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2. Bundesliga
Der Aufstiegszwang und die Geldsorgen der Absteiger

In der 2. Fußball-Bundesliga stehen die drei Absteiger aus Nürnberg, Stuttgart und Hannover genauso unter Druck wie der Hamburger SV. Alle vier Klubs wollen so schnell wie möglich zurück in die 1. Liga. Denn Absteigen ist teuer - Untenbleiben aber erst recht.

Von Chaled Nahar | 27.07.2019
Das Max-Morlock-Stadion in Nürnberg
Durch einen Abstieg in die 2. Bundesliga sinken die Einnahmen beim Fernsehgeld um ein Drittel. (www.imago-images.de)
Wer aus der Bundesliga absteigt, muss sich sportliche, aber auch finanzielle Fragen stellen. Zahlreiche Einnahmenposten werden plötzlich kleiner. Es gibt weniger Fernsehgeld. Viele Sponsoren wollen nicht mehr so viel zahlen wie in der Bundesliga. Eintrittskarten und Fan-Artikel gehen nicht in der Masse wie vor dem Abstieg über die Theke. Der Druck, wieder nach oben kommen zu müssen, ist groß. Und er steigt, wenn das zunächst nicht gelingt.
"Man kann sagen, dass im ersten Jahr nach dem Abstieg die Umsätze im Schnitt um rund 40 Prozent zurückgehen. Das heißt, hier hat man einen ziemlichen finanziellen Einschnitt zu verkraften", rechnet der Sportökonom Jörn Quitzau vor. "Je länger man in der 2. Liga verbleibt, umso größer ist der Einschnitt. Das heißt also auch mit Blick auf die Fernsehgelder, die die größte Erlöskategorie darstellen, ist es wichtig, dass man möglichst schnell wieder aufsteigt."
Einnahmen beim Fernsehgeld sinken um ein Drittel
Niels Rossow, Vorstand Finanzen beim 1. FC Nürnberg
Niels Rossow, Vorstand Finanzen beim 1. FC Nürnberg (www.imago-images.de)
In England bekommen Absteiger aus der Premier League eine Hilfszahlung, damit sie den drastischen Rückgang der Fernsehgelder besser verkraften. In Deutschland ist die Lücke nicht so groß wie in England, aber immer noch beträchtlich. Rund 28 Millionen Euro erhielt beispielsweise der 1. FC Nürnberg in der Bundesliga aus dem Fernsehvertrag, im Unterhaus sind es nun keine 18 Millionen mehr.
Und das macht viel aus, erklärt Niels Rossow, kaufmännischer Vorstand bei den Nürnbergern. "Ich würde in diesem Zusammenhang von einem Erlösrückgang von einem Drittel rechnen."
Die Verhandlungsposition wird schlechter
Durch einen Abstieg ist aber nicht nur weniger Geld da. Die Position in Verhandlungen von Vertragsverlängerungen kann schlechter werden. Das gilt auch beim Aushandeln von Ablösesummen für Spieler, die einen Absteiger verlassen, sagt Nürnbergs Geschäftsführer Rossow: "Natürlich ist man in einer attraktiveren Position, gerade was Transfererlöse angeht – also Verkäufe – wenn man Erstligist ist und wenn man gestandene Erstligaspieler verkauft."
Hinzu kommen teure Spieler, die zu Erstligazeiten einen lukrativen Vertrag unterschrieben haben und deshalb lieber bleiben wollen. Sie stehen dann zu Erstligakonditionen in den Kadern von Zweitligisten. "Das Problem ist, dass die Kosten nicht im gleichen Maße mitsinken. Die Kosten gehen im Schnitt um nur 30 Prozent zurück", sagt Sportökonom Quitzau. "Dementsprechend tut sich eine Lücke auf, das heißt die Vereine sind bestrebt, das als einmaligen Betriebsunfall stehen zu lassen und schnell wieder in die 1. Bundesliga zurück zu kommen, damit diese Umsatzeinbußen wieder ausgeglichen werden können."
Frankfurt kam zurück – viele andere nicht
Manche Klubs schaffen die Rückkehr nicht schnell genug. Der MSV Duisburg, Hansa Rostock, 1860 München oder der 1. FC Kaiserslautern sind weit von der Bundesliga entfernt. Eintracht Frankfurt verkraftete seinen jüngsten Aufenthalt in der 2. Liga vor acht Jahren besser – und gilt auch für Nürnbergs Finanzvorstand Rossow als positives Beispiel.
"Ich glaube, dass das Beispiel Frankfurt toll aufzeigt, dass man durch intelligente Transferpolitik, durch entsprechende Nachwuchsarbeit, aber auch durch eine tolle Vermarktungsstrategie durchaus den Anschluss an die Bundesliga herstellen kann und noch darüber hinaus", sagt Rossow. "Eintracht Frankfurt ist nicht nur ein Bundesligist, sondern ein sehr erfolgreicher."
Für HSV-Präsident Jansen kommt es nicht nur aufs Geld an
HSV-Präsident Marcell Jansen
HSV-Präsident Marcell Jansen (www.imago-images.de)
Der Hamburger SV verpasste nach seinem ersten Abstieg aus der Bundesliga die direkte Rückkehr. Geld sei im Profifußball zwar immer ein Faktor, aber nicht der alleinige Schlüssel zum Erfolg in der 2. Liga, sagt HSV-Präsident Marcell Jansen im Deutschlandfunk-Sportgespräch. Paderborn und Union Berlin hätten mit ihrem Aufstieg in die Bundesliga gezeigt, was Emotionen und Eingeschworenheit bewirken könnten.
"Geld ist ein Mittel zum Zweck. Aber wenn die Überzeugung innerhalb der Mannschaft nicht stimmt, wenn die Chemie in der Mannschaft nicht stimmt, wenn der Geist nicht stimmt, wenn die Emotionen, die Empathie gemeinsam mit den Fans nicht stimmt, dann kann Geld auch etwas sein, was Dich auch nicht glücklich macht und demnach am Ende auch nicht erfolgreich", sagte Jansen im Deutschlandfunk-Sportgespräch. "Denn wenn du viel Geld hast, aber am Ende unglücklich bist, bist du ja auch nicht erfolgreich."
Erfolgreich und glücklich sein, das bedeutet für den HSV aber wohl nur der Aufstieg. Ein weiteres Jahr in der 2. Liga würde finanziell schwieriger werden.