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1. FC Köln
Euphorie-Bremse oder Aufstiegsrhetorik?

Was beim 1. FC Köln seit ein paar Monaten vorgeführt wird, gleicht einer historischen Revolution. Der Klub – früher stets zwischen himmelhoch jauchzend und am Boden zerstört – hat sich in der laufenden Spielzeit in einen Ruhepol der Demut und Kontinuität verwandelt. Doch jetzt konterkariert ausgerechnet der eigene Vermarkter diese Bemühungen.

Von Tim Farin | 22.02.2014
    Fußball 2. Bundesliga 21. Spieltag: SV Sandhausen 1916 - 1. FC Köln am 16.02.2014 in Sandhausen (Baden-Württemberg) im Hardtwaldstadion. Die Kölner Patrick Helmes (l) und Marcel Risse jubeln über das Tor zum 0:1.
    Für den 1. FC Köln läuft es derzeit gut - so wie hier beim Sieg über den SV Sandhausen. Trotzdem will der Verein den Ball flach halten. (dpa / picture alliance / Uwe Anspach)
    FC-Sportdirektor Jörg Schmadtke spielte im vergangenen Herbst ironisch mit der Kölner Seele, nachdem der Zweitligaklub überraschend einen Pokalsieg beim Erstligisten FSV Mainz 05 gelandet hatte. Im Internet platzierte der Klub ein Video mit dem Titel "FC. Euphoriebremse“. Schmadtkes Appell war simpel, aber für Kölner alles andere als leicht zu verwirklichen.
    "Lieber FC-Fan: Ruhig, ganz ruhig bleiben…“
    Die neue Kölner Strategie ging bislang auf. Als es die ersten Niederlagen setzte im vergangenen Herbst, artete die Kritik im Stadion und in der Presse nicht wie sonst oft ins Maßlose aus. Als die Mannschaft die Krise überwand und wieder siegte, redete niemand im Klub und drumherum von einer Aufstiegsgarantie. Nach dem Derbysieg in Düsseldorf genossen die Kölner, aber posaunten nicht. Und auch jetzt, vor dem Spitzenspiel am Montag gegen Greuther Fürth, herrscht Zurückhaltung.
    Wenig Zurückhaltung beim Vermarkter
    Nur: Was macht der Vermarkter, der im Auftrag des FC die Kölner Business-Kunden mit exklusiven Paketen ins Stadion locken möchte? Das Unternehmen IMG betreibt dieses Geschäft für den Verein und sendet seinen VIP-Kunden aus dem Kölner E-Mail-Verteiler auf jeden Fall aufreizende Angebote, die mit dem anderen Teil der Volksseele spielen - und die dem Deutschlandfunk vorliegen.
    Am Mittwoch beispielsweise kam ein Schreiben, das für VIP-Tickets beim letzten Saisonspiel des FC beim FSV Frankfurt warb, zum Einzelpreis von 195 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Darin hieß es:
    "Sehr geehrte Damen und Herren, der 1. FC Köln hat sich eine sehr gute Ausgangsposition verschafft um nach zwei Jahren in der 2. Bundesliga wieder in die höchste deutsche Spielklasse aufzusteigen. Aktuell führt der 1. FC Köln, als Spitzenreiter, die Tabelle der 2. Bundesliga an.“
    Die Worte "aufzusteigen" und "Spitzenreiter" fett geschrieben, erinnerte IMG damit an eine andere Mail, die schon im Oktober rausging, als der FC erstmals für zwei Wochen Tabellenführer war. Damals hieß es in der Betreffzeile an den Kölner Verteiler schon ziemlich aufreizend:
    "Beim Aufstieg des 1. FC Köln Live dabei sein.“
    Klare Botschaft, klare Erwartungshaltung - ob man sich bei Nichterreichen des Ziels sein Geld zurückholen kann, stand jedoch nicht in der Mail.
    Spagat zwischen Klub-Philosophie und Vermarktung
    Die Sache wirkt schon kurios: Während der FC immer noch vorsichtig über das Saisonziel Aufstieg spricht und ansonsten jede Maßlosigkeit im Keim erstickt, geht der Vermarkter in die Vollen - und damit den anfälligen Teil der rheinischen Fan-Seele an. IMG selbst wollte auf Deutschlandfunk-Anfrage keine Stellungnahme abgeben:
    "Grundsätzlich äußern wir uns nicht zu Kommunikationsthemen im Zusammenhang mit unseren Partnern und stehen deshalb auch für ein Ton-Interview leider nicht zur Verfügung.“
    Ergänzte in der Email jedoch:
    "Wir kommen jetzt in eine Phase der Saison, in der man sich mit einem möglichen Aufstiegsszenario aus werblicher Sicht mit den Kunden in Kontakt begeben muss, um auch den Kunden die Planungen für Ihre Maßnahmen zu ermöglichen.“
    Beim Klub gab man sich wortkarger. Mediendirektor Tobias Kaufmann vom FC schrieb:
    "Zu diesem Thema wird vom 1. FC Köln so konkret niemand etwas sagen.“
    Und verwies wiederum an IMG: Schließlich gehe es ja um Business-Seats für ein Spiel beim FSV Frankfurt, der ebenfalls von IMG betreut wird. Nach IMG sollen die VIPs schon mal mit dem Aufstieg planen. Und bei einem Sieg am Montag im Topspiel gegen Fürth könnte der FC seinen Vorsprung auf den aktuellen Zweitplatzierten auf neun Punkte ausbauen. Und fest steht auch, dass in der kommenden Woche der Höhepunkt des Kölner Karnevals ansteht. Eine Zeit zum Ausflippen. Mal sehen, wie gut sich die Kölner im Griff haben. Oder wie nachhaltig die Botschaft des Sportdirektors Schmadtke noch wirkt:
    "...ruhig, ruhig.“