. Ein anderes Kriterium ist, wenn Gewalthandlungen gegen Menschen optisch deutlich herausgearbeitet sind und akustisch untermalt werden.

    "Blutende Wunden, zerberstende Körper, Todesschreie. Kann man auf den am Boden liegenden nachschießen? Kann man dem den Kopf abschießen, Bein abschießen? Wird ein Kopfschuss belohnt? Also solche Fragen sind alle noch zu klären, wenn man sagen will, da ist eine offenkundige Jugendgefährdung."

    Jürgen Hilse ist der Ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden in der USK, der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes wird 2003 die bis dahin freiwillige Alterskennzeichnung für Computerspiele den Herstellern nun verbindlich vorgeschrieben und zu einem hoheitlichen Akt gemacht.
    Ein unabhängiges Gremium von Experten lässt sich in jedem Jahr etwa 2800 Spiele vorführen - oder spielt sie selbst - und diskutiert dann deren mögliche Wirkung.
    Die Hälfte aller geprüften Spiele gibt das Gremium ohne Altersbeschränkung frei. Lediglich bei drei Prozent verweigern die Jugendschützer eine Freigabe.

    "Die meisten Computerspiele inzwischen bedienen eine Erwartungshaltung von Spielern im Hinblick auf Vielschichtigkeit. Man will nicht einfach einen abballern á la Moorhuhn, sondern man will ganz verschiedene Aufgaben haben. Es müssen Rätsel gelöst werden; man muss sich taktisch geschickt verhalten, man muss ein Team mitnehmen. Gelegentlich ist es auch so, dass hier die Gutachter auch selbst spielen in der Prüfung, auch gegeneinander spielen. Hilfreich ist es auch, dass viele Gutachter - ich auch im übrigen, dass meine Kinder eben selber spielen und man im Dialog mit denen eben auch sehr viel Erfahrung schöpfen kann, was Qualität angeht, was cool ist oder was auch immer - also man kann das ja nicht in einem luftleeren Raum entscheiden, sondern man sollte schon vor dem Hintergrund nicht nur eigener sondern auch der allgemeinen Erfahrung eigentlich so ein Spiel beurteilen können. "

    Die öffentliche Wahrnehmung speziell der nichtspielenden Zuschauer, welche Ego-Shooter auf den Spieler verrohend wirken könnten, gründet sich meist auf klaren Indizien. Diesen Indizien versuchen die Hersteller in vorauseilendem Gehorsam gerecht zu werden. Um eine Jugendfreigabe auf dem deutschen Markt zu erhalten, produziert der amerikanische Hersteller von "Counterstrike" eigens eine deutsche Fassung. In seinem Egoshooter, der weltweit Kultstatus erlangt hat, wird rotes Blut getilgt und durch grünes ersetzt. Außerdem fällt die tödlich getroffene Spielfigur in der amerikanischen Fassung um, in der deutschen setzt sie sich hin und wackelt mit dem Kopf. Auf diese Weise kann das Werk sogar einen später gestellten Antrag auf Indizierung erfolgreich überstehen.

    Stefan und Florian verteidigen dieses Spiel, das - wäre es indiziert worden - sie nicht mehr hätten spielen dürfen.

    "Der besondere Reiz an dem Spiel ist wirklich die Taktik und das Team-Play. Es sind ja zwei Teams, die Counter, also die Polizei und die Terroristen, und die Polizei muss halt 'nen Bombenplatz sichern, die Terrors müssen ne Bombe legen oder Geiseln befreien und all sowas, es kommt wirklich nicht nur aufs Töten an, das heißt, wenn sich das eine Team versteckt, muss man nicht rumrennen wie bei alten Spielen und die dann abschießen, sondern man befreit einfach die Geiseln und gut ist."

    "Außerdem muss man beachten, dass indizierte Spiele überhaupt den Reiz des Verbotenen ausmachen, dann sagen sich alle erst recht, wow, das muss cool sein, wenn das indiziert wird, und alle anderen indizierten Spiele fanden wir auch irgendwie cool. Das Problem ist auch, wer kontrolliert am Ende, ob da nicht ein 18jähriger für nen 16jährigen in nen Laden geht und das Spiel kauft oder ob er's sich nicht einfach aus dem Internet zieht, was ja noch schlimmer wäre im Endeffekt, da er sich dann ne Raubkopie holen würde von dem Spiel, weil er's halt nicht legal bekommen kann, und genau dort ist nämlich das Problem."

