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100 Jahre Bauhaus
Schönberg, Bach und Lotusflöte

Ernst Krenek, Ferruccio Busoni, Igor Strawinsky – viele berühmte Komponisten des 20. Jahrhunderts tummelten sich im Bauhaus. Doch einen eigenen Kompositionsstil hat die künstlerische Bewegung nicht hervorgebracht. Musik hatte am Bauhaus andere Aufgaben.

Von Niklas Rudolph | 15.01.2019
    Wassily Kandinsky, "Komposition Nr. 224 (Auf Weiss)" (1920)
    "Komposition auf weiß" von Wassily Kandinsky, der in der Bauhaus-Szene kräftig mitmischte (picture alliance / dpa)
    Nach Ende des Ersten Weltkriegs lag das kulturelle Fundament Europas in Trümmern. So konnten sich künstlerische Konzepte, die im Kaiserreich noch mit Denkverboten behaftet waren, erstmals einen Weg an die Oberfläche bahnen. Im Bereich der Architektur forderte Walter Gropius eine Abkehr von Tradition und Geschichte und die Hinwendung zu einer funktionalen, geometrisch-strukturierten Gesamtkunst.
    Musik diente auch der Gemeinschaftsbildung
    Das von Gropius gegründete Bauhaus in Weimar und Dessau führte zum ersten Mal die Lehre von Kunst und Handwerk zusammen. Tagsüber unterrichtete kein Professor, sondern ein Meister in den Werkstätten. In der Freizeit arbeiteten nicht Studierende, sondern Gesellen an eigenen Projekten. Untereinander pflegten sie freundschaftlichen Verkehr mit Meistern und Studierenden; sie organisierten Theaterabende, Vorträge, schrieben Gedichte – und machten Musik. Denn in der frühen Bauhaus-Geschichte besaß niemand ein Grammophon. So gab es keine Möglichkeit, Musik zu rezipieren, wenn man nicht ein Konzert besuchte oder selbst musizierte. Die Bauhaus-Kapelle entstand. Doch dies war keine gewöhnliche Kapelle: Drähte, Nägel, Stühle und Revolverschüsse wurden ins Musikmachen miteinbezogen und Instrumente wie das Flexaton und die Lotusflöte verstärkten die eigentümlichen Effekte.
    Musikalische Affären
    Aus der fachlichen Perspektive betrachtet, hatte Musik am Bauhaus aber keinen Platz. Sie spielte mehr durch die Bauhaus-Persönlichkeiten eine Rolle. Allen voran durch Walter Gropius selbst, der einige Jahre mit Alma Mahler verheiratet war. Alma Mahler, eine der sagenumwobenen Gestalten des frühen 20. Jahrhunderts. 1879 als Alma Schindler in Wien geboren, hatte sie Komposition – und die Kunst der Liebe – bei Alexander Zemlinsky studiert, den Komponisten Gustav Mahler geheiratet und während eines Kuraufenthalts eine leidenschaftliche Affäre mit Walter Gropius begonnen. Einige Jahre nach Gustav Mahlers Tod heirateten sie 1915. Bei Alma Mahlers Abendsalons begegnete Gropius die musikalische Avantgarde um Schönberg, Webern und Berg. Diese Kontakte in die Spitze der musikalischen Hochkultur sollten für den Architekten immens wichtig werden
    Die Musikszene begibt sich in die bewegte Zeit nach 1919 und erzählt von Aufgaben und Auswirkungen der Musik am Bauhaus.