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100 Jahre Schlacht von Verdun
Merkel und Hollande setzen ein Zeichen

Hunderttausende Franzosen und Deutsche fielen vor 100 Jahren der großen Schlacht von Verdun zum Opfer. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande treffen sich zu den Gedenkfeierlichkeiten in Verdun, um ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Ein geplantes Konzert des bekannten Rappers Black M musste allerdings abgesagt werden - die Angst vor rechtsextremen Protest war zu groß.

Von Jürgen König | 27.05.2016
    Vor dem Jahrestag anlässlich von 100 Jahren Erster Weltkrieg (1914 - 1918) - Schlacht von Verdun. Ein Mann und ein Junge durchstreifen die Gedenkkreuze für die gefallenen Soldaten. Anlässlich der Hundertjahrfeier der Schlacht von Verdun soll das neue "Verdun Memorial" eröffnet werden.
    Blick auf das neue Verdun Memorial (picture alliance / dpa / MAXPPP)
    Bis heute ist offen, wer den Rapper "Black M" denn nun eingeladen hat, am Abend der Gedenkfeierlichkeiten am 29. Mai in Verdun ein Konzert zu geben. Der bei vielen französischen Jugendlichen sehr beliebte Black M stammt aus dem Senegal, sein Auftritt sollte daran erinnern, dass im Ersten Weltkrieg auch Soldaten aus den früheren Kolonien Frankreichs kämpften. Eine Idee des Bürgermeisters von Verdun sei es gewesen, ließ die Regierung verlauten, nein, die Regierung war an den Überlegungen beteiligt, kam es prompt aus dem Rathaus von Verdun zurück. Denn die Proteste waren groß, vor allem aus den Reihen des Front national, der Black M und seiner Band "Sexion d’Assaut" antifranzösische Texte vorwirft, aber auch Abgeordnete der konservativen Opposition forderten die Absage des Konzerts, etwa Nadine Morano von den "Republikanern".
    "Dieses Konzert ist völlig unpassend, wenn man so etwas wie Andacht halten will! Black M hat sich in seinen Liedern oft sehr negativ über Frankreich geäußert, es ist inakzeptabel, dass er bei den Gedenkfeiern in Verdun dabei ist! Und wenn er sagt, man werde sich am Abend gut amüsieren – also! Eine Gedenkfeier ist nicht dazu da, dass man sich amüsiert! Da geht es darum, sich zu erinnern und Ehrfurcht zu zeigen vor denen, die gestorben sind – für die Freiheit Frankreichs!"
    Gedenktag mit Angela Merkel
    Um "Störungen der öffentlichen Ordnung durch Rechtsextreme" zu vermeiden, sagte der sozialistische Bürgermeister von Verdun, Samuel Hazard, das Konzert wieder ab, wofür er wiederum kritisiert wurde: dem Druck der Rechten dürfe man nicht nachgeben, hieß es. Nun wird der Gedenktag mit dem Entzünden der Ewigen Flamme beschlossen: durch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Doch großes Pathos will der Regisseur Volker Schlöndorff, vom französischen Präsidenten Francois Hollande mit der Ausgestaltung der Gedenkfeierlichkeiten am 29. Mai beauftragt, nicht aufkommen lassen. Ob das gut ankommen wird, ist durchaus fraglich, denn der Erste Weltkrieg ist im historischen Bewusstsein der Franzosen präsent. Die Spuren des Krieges sind vielerorts noch sichtbar: die Schlachtfelder, die Soldatenfriedhöfe, die Gedenktafeln in den Städten. La "Grande Guerre", der Große Krieg, wurde gewonnen – und das ist bis heute ein Symbol des nationalen Widerstandes, auch des nationalen Zusammenhalts. Entsprechend aufmerksam wird das rundumerneuerte Mémorial von Verdun in Frankreich wahrgenommen.
    Sein monumentaler Vorgängerbau, 1967 auf Wunsch der Veteranen errichtet – er war vor allem Gedenkstätte gewesen: nicht zum Andenken an "die Gefallenen", sondern zum Andenken an die gefallenen Franzosen, eine "nationale Weihestätte". Um so mutiger die Entscheidung, den alten Bau zugunsten eines neuen fast völlig verschwinden zu lassen. Im Inneren blieben nur die Betonkonstruktion und der Haupteingang stehen, letzteren ließ das Architektenbüro Brochet-Lajus-Pueyo in einem Erdwall verschwinden: man betritt das Mémorial von unten, wie durch einen Schützengraben, darüber, den Umriss des Vorgängerbaus aufgreifend, ein gläserner Neubau. Man habe, so Thierry Hubscher, der Direktor des "Mémorial de Verdun", den Geist des Baus von 1967 unbedingt erhalten wollen – wenn auch etwas Entscheidendes sich geändert habe.
    Verdun ist Geschichte geworden
    "Das Mémorial war und bleibt ein Ort, dafür bestimmt, der Kämpfer von Verdun zu gedenken. Aber wir sprechen heute von den Kriegsteilnehmern, den Kämpfern von Verdun, es ist egal, welcher Nationalität sie waren. Das ist der rote Faden: "die" Kämpfenden von Verdun. Und insofern ist das Mémorial von heute auch ein Instrument, um die Schlacht von Verdun darzustellen. Es gibt keine Zeitzeugen mehr, Verdun ist Geschichte geworden - und also ist es wichtig, der jungen Generation die Schlacht von Verdun zu erklären und zwar mit Mitteln, die sie auch verstehen."
    Diesen Gedanken rückte Regisseur Volker Schlöndorff in die Mitte seiner Überlegungen. Rund 4000 Jugendliche aus Deutschland und Frankreich werden vier Tage lang das Kriegsgeschehen im gemeinsamen Gespräch reflektieren; am Sonntag werden sie, verteilt über den gesamten, sehr großen Soldatenfriedhof von Verdun, auch mit Politikern reden. Viel Prominenz wird anreisen. So soll deutlich werden, dass das "Mémorial de Verdun" sich tatsächlich von einer "nationalen Weihestätte" zu einer deutsch-französische Erinnerungsstätte verwandelt hat.