    Bernd Schorb, Professor für Medienpädagogik in Leipzig, siedelt das eigentliche Problem noch viel früher an, in der Entwicklungsphase, also schon bei den Herstellern.

    "Wenn es wirklich bei diesen Spielen darum geht, die Auge-Hirn-Hand-Koordination und sich zu erproben, wie schnell man ist, wie gut man ist gegenüber den andern, wie gut man in der Gruppe strategisch zusammenarbeiten kann, dann kann man das auch in anderen Szenarien. Und angenommen, diese Computer-Spieleentwickler sind wirklich diese Genies, zu denen sie immer wieder gemacht werden, wahnsinnig kreativ und so 'was, dann müsste doch gerade denen etwas einfallen, was sowohl höchst attraktiv ist und nicht der billige Abklatsch einer grausamen Welt, ja, und die möglichst nah, die möglichst nah wiederzugeben. Und da sag' ich schon, da kann man in einer so differenzierten Welt wie der unseren, kann man schon ein bisschen mehr verlangen, auch von denen.

    "So (tippt), ich zeig mal, wie sich zum Beispiel ein heftiger Kampf anhören würde. Zu diesem Zweck erschaffe ich Fahrzeuge, die mir aber feindlich gesinnt sind, also anfangen, mich anzugreifen. Holen wir uns mal den p-shark, das ist ein Düsenjäger der Piraten."

    Die Begründer der Berliner Spieleentwicklungsfirma "Radon Labs" verfügen - mit Anfang 30 - selbst über lückenlose Spieler-Biographien, sind mit "Space Invaders", "Pac Man", "Super Mario" oder "Lara Croft" aufgewachsen.

    Später treffen sie sich im Informatik- oder Grafikstudium oder an der Filmhochschule wieder. Und noch später wird ihr erstes eigenes Spiele-Projekt von einem amerikanischen Herausgeber vorfinanziert. Seitdem wollen sie, was alle deutschen Studios wollen - endlich weltweit auf dem Markt mitmischen. Allein in Deutschland wird m Bereich der Unterhaltungssoftware jährlich mehr als eine Milliarde Euro umgesetzt - mehr als die Kinobranche an Tickets verkauft.
    André Weißflug und Bernd Bayreuther.

    "Es gibt zwei Arten, ne Qualität anzulegen. Es gibt einmal die technische Qualität, ganz klar, hochwertige 3D-Spiele, also Spiele, die einfach die Hardware ausreizen. Das machen wir sowieso. Und dann streben wir an, auch vom Content her hochwertig zu sein, also eben nicht nur das Shooter-Spiel, wo ich nur durchrenne, sondern eine Geschichte 'rüberzubringen, wo wir uns fast filmisch durchbewegen, also auch von der Seite her qualitativ hochwertig. Wir versuchen, den Spieler nicht nur mit Sachen zu überfluten, sondern der Spieler soll interagieren in der Welt. "

    "Diese Brutaloecke ist ja durch die Amis belegt, also ich meine, es gibt ja da nichts, was es nicht gibt, und man würde da eine Marktnische betreten, die schon voll ist. Man kann's fast nicht mehr toppen. Also die Spiele, wo man die einzelnen Körperteile wegballern kann, die gibt's ja schon, warum soll ich das machen, also mir fällt nichts dazu ein. "

    Computerspiele greifen Geschlechterrollen auf und reduzieren auf Stereotype. Und weil sich die wenigsten Nutzer auf Shooter beschränken, sondern auch Strategie, Phantasy und Adventures spielen, deshalb steht ihnen eine große Auswahl männlicher Rollen zur Verfügung: Der erfahrene Abenteurer, kompetent, klug und cool – und der, wenn es sein muss - auch mal kräftig hinhaut, der auserwählte Nachwuchsheld, der sympathische Chaot, der kühle Stratege und Planer, der martialische Einzelkämpfer, abgebrüht, knallhart und schwer bewaffnet. Die Entwickler gehen ihren Verlegern gegenüber eine vertragliche Verpflichtung ein, eine Rolle so zu gestalten, dass sie nicht mit den Jugendschutzkriterien der USK kollidiert.

