175. Geburtstag von Nikolai Rimski-Korsakow

Zwischen russischer Avantgarde und westlicher Romantik

Der russische Komponist Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844 - 1908) in einer zeitgenössischen Darstellung
Keine Angst vor dem Tod: der russische Komponist Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844 - 1908) in einer zeitgenössischen Darstellung. © picture-alliance / dpa
Von Stefan Zednik · 18.03.2019
Eigentlich hätte Nikolai Rimski-Korsakow Marineoffizier werden sollen. Aber die Liebe zur Musik war stärker. Vor 175 Jahren wurde der Schöpfer zahlreicher Märchen-, Legenden- und Sagenopern in der Nähe von Sankt Petersburg geboren.
"Mein Gott, was war das für eine schreckliche Partitur! Hier zeigte sich, dass ich mir im Grunde nur Nebensächlichkeiten und Äußerlichkeiten angelernt hatte."
So streng urteilte Nikolai Rimski-Korsakow in reiferen Jahren über seine musikalischen Anfänge, hier seine erste Symphonie. In der Tat verfügte der am 18. März 1844 geborene, zum Zeitpunkt der Uraufführung gerade 21-jährige Komponist damals kaum über das, was man musikalisches Handwerk nennt. Das war kein Zufall, denn für ihn war eigentlich die Karriere eines Marineoffiziers vorgesehen.
Ausbildung an der Kadettenschule
Im Alter von zwölf Jahren begann seine militärische Ausbildung an der Kadettenschule von Petersburg, nur in seiner Freizeit konnte er sich mit Musik beschäftigen. Und doch geriet er in einen Kreis fortschrittlicher Komponisten um den Pianisten Alexejewitsch Balakirew. Die später als "Gruppe der Fünf" oder – ironisch – als "mächtiges Häuflein" bezeichnete Gemeinschaft versuchte eine auf russischen Wurzeln gründende, musikalische Moderne zu entwickeln. Man stellte sich in einen Gegensatz zu der an westlicher Formensprache orientierten Musik Anton Rubinsteins und Peter Tschaikowskys. An Kontrapunkt, Harmonielehre oder Tonsatz war Balakirew kaum interessiert.
Der Plan einer militärischen Laufbahn erforderte für Rimski-Korsakow eine zweijährige, obligatorische Weltumsegelung. Nach dem Ende dieser musiklosen Zeit wurde ihm beim Wiedersehen mit den Petersburger Musikerfreunden klar, dass er sich entscheiden musste. Da erhielt der junge Offizier ein überraschendes Angebot.
Professur am Petersburger Konservatorium
"Im Sommer 1871 wurde mir zu meinem großen Erstaunen die Stellung eines Professors am Petersburger Konservatorium angetragen. Wahrscheinlich hatte der Erfolg meines ‚Sadko‘ eine ausschlaggebende Rolle gespielt. Ich habe lange nachgedacht, da ich mir meines Unwissens bewusst war. Doch bot sich mir dadurch die Möglichkeit, endgültig und ausschließlich auf musikalischem Gebiet zu arbeiten und den Militärdienst, der mir auf lange Sicht ja doch keine Befriedigung gewähren konnte, aufzugeben. Ich sagte zu."
In "Sadko" befasst sich Rimski-Korsakow mit einer alten russischen Volkssage. Zunächst als Orchesterstück realisiert, verarbeitet er später Motive in einer gleichnamigen Oper.
"Diese Musik trägt einen tatsächlich in die Tiefe des Ozeans. Das ist etwas unbeschreiblich Unterwässeriges. In der geheimnisvollen Dichte der Meeresströmung sieht man gespenstische Gestalten des alten Seekönigs und seiner Untertanen. ‚Sadko‘ ist ein prachtvolles Stück, reich in der Phantasie und originell in der Instrumentierung. Wenn Korsakow diesen Weg weitergeht, wird er bald einer der ganz Großen sein."
So der Kritiker Aleksander Serow. Rimski-Korsakow, der am Konservatorium ebenso Lehrender wie Lernender ist, entfernt sich immer weiter von radikalen Doktrinen, bleibt aber insbesondere Mussorgski menschlich eng verbunden, dessen Werke er nach dessen Tod ordnet und instrumentiert. So gilt er als Vermittler zwischen russischer Avantgarde und einer westlich geprägten Romantik. Und, in seiner Hinwendung zur vorchristlichen Sagen- und Märchenwelt vor allem in seinen zahlreichen Opern, als Vertreter eines pantheistischen Weltbildes. Dabei ist er durchaus politisch. In der auch im Westen bekannten Oper "Der goldene Hahn" kritisiert und karikiert er die zaristische Diktatur. Bei den revolutionären Unruhen 1905 solidarisiert er sich erfolgreich mit den Studenten seines Instituts, als diese gegen die Willkür der Regierung aufbegehren.
Unbändige Freude am Leben
"Ich habe keine Angst vor dem Tod. Was gibt es schrecklicheres als ein ewiges Leben, alle werden sterben und ich nicht. Eine schreckliche Vorstellung."
Das berühmteste Stück des 1908 verstorbenen Komponisten, der "Hummelflug", verbindet die Bewunderung der Natur und die unbändige Freude am Leben. Das im Kleinen und Kleinsten am schönsten zu sein scheint. "Solange man lebt, sollte man das Leben lieben, und ich genieße das Leben und finde, dass die Natur alles am besten geregelt hat."
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