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100 Tage Unabhängigkeit

Ein Tag der Hoffnung war der 17. Februar für viele Kosovaren. Doch hundert Tage nach der Erklärung der Unabhängigkeit liegt in dem Land noch vieles im Argen: Die Menschen misstrauen den politischen Eliten, es gibt zu wenig Arbeit und zu wenige Investoren.

Von Thomas Franke | 27.05.2008
    Sonntag morgen im Zentrum von Pristina. Ein Transparent ist über die Straße gespannt. Jugendliche stehen in Sportkleidung an der Startlinie. Es ist ein symbolischer Lauf für die Europäische Union. Deren Mitglied möchte das Kosovo werden, so schnell es geht.

    Vor einhundert Tagen, am 17. Februar, hat sich das Kosovo für unabhängig erklärt. Die Rede, in der Ministerpräsident Hashim Thaci die endgültige Loslösung von Serbien erklärte, war ruhig, zurückhaltend. In der Versammlung brach kein überschwenglicher Jubel aus.

    Sein Land werde in Zukunft eng mit den Vereinten Nationen und der Europäischen Union zusammenarbeiten, versicherte Thaci. Und er appellierte an die NATO, ihre 17.000 Soldaten umfassende Schutztruppe KFOR im Kosovo zu belassen. Erst heute morgen hat das Bundeskabinett beschlossen, den Bundeswehreinsatz im Kosovo, wo derzeit 2870 Soldaten im Einsatz sind, um ein Jahr zu verlängern.

    Auf den Straßen wurde die Unabhängigkeit mit einem Feuerwerk gefeiert. Für die Kosovo-Albaner war der 17. Februar ein Wendepunkt, ein Tag der Hoffnung, darauf, dass sich das Land aus dem Stillstand der Nachkriegszeit befreien könnte. Für viele Serben war der 17. Februar ein schwarzer Tag. Denn für sie gehört das Kosovo nach wie vor zu Serbien.

    Doch ist nach dem 17. Februar irgendetwas im Kosovo besser geworden?

    Junge Leute kleben in der Innenstadt von Pristina Plakate für eine Demonstration. Sie tragen weiße T-Shirts mit der roten Aufschrift "Vetevendosje". Vetevendosje heißt Selbstbestimmung und ist der Name einer Bewegung. Die gibt es seit mehreren Jahren. Vetevendosje fordert seit jeher nicht nur die Unabhängigkeit des Kosovo, sondern setzt sich auch für einen Wechsel der Eliten ein. Die Voraussetzung für die Selbstbestimmung, die Unabhängigkeit, hat sich erfüllt, alle anderen Forderungen nicht.

    Bei der Demonstration geht es erneut darum, den Einfluss der Regierung Serbiens im Kosovo zu verurteilen. Marigona Drevinja hat eine Rolle Plakate in der Hand. Sie trägt eine Brille und ihre langen blonden Haare offen. Sie ist 18 Jahre alt und möchte nach der Schule Jura studieren. Nicht im Ausland, sondern im Kosovo. Sie will ihr Land voranbringen.

    "Die ganze politische Elite ist ein Kopf, alle gleich. Die tun nix für uns und werden das auch in der Zukunft nicht tun."

    Damit hat sie nicht ganz unrecht. Marigona blickt den Hang über Pristina hinauf. Dort steht ein großes Haus mit einem blauen Dach. Es gehört Ramush Haradinaj, dem ehemaligen Ministerpräsidenten des Kosovo. Er musste das Amt aufgeben, nachdem das Internationale Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag Anklage gegen ihn erhoben hatte. Es heißt, keiner der Handwerker, die sein Haus gebaut haben, hätte ihm eine Rechnung geschrieben.

    Haradinaj ist vor wenigen Wochen vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag freigesprochen worden. Viele westeuropäische Politiker sehen den Freispruch jedoch skeptisch. Zeugen, die vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gegen ehemalige albanische UCK-Führer aussagen sollten, waren unter Druck gesetzt worden.

    Nun stehen an den Straßen im Kosovo rote Reklametafeln "Ramush", steht darauf: "Wir brauchen Dich, jetzt!".

