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20 Jahre Europäische Zentralbank
Die Bewahrerin des Euro

Mit ihren 20 Jahren ist die Europäische Zentralbank noch recht jung - hat aber schon eine bewegte Geschichte hinter sich. Zwar ist es ihr gelungen, den Euro als stabile Währung einzuführen, aber immer wieder muss sie als Sündenbock herhalten. Besonders viel Kritik hagelte es während der Griechenlandkrise.

Von Brigitte Scholtes | 01.06.2018
    Das leuchtende Euro-Zeichen steht während der Nacht vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main.
    Die Europäische Zentralbank hat schon einige Krisen durchgestanden (afp / Daniel Roland)
    20 Jahre – damit ist die Europäische Zentralbank eigentlich noch sehr jung. Die amerikanische Fed wird in diesem Jahr 105, die Bank of England 324 Jahre alt. Und dennoch: Die so junge EZB hat schon eine bewegte Geschichte. Der Start war geprägt von Aufbauarbeit: 1999 wurde der Euro als Buchgeld, drei Jahre später dann als Bargeld eingeführt. Bei der Vorstellung der Euro-Banknoten im Sommer 2001 zeigte sich der erste Präsident der EZB, der Niederländer Wim Duisenberg, bewegt:
    "Im Allgemeinen sind Notenbanker Zahlenmenschen, sie sollten weder Emotionen zeigen noch Träume haben. Doch an diesem Tag spürt man den Atem der Geschichte."
    Die erste Phase war davon geprägt, den Euro als stabile Währung zu etablieren. Das ist weitgehend gelungen: Denn die Inflationsrate als Messlatte für Stabilität liegt seit Anfang 1999 bei durchschnittlich 1,7 Prozent. Die Notenbank hat frühzeitig Preisstabilität als unter, aber nahe zwei Prozent definiert und hält bis heute daran fest.
    Erste Krisen
    Duisenbergs Nachfolger, der Franzose Jean-Claude Trichet, musste dann gleich mehrere Krisen bewältigen. So pumpte die EZB mit anderen Notenbanken gemeinsam viel Liquidität in die Finanzmärkte, um diese nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank zu beruhigen. Dann aber kam die Griechenlandkrise im Frühjahr 2010, und die Notenbank entschied sich zur Beruhigung, Anleihen einzelner Staaten zu kaufen.
    Ein Schritt, für den Trichet viel Kritik einstecken musste, denn damit verstoße die EZB gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung. Doch er appellierte immer wieder an die Verantwortung der Regierungen im Euroraum, wenn es Probleme in einigen Ländern gebe, dann drücke sich das im Euro aus:
    "Wir teilen ein gemeinsames Schicksal."
    Sein Nachfolger, der Italiener Mario Draghi, aber sah sich noch größeren Herausforderungen gegenüber: Als im Sommer 2012 die Währungsunion zu zerbrechen drohte, da rettete er diese mit einem Satz:
    "The ECB is ready to do whatever it takes to preserve the Euro."
    Die EZB werde tun, was immer sie könne, um den Euro zu retten. Vor allem in Deutschland formierte sich Widerstand gegen den Kurs der EZB, auch Staatsanleihen zu kaufen. So sagte 2012 Otmar Issing, der erste Chefvolkswirt der Notenbank:
    "Das ist ein Prozess, der ganz schwer aufzuhalten ist. Denn wo setzt man dann die Grenze?"
    Weil die Wirtschaft im Euroraum immer noch nicht in Schwung kam, entschied sich die EZB dann im Frühjahr 2015, nicht die Anleihen einzelner Staaten zu kaufen, sondern die aller Euro-Staaten. Draghi kündigte das damals noch 60 Milliarden Euro schwere Anleihen- und Wertpapierkaufprogramm an, das zwischenzeitlich ausgeweitet und verlängert wurde. Immerhin: Die Wirtschaft im Euroraum ist seither wieder gewachsen.
    EZB als Sündenbock?
    Oberstes Mandat der Notenbank ist immer noch die Wahrung der Preisstabilität. Doch spätestens seit der Krise ist sie die Bewahrerin des Euro und der Finanzstabilität - und sie hat die Bankenaufsicht übernommen. Ein riesiger Machtzuwachs also, eine problematische Entwicklung, meint Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung:
    "Was wir im Augenblick sehen ist, dass die Regierungen in der gesamten Eurozone eine Sündenbock-Politik betreiben. Sagen, wenn es gut läuft, dann ist es die nationale Verantwortung, wenn etwas schief läuft, dann ist Europa oder der Euro oder die EZB daran schuld."
    Die Hoffnung, dass die Notenbank allmählich wieder ihre Geldpolitik normalisieren könnte, schwindet jedoch im aktuellen Umfeld, wenn wie in Italien, Populisten behaupten, ohne den Euro gehe es ihnen besser. Marcel Fratzscher:
    "Wir wissen, dass das nicht stimmt. Auch in Griechenland 2015 hat man ja gesagt, wir wollen den Euro behalten, das ist die einzige Stabilität, die wir haben, die EZB ist eine bessere Institution als viele staatliche Institutionen in Griechenland oder Italien. Ich bin felsenfest davon überzeugt, wir werden weiter an Mitgliedern gewinnen, sie wird weiter sich ausbreiten und wird wirklich zu einer zweiten, wirklich globalen Währung neben dem US-Dollar sich entwickeln. Davon bin ich fest überzeugt."