Das ist Unsinn. Meine Stücke sind nicht wirklich grausam... Sie zeigen die Welt, in der ich aufgewachsen bin. Die Grausamkeit ist Teil des Lebens, das sie führen.
Die Exzesse der Gewalt in Bonds Stücken konnten leicht den Blick darauf verstellen, dass hier jemand schrieb, dessen zentrales Motiv das Mitleid war. Der frühe Bond ist ein Humanist, seine Stücke eine einzige Anklage gegen eine sinnlose Welt, in der der mörderische Kampf aller gegen alle unausrottbar scheint und das Böse die Konsequenz des Guten ist - so wie in seinem Erstling "Die Hochzeit des Papstes" von 1962 ein junger Mann auf der Suche nach der verlorenen Unschuld zum Mörder wird. "Nur eins hält uns bei Vernunft: das Mitleid, und der Mensch ohne Mitleid ist ein Wahnsinniger," heißt es in Bonds "Lear" – einem Stück, das die Skepsis gegenüber ideologischen Heilsversprechen predigt: Die Unterdrückten, erst einmal an die Macht gelangt, stehen an Grausamkeit in nichts den Tyrannen nach, deren Fesseln sie gerade erst abgeschüttelt haben.
Ende der Siebziger Jahre ist es nicht mehr die menschliche Gesellschaft als solche, mit der sich Bond anlegt, sondern der Kapitalismus. Er beschäftigt sich mit Brecht, mit dem Krieg in Vietnam, er bezeichnet sich als Sozialisten. Das heißt nicht, dass er die machtkorrumpierten Regimes des Ostens mit Sympathie betrachtete – doch noch vor deren Zusammenbruch markiert für ihn der Thatcherismus den Anfang vom Ende aller Utopien: eine Gesellschaft ohne Visionen, in der mit dem Wohlstand auch die Gewalt wächst. Ihr hält er den dunklen Spiegel negativer Utopien vor: Die Welt nach dem Atomkrieg in "Großer Frieden" 1988, die selbstzerstörerischen Mechanismen auf den Vorstandsetagen in "Männergesellschaft", den brutal in Arm und Reich geschiedenen Überwachungsstaat der Zukunft in "Das Verbrechen des 21. Jahrhunderts".
Doch Bonds Hochzeit schien, trotz aller Produktivität, vorbei. Nicht nur, weil sich seine Stücke zunehmend geschwätziger und bedeutungsüberladen aufplusterten. Die spaß- und konsumverliebten Achtziger und Neunziger Jahre zogen das Entertainment seinen düsteren Parabeln und Endzeitvisionen vor. Erst seit die Euphorie sich gelegt hat und die soziale Kälte allgemein spürbar geworden ist, zeigt sich, dass Bond auch bei der jüngeren Dramatikergeneration Spuren hinterlassen hat. In den jungen englischen Wilden, vor allem in der früh verstorbenen Sarah Kane, hat er seine Schüler gefunden. Der zornige alte Mann selbst ist inzwischen ein Klassiker geworden – dass der Skandal seiner ersten Stücke inzwischen vom Fernsehen und auf dem Theater längst eingeholt und trivialisiert wurde, bestätigt nur seine frühe Weitsicht.