    Die Unabhängigkeitserklärung erfolgte in enger Abstimmung mit der EU. Bereits knapp zwei Jahre zuvor hatte die mit Vorbereitungen für eine EU-Mission im Kosovo nach der Unabhängigkeitserklärung begonnen. Die EU kann bis zu 2000 Mitarbeiter in das Kosovo schicken - Richter, Polizisten, Verwaltungsfachleute.

    Marigona Drevinja und ihre Mitstreiter sehen dieses Engagement sehr kritisch.

    "Wir sind nicht nur gegen die Präsenz von UN oder EU. Wir sind gegen die Regierung von denen hier. Die können hier sein und uns helfen, aber auf keinen Fall uns regieren. Aber auf der anderen Seite sind wir auch gegen unsere Institutionen. Also nicht in dem Sinn, dass wir keine Institutionen wollen, aber nicht diese. Also, die Leute müssen da weg."

    Anführer der Bewegung ist Albin Kurti. Der 33-jährige Kosovo-Albaner war in jugoslawischer Zeit ein Dissident und saß zwei Jahre in einem Straflager. Erst Anfang 2001, als der Krieg bereits lange vorbei war, wurde er entlassen. Kurti polemisierte gegen jede Art von Verhandlungen mit Serbien und organisierte in den letzten Jahren Demonstrationen gegen die UN-Verwaltung und den Einfluss Serbiens im Kosovo. Er ist ein überzeugter Nationalist und Radikaldemokrat. Die derzeitigen Eliten seien alle gleich, konstatiert er.

    "Ich habe nichts gegen die Anwesenheit der internationalen Organisationen hier. Sie sollten uns aber nur beraten. Derzeit herrschen sie hier jedoch undemokratisch. In diesem Sinn bin ich kurzfristig nicht optimistisch, mittelfristig aber schon.

    Zunächst brauchen wir Strukturveränderungen und nicht die Herrschaft internationaler Vertreter, und weiter brauchen wir neue politische Eliten, junge Leute und die, die noch im Ausland sind. Denn aus unserer Diaspora kommt nicht nur unser Geld, in ihr ist auch unser Verstand. Das wäre eine Möglichkeit, um das Land aus der Stagnation heraus zu holen."

    Ursprünglich war geplant, die UN-Verwaltung zügig durch die EU-Unterstützung abzulösen. Doch dieser Plan ging nicht auf. Alles kam ins Stocken. Denn die Meinungen, ob diese Unabhängigkeitserklärung völkerrechtlich einwandfrei war, gehen weit auseinander.

    Zentral ist dabei die Resolution 1244 des Weltsicherheitsrats von 1999. Sie stellte nach dem Krieg das Kosovo unter die Verwaltung der Vereinten Nationen.

    Eine Gruppe von Staaten im Weltsicherheitsrat ist der Meinung, dass die Unabhängigkeit des Kosovo nicht von der Resolution 1244 gedeckt ist und dass das Kosovo dementsprechend weiter ein Bestandteil Serbiens ist. Die Unabhängigkeitserklärung wäre demnach nichtig. Auf dieselbe Resolution, 1244, berufen sich aber auch die Staaten, die die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo für mit dem Völkerrecht vereinbar halten.

    Der Leiter der UN-Mission im Kosovo, der Deutsche Joachim Rücker, steht dementsprechend vor einer schwierigen Aufgabe, denn er muss sich neutral verhalten:

    "So lange die Resolution 1244 in Kraft ist, so lange wird es eine UN-Verantwortung für Kosovo geben. Das wird auch bedeuten, dass es eine Mission geben wird und dass wir eine Verantwortung wahrnehmen. Wie genau der Zuschnitt dieser künftigen UN-Mission sein wird, das muss noch festgelegt werden. Wir werden deshalb versuchen, unser Mandat in einer statusneutralen und so weit wie möglich äquidistanten Form umzusetzen."

    Dass die UN, anders als geplant, vorerst im Kosovo bleiben wird, steht mittlerweile außer Frage. UN-Repräsentant Rücker:

    "Ich erwarte eine kleinere UN-Mission, als die heutige. Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir alles daran setzen, nicht andere Missionen in ihrem Mandat zu duplizieren."

