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Zypern im Strudel der Schuldenkrise

Schon im Sommer beantragte Zypern milliardenschwere Notkredite beim Rettungsschirm ESM. Doch Europäer und IWF konnten sich bislang nicht auf ein Hilfsprogramm verständigen. Nun verlieren die Ratingagenturen die Geduld.

Von Brigitte Scholtes | 21.12.2012
    Die Lage für Zypern spitzt sich zu. Für das Land wird es immer schwieriger, sich an den Finanzmärkten zu refinanzieren. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hatte mit der Herabstufung Zyperns um zwei Stufen auf ein CCC+ auf die schleppenden Verhandlungen zwischen den europäischen Partnern und dem Internationalen Währungsfonds reagiert: Wenn das Land nicht bald Hilfe bekomme, drohe die Pleite. Diese Hilfe hatte Zypern im Juni schon beim Euro-Rettungsschirm ESM beantragt, es möchte Notkredite in Höhe von 17,5 Milliarden Euro erhalten. Erst Mitte Januar aber werden die Troika-Experten der EU-Kommission, der EZB und des Internationalen Währungsfonds ihren Bericht vorlegen. Über die Details dieses Hilfsprogramms verhandeln die europäischen Partner und der IWF. Der aber fordert inzwischen einen Schuldenschnitt unter Beteiligung privater Gläubiger. Den lehnen die Europäer bisher ab. So sprach sich auch der scheidende Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker heute Morgen im Deutschlandfunk dagegen aus:

    "Wir haben abgemacht und das auch in die halbe Welt hinausposaunt, dass wir nur ausnahmsweise im Falle Griechenlands einen Schuldenschnitt machen werden, der den Privatsektor beträfe. Wir haben aber nicht gesagt, alle griechischsprachigen Länder; wir haben gesagt, Griechenland. Und zur Glaubwürdigkeit gehört, dass man sich an Signale hält, die man ausgesendet hat, zur Beruhigung der Gesamtlage ausgesandt hat. Insofern gehe ich davon aus, dass ein Schuldenschnitt nicht zu den prioritär zu nutzenden Instrumenten gehören wird. Ich möchte es meinerseits auch ausschließen."

    Auch Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, sieht noch keinen Grund für einen solchen Schuldenschnitt. Im ARD-Morgenmagazin sagte er heute:

    "Wir werden die endgültigen Zahlen erst Mitte Januar haben. Es ist aber jetzt bereits absehbar, dass nach den endgültigen Daten der Finanzbedarf so hoch sein wird, dass der Schuldenstand des Landes nicht tragbar sein wird. Und dann wird man sich alle Maßnahmen angucken müssen, um den Schuldenstand tragfähig zu machen, das heißt insbesondere Haushaltsüberschüsse erzielen über Jahre und sehr wahrscheinlich umfangreich privatisieren."

    Umstrukturieren und privatisieren soll das Land vor allem deshalb, weil es einen überdimensionierten Bankensektor hat. Die Banken sind vor allem wegen ihres Engagements in Griechenland in die Krise geraten. Zur Hilfe seien die Europäer grundsätzlich bereit, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle, ebenfalls in der ARD:

    "Das setzt aber voraus, dass Zypern die eigenen Reformen auch ernsthaft machen muss. Da sind mit Sicherheit noch erhebliche weitere Schritte notwendig, also echter Sparhaushalt, echte Reformen. Und wenn Zypern bereit ist, diesen Weg zu gehen, dann ist Europa auch bereit zu helfen."

    Problematisch an solchen Hilfen wäre jedoch, dass zum Teil auch russische Oligarchen davon profitieren würden. Sie haben nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes 26 Milliarden Dollar Schwarzgeld bei zypriotischen Banken deponiert. Deshalb halten einige Politiker der SPD und der Grünen einen Schuldenschnitt für bedenkenswert. Auch der Bundesverband deutscher Banken hatte ihn gestern nicht ausgeschlossen.