    "Sonst kommt der Publisher und sagt, passt auf hier, setzt euch mal auf eure vier Buchstaben und macht das so, dass das hinhaut. Weil da hängt dann nämlich die Werbung dran. Wenn es indiziert ist, können sie es nicht mehr bewerben. Das heißt, oh, scheiße. Für ein großes amerikanisches Spiel, die bekannt sind dafür, meinetwegen ID-Software, die halt nur solche Titel rausbringen, für die ist das kein Problem, weil die Spieler wissen sowieso, dass die Spiele kommen, das muss nicht beworben werden. Aber für ein relativ unbekanntes Team, einen relativ unbekannten Publisher wär' das das Aus. "

    Armin Laschet
    "Das ist ja das, was man erreichen will, dass man, bevor das Produkt erzeugt wird, bevor man es produziert, jeder die Schere schon im Kopf hat."

    Armin Laschet, Jugendminister von Nordrhein Westfalen, ist verantwortlich für die Umsetzung der Jugendschutzbestimmungen in diesem Bereich.

    "Das Ergebnis ist, dass man immer im Blick hat: man will eine bestimmte Alterskennzeichnung erreichen. Und wenn man dann manche Gewaltdarstellungen einfach weglässt, um dieses Etikett am Ende zu erhalten, dann ist das doch ne gute Entwicklung. Das erleben Sie, nebenbei, auch bei Videofilmen und bei anderen, da ist uns das relativ klar. Bei jedem Kinofilm verzichtet man auf bestimmte Szenen, um eine größere Altersfreigabe zu erhalten, und wenn das auch bei Computerspielen so angewendet wird, ist das für den Jugendschutz ein gutes Signal. Wenn die freiwillige Selbstkontrolle nicht greift, wenn die Mechanismen, die wir bisher haben, nicht ausreichen, wird es auch Verbote geben, aber je mehr freiwillige Selbstkontrolle solche Verbote verhindert, um so besser."

    Mit der regulierten Selbstregulierung sind Staat und Wirtschaft einen Pakt eingegangen - eine "private public partnership". Der Staat entlastet sich auf diese Weise sowohl von den Kosten, denn die werden von der Wirtschaft getragen, als auch vom Know-How, die Infrastruktur für das Gutachterverfahren. Außerdem tritt er ein Stück seiner Verantwortung dahin ab, wohin sie seiner Meinung nach - nämlich an die Hersteller.

    Wegen der rasanten technischen Entwicklung und der Globalisierung stößt die nationale staatliche Medienaufsicht immer mehr an ihre Grenzen. "Game on Demand" heißt das Stichwort. Schon heute gibt es Portale mit 600 verfügbaren Spielen. Künftig wird die große Spieleschachtel in Minutenschnelle im Netz zur Verfügung stehen. Altbewährte pädagogische Konzepte des Bewahrens und Beschützens geraten ins Hintertreffen.

    Die digitale Kultur wird noch viele Veränderungen mit sich bringen. Und alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellen: die Politiker, die den Jugendschutz ernst nehmen wollen, aber auch die Familien und Schulen. Im Vordergrund werden Diskussionen über Qualität stehen müssen, über die Interessen der Nutzer und deren Verhalten Nutzungsverhalten - und schließlich über Gewalt.

    Erwachsene müssen sich zu Fortbildungen entschließen, wollen sie ihre erzieherische Kompetenz erhalten oder überhaupt erlangen. Schon jetzt scheint hier ein immenser Nachholbedarf zu bestehen.

    "Ich meine, man soll halt natürlich auch nicht vernachlässigen, dass Computerspiele durchaus 'ne schädliche Wirkung haben, und wenn man sich in Maßen damit beschäftigt und auch Eltern damit ordentlich umgehen würden, würde das 'nen viel besseren Effekt haben, als einfach nur sagen, du du, du spielst ja ein brutales Spiel, und du spielst jetzt viel zu lange. Und das ist das Problem. Es gibt nämlich zum einen die Eltern, die sehr panikartig mehr oder weniger reagieren, oh mein Gott, mein Kind spielt einen Ego-Shooter, aus dem wird irgendwann ein Verbrecher,
    dann gibt es Eltern, die sagen sich, na ja, solange das Kind davorsitzt, ist es halt ruhig, dann ham wir halt keinen Ärger mit denen. Irgendwie bin ich der Ansicht, da muss irgendwo mal ein vernünftiger Mittelweg gefunden werden.