    Damit meint er das Engagement der EU. Und da wird es kompliziert. Denn die EU übernimmt nun Aufgaben, die bisher die UN innehatte, wird diese aber anders ausführen, beratender, distanzierter. Die UN wird sich aus diesen Bereichen zurückziehen, aber nicht vollständig abrücken. Was genau dabei herauskommt, vermag niemand genau zu sagen.

    Das EU-Engagement reicht von reiner Beratung beim Aufbau der Zivilgesellschaft, bis zu exekutiven Kompetenzen, mit denen in das Handeln der Regierung des Kosovo eingegriffen werden kann. Immer wieder wird aber von EU-Vertretern betont, dass man das nicht vorhabe. Man werde vorzeitig Signale geben, was nicht tolerabel sei, sodass die Politiker des Kosovo selbst korrigieren könnten.

    Der Leiter des EU-Planungsteams ist der Brite Roy Reeve. Er hat Erfahrungen mit diversen Konfliktherden, von Nordirland bis in den Kaukasus.

    "Wir sind der Bevölkerung gegenüber viel mehr zur Rechenschaft verpflichtet, als es die UN war. Es gibt jetzt eine Regierung, und wir müssen mit den unterschiedlichen Ministerien partnerschaftlich zusammen arbeiten."

    Die EU-Mission im Kosovo ist eine Nagelprobe für die EU Außen- und Sicherheitspolitik. Roy Reeve:

    "Sobald wir einen Teil der europäischen Standards erreicht haben, hören wir hier auf. Die Mission ist nicht auf lange Zeit angelegt und hat einen detaillierten inhaltlichen Ansatz. Jeder Mitarbeiter der Mission weiß exakt, was von ihm erwartet wird und welche Planziele er erreichen muss. Wenn wir der Meinung sind, dass genug davon umgesetzt ist, dann kann er aufhören und gehen."

    Ein Punkt, der nach der Unabhängigkeitserklärung vor einhundert Tagen vollständig schieflief, ist die Anerkennung des Kosovo durch andere Staaten. 41 sind es bis heute. Es zögern nicht nur fernab liegende Staaten in Afrika oder Asien - weder Bosnien-Herzegowina, noch Kroatien, Mazedonien oder Montenegro haben das Kosovo anerkannt.

    In der ersten Maiwoche fand in Mazedonien eine Konferenz der Balkanstaaten statt. Das Kosovo war nicht eingeladen. Hajredin Kuçi, der stellvertretende Premierminister des Kosovo, schiebt das auf den Wahlkampf in Mazedonien.

    "Das war ein Fehler der Leute, die die Konferenz organisiert haben, besonders des Präsidenten von Mazedonien. Wir verstehen, dass sie das wegen der Beziehungen zu Serbien gemacht haben. Es gab keinen plausiblen Grund, Kosovo nicht einzuladen. Kosovo ist ein Fakt, und sie müssen den Fakt anerkennen."

    Kuci meint, dass, wenn die Verfassung Mitte Juni in Kraft treten wird, weitere Anerkennungen folgen werden.

    Der Schwung, mit dem der neue Staat gegründet wurde, verläuft sich in den Mühen des Alltäglichen. Es geht um Praktisches. Derzeit werden Pässe gedruckt, Grenzbeamte brauchen Stempel, es fehlt an allem. Es müssen Stühle gekauft, Regierungsgebäude gefunden und qualifizierte Beamte eingestellt werden.

    Darum kümmert sich im zu gründenden Außenministerium Fitim Gllareva. Er hat in Erlangen Politische Wissenschaft studiert und ist seit 2003 zurück im Kosovo.

    "Das sind ein paar Leute, auf die wir zurückgreifen können. Es sind nicht viele, und es sind nicht Leute, die die großen Erfahrungen haben, aber es sind Leute, mit denen wir etwas anfangen und vielleicht was auf die Beine stellen können."

    Demnächst sollen die ersten Botschaften eröffnet werden: In Berlin, Brüssel, New York. Die Serben werden den Fortschritt des unabhängigen Kosovo behindern, wo sie nur können, und das ist unter anderem in den Vereinten Nationen, dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und dem Europarat.

    Und dann haben sie noch ein Druckmittel vor Ort. Die Serben im Kosovo. Zum Beispiel in Mitrovica, im Norden, der mehrheitlich von Serben bewohnt ist und direkt an Serbien grenzt. Die Regierung des Kosovo hat derzeit keine Kontrolle über diese Gegend und auch kein Konzept, wie sich das ändern könnte. Dazu der stellvertretende Premierminister Hajredin Kuci:

    "Es wird einige Zeit dauern. Für uns ist das wichtigste, die Grenzen zu schützen. Wir haben KFOR und die UN-Verwaltung gebeten zu helfen. Und die haben das gemacht. Es ist nicht unsere Philosophie, die Serben mit Gewalt zu integrieren. Aber ich hoffe, dass die serbische Führung aufhört, auf diesen Teil des Kosovo Druck auszuüben. Denn Kosovo ist ein Staat mit eigenen Grenzen. Und ich hoffe, sie werden das respektieren."

    Während der Norden des Kosovo mehrheitlich von Serben bewohnt ist, leben im Süden Serbiens, im Presevo-Tal, mehrheitlich Albaner. Immer wieder werden Stimmen laut, die fordern, den serbisch bewohnten Norden des Kosovo gleichsam gegen den albanisch bewohnten Süden Serbiens zu tauschen. Der Norden des Kosovo wäre dann Serbien, das Presevo-Tal ein Teil des Kosovo.

    Doch Grenzverschiebungen sind international immer noch ein Tabu. Erhard Busek, ehemaliger Vizekanzler Österreichs und langjähriger Sonderkoordinator des Balkan-Stabilitätspakts der EU, räumt ein:

    "Wissen Sie, wenn wir nicht nach einer Zeit wären, wo einerseits die Internationale Gemeinschaft gesagt hat, Grenzen können nicht geändert werden, wo andererseits von serbischer offizieller Seite gesagt wurde: Kosovo ist ein serbisches Territorium, hätte ich Ihnen schon gesagt, dass die Frage Mitrovica ein Teil Serbiens und das Presevo-Tal ein Teil des Kosovo eine Lösung wäre.

    Gegenwärtig ist das nicht drinnen. Und da gibt es unendlich viele Grenzen in Europa, die aus irgendwelchen Gründen gemacht wurden und die jetzt plötzlich heiliggesprochen werden. Ich bin nicht der Anhänger von Grenzveränderungen, aber ein bisserl rationaler könnte man die Geschichte doch manchmal diskutieren, was in dem Fall gegenwärtig nicht möglich ist."

    Das Kosovo polarisiert nicht nur die westlichen Staaten, sondern auch die Bevölkerung Serbiens. Vielen jungen Leuten ist das Kosovo egal. Vertreter der Regierungsparteien geben sich allerdings kompromisslos.

    Jelena Markovic ist eine der führenden Politikerinnen in der Partei von Boris Tadic, dem Präsidenten von Serbien. Sie macht die offizielle serbische Position deutlich.

    "Man muss berücksichtigen, dass die Unabhängigkeitserklärung komplett illegal war. Ich denke, Serbien wird das Kosovo niemals aufgeben. Viele, besonders in der internationalen Gemeinschaft glauben, dass das ein momentaner Schock ist, der vorbeigeht, und dass neue Kräfte in der politischen Szene Serbiens eine andere Politik verfolgen werden. Das ist falsch."

    Markovic meint vielmehr, dass ein Zusammenleben von Kosovaren und Serben innerhalb Serbiens noch immer möglich sei.

    Die Albaner sehen das anders. Und viele Beobachter auch. Selbst wenn sie die Unabhängigkeit nicht für die beste Lösung halten, so sehen sie doch auch keine Alternative dazu. Schon gar keine Rückkehr des Kosovo nach Serbien. Nicht nach allem was geschehen ist.

    Den Serben gilt das Kosovo als "Wiege des Serbentums". In den 90er Jahren wurden die Albaner von sozialen Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen ausgeschlossen. Albaner wurden aus leitenden Positionen entfernt und durch Serben ersetzt. Paramilitärs verhafteten und töteten Albaner. Dazu kam die menschenverachtende These, die Albaner würden demografisch die Serben an den Rand drängen, sprich: Die Albaner hätten zu viele Kinder, und dagegen müsse man etwas tun.

    Die Albaner begannen, sich zu wehren. Es kam zum Bürgerkrieg. Erst das Eingreifen der NATO 1999 setzte dem ein Ende. Nach schwungvollem Wiederaufbau der zerstörten Dörfer und Städte verfiel das Kosovo in Agonie, aus der es sich durch die Unabhängigkeit zu befreien versucht hat.

    Eine Straßenecke am Stadtrand von Pristina. Rundherum Baracken, Wellblechhütten, Autowaschgaragen. Ein gutes Dutzend Männer hockt am Straßenrand, einige rauchen. Sie sind arbeitslos und warten darauf, dass jemand kommt und sie für einen Job anheuert. Fetim Hasiri ist einer von ihnen. Er ist 26 Jahre alt und seit sieben Jahren arbeitslos. Er wohnt in einem Dorf, zwei Kilometer von Pristina entfernt.

    "Manchmal wir arbeiten eine Woche, eine Woche arbeiten wir nicht. Einen Tag arbeiten wir, vielleicht haben wir kein Geld nach Hause zu gehen."

    Wenn er Arbeit bekomme, verdiene er etwa fünf Euro am Tag, sagt er. Ein weißer Kleinlaster hält an. Sofort springen die Männer auf, doch der Fahrer wendet nur.

    Seit einhundert Tagen ist das Kosovo unabhängig, der schnelle Aufschwung ist nicht in Sicht. Die Arbeitslosigkeit ist enorm hoch. Annähernd die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung ist ohne Job, und das meist schon seit vielen Jahren.

    Ylber Shabani hat das Amt für Arbeitsvermittlung lange vor der Unabhängigkeit geleitet und in den ersten Monaten danach. Er war für das gesamte Kosovo zuständig.

    "Die Situation muss und kann dadurch verbessert werden, dass wir Zugang zu Krediten und internationalen Investoren bekommen. Und wir hoffen, dass wir mit unseren Gesetzen attraktiv werden und ein freundliches Investitionsklima für ausländische Unternehmen schaffen können."

    Auch in Jugoslawien war das Kosovo immer ein weniger entwickelter Landstrich. Durch die systematische Misswirtschaft und den Krieg hat die Umwandlung der Betriebe in marktwirtschaftliche Unternehmen nur schleppend bis gar nicht stattgefunden.

    Um Investoren kümmert sich die Kosovo Treuhandanstalt. Seit fünf Jahren ist Kirk Adams ihr Direktor. Er meint, dass Investoren gar nicht so sehr auf die Unabhängigkeit geschaut hätten.

    "Was ich aber feststellen kann, ist, dass die Unabhängigkeit einen guten Werbeeffekt hat. Die Leute haben von der Unabhängigkeit des Kosovo gehört und wollen nun mal schauen."

    Viele seien dann überrascht, dass das Kosovo kein Kriegsgebiet mehr sei, berichtet Adams. Bislang vollständig ungeklärt sind die Ansprüche aus der jugoslawischen Zeit, beispielsweise Eigentumsverhältnisse oder Pensionsansprüche von Menschen, die jetzt auf der anderen Seite der Grenze leben.

    Im Kosovo kommen jedes Jahr 28.000 junge Leute auf den Arbeitsmarkt. Das erfordert ein riesiges ökonomisches Wachstum. Glaubt man Arbeitsvermittler Ylber Shabani, sollen Investoren unbedingt kommen.

    "Das Kosovo hat einen Standortvorteil: seine Arbeitskräfte. Etwa die Hälfte der Kosovaren ist unter 25 Jahren alt. Und die sind einigermaßen brauchbar ausgebildet. Ich kann nicht sagen, dass ihre Qualifikation vollständig den Anforderungen des Arbeitsmarktes entspricht, aber wir im Arbeitsministerium versuchen, sie dahingehend weiterzubilden."

    Die ersten einhundert Tage nach der Unabhängigkeit sind geschafft. Sie hätten besser laufen können. Die Kosovaren lassen sich jedoch davon bisher nicht entmutigen. Sie wollen der Welt zeigen, dass sie es allein schaffen. Wenn sie es nicht schaffen, hat Europa ein großes Problem